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16:45 Uhr, 12.02.2020
China: Warum der Wachstumsmotor schwächelt
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Strukturelle Gründe für das nachlassende Wachstumstempo
„China erfährt derzeit eine wirtschaftliche Verlangsam als Folge seiner Entwicklung hin zu einer fortschrittlichen Wirtschaft. Weitere Gründe sind die alternde Bevölkerung, der Wettbewerb mit entwickelten Volkswirtschaften im Technologiesektor, Chinas knappe Rohstoffreserven, die Akkumulation von einfachem Infrastruktur- und Immobilienbestand sowie ein Umfeld, das nationale Wirtschaftsgrößen privilegiert.
- Von der Landwirtschaft zum Dienstleistungssektor. Je stärker eine Volkswirtschaft ihren Schwerpunkt von der landwirtschaftlichen Produktion zum verarbeitenden Gewerbe und von dort in Richtung Dienstleistungssektor verlegt, desto komplexer wird die Wertschöpfungskette, also das damit verbundene physische, finanzielle und intellektuelle Kapital. Es steigt die Zahl der am Wertschöpfungsprozess beteiligten Menschen. Der Wertschöpfungsprozess wird damit immer ineffizienter, was zu einer Verlangsamung der Wirtschaft führt. Gegenwärtig folgt China einer Entwicklungskurve, die an Japan und Südkorea erinnert: Chinas Anteil am Welthandel stieg zunächst stark an, bevor die Kurve abflachte. Diese Entwicklung dauert schon länger an. Sie wird angetrieben durch aggressive Währungsinterventionen, die Chinas Wirtschaft lange Zeit überhitzt haben.
- Chinas Bevölkerung altert. Hauptgrund ist die frühere Ein-Kind-Politik. Der Alterungsprozess wird zudem erheblich verschärft durch die Abwanderung der Landbevölkerung in die städtischen Zentren. Traditionell lebt ein Großteil der Chinesen in Großfamilien oder Clans. Diese Strukturen stehen jedoch unter Druck, da viele Familien in die Städte abwandern, wo jedoch die Kosten für die Erziehung und Betreuung eines Kindes viel höher sind. Das zweite große Problem ist, dass Immobilien so unerschwinglich geworden sind, dass sie die Haushaltsgründung und die Erfüllung des Kinderwunsches verzögern. Tatsächlich sparen viele Chinesen über einen langen Zeitraum, um sich eine Wohnung kaufen zu können, so dass nur noch wenig finanzielle Mittel für die Familiengründung zur Verfügung stehen. Zusätzlich zu diesen Belastungen kann eine schlechte Luftqualität zu Krankheiten und Atembeschwerden beitragen. Bei einem wirtschaftlichen Abschwung können sich ältere oder kranke Arbeitnehmer zudem ihrer Einkommen weniger sicher sein. Weitere Gründe offenbart ein Blick in andere Länder mit niedrigen Geburtenraten wie Japan, Finnland und Deutschland. In diesen Ländern sind geringe Geburtenraten die Folge einer persönlichen Entscheidung (Deutschland), des mangelnden Zugangs zu erschwinglicher Kinderbetreuung (Deutschland) oder des Versäumnisses der Gesellschaft, sich schnell genug an die Elternschaft anzupassen, indem sie es einfacher macht, Arbeit und Kinderkriegen zu vereinen (Japan). Einige dieser Faktoren mögen auch für China relevant sein, allerdings scheinen sie eine untergeordnete Rolle zu spielen.
- Hürden für den technologischen Fortschritt. Ein wesentliches Problem für China auf dem Weg entlang der Wertschöpfungskette nach oben ist, dass mehr Kapital benötigt wird, sowohl im Hinblick auf die Mitarbeiter als auch finanziell, um die gleichen technologischen Fortschritte zu erzielen wie die hochentwickelten Volkswirtschaften. Darüber hinaus gibt es nur sehr wenige Personen vom Zuschnitt eines Jack Ma, dem Gründer und langjährigen Chef der Alibaba Group. Das heißt: Es gibt nur selten solche in hohem Maße unternehmerisch denkende Menschen, die in der Lage sind, Durchbrüche zu erzielen. Die Zahl der chinesischen Patentanmeldungen ist beeindruckend, aber welcher Teil davon ist inkrementell, welcher strukturell? Ein Beleg dafür ist die Tatsache, dass Skunk Works (offizielles Pseudonym für die Abteilung Advanced Development Programms des US-Rüstungs- und Technologiekonzerns Lockheed Martin) amerikanisch und nicht chinesisch ist. China hat das Wissen aufgebaut, war aber nicht in der Lage, in gleichem Maße in Führung zu gehen wie in vergangenen Jahrzehnten. Auf dem Weg in ein neues Jahrzehnt bringt Chinas Regierungssystem einer „geführten Gesellschaft“ sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich. Starke staatliche Kontrolle kann den Fortschritt wesentlich behindern, kann neuen Technologien aber auch den Weg ebnen, insbesondere dann, wenn diese Technologien von geförderten nationalen Marktführern kommen. Und schließlich liegt ein Vorteil des späten Einstiegs in den technologischen Wettlauf darin, dass technologische Entwicklungsstufen übersprungen werden können.
- Fehlende Rohstoffe. Ein entscheidendes Thema für Chinas Wachstumsmanagement ist der Mangel an wichtigen Rohstoffen wie beispielsweise Öl (wobei China immerhin Seltene Erden vorweisen kann). Steuereinnahmen aus diesem Bereich und eine rohstoffverarbeitende Industrie helfen einer Volkswirtschaft, zu wachsen, Abschwünge zu bewältigen und in die Zukunft zu investieren. Diese Industriezweige bieten ein Maß an wirtschaftlicher Sicherheit, an der es in China heute mangelt, und sie ermöglichen den Zugang zu Einnahmequellen, die besonders in den frühen Entwicklungsphasen von Bedeutung sind, wenn das Inlands-Kapital nicht ausreichend in die Wirtschaft fließt.
- Während Chinas A-Städte weiter wuchsen, wandte sich das Land schließlich auch dem Ausbau von B- und C-Städten zu und entwickelte dort die Infrastruktur weiter. Dabei schoss China stellenweise über das Ziel hinaus. Hier ließen sich zunächst schnelle Verbesserungen umsetzen, allerdings wird der Weg nun schwieriger. China hat beschlossen, seine Ressourcen künftig in den wirtschaftlich weniger entwickelten Westen zu investieren, was wahrscheinlich mit geringeren Erträgen einhergehen wird.
- Liquiditätsengpässe. China begünstigt nationale Marktführer und Branchen durch gelenkte Maßnahmen. Dies führt zwangsläufig zu einer Fehlallokation von Kapital und zu überschüssigen Kapazitäten, die dann wiederum die Möglichkeiten von Banken beeinträchtigen, weitere Kredite zu vergeben. Davon sind häufig insbesondere kleinere regionale Banken betroffen.
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