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13:57 Uhr, 14.08.2019

China: Miserable Konjunkturdaten

Industrieproduktion und Einzelhandelsumsätze in China brachen im Juli ein. Die konjunkturelle Verlangsamung und die Handelsspannungen fordern ihren Tribut.

Peking (Godmode-Trader.de) - China hat im Juli das schwächste Wachstum der Industrieproduktion seit dem Jahr 2002 erlebt. Die Erzeugung stieg gegenüber dem Vorjahr um 4,8 Prozent, die Einzelhandelsumsätze legten um 7,6 Prozent zu und die Investitionen der Unternehmen in Sachanlagen verlangsamten sich in den ersten sieben Monaten auf einen Zuwachs von 5,7 Prozent, wie das National Bureau of Statistics in Peking mitteilte. Zudem stieg die Arbeitslosenquote im Juli auf 5,3 Prozent von 5,1 Prozent im Vormonat.

Die Produktionsdaten gepaart mit der schwachen Kreditnachfrage im Monat signalisieren, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt schwer zu kämpfen hat. Die anteilige Verzögerung der nächsten Zolltranche von US-Präsident Donald Trump sorgte zwar für Erleichterung an den Finanzmärkten, hat für Exportunternehmen, die bereits von der monatelangen lähmenden Pattsituation betroffen sind, aber keine unmittelbar positiven Auswirkungen. „Die Wirtschaft hat mit Gegenwind zu kämpfen und steht vor einer Verlangsamung", sagte Gene Ma, Chefvolkswirt am Institute of International Finance in Washington zu Bloomberg. „Es bedarf einer gezielteren Lockerung der Geldpolitik und der Kreditvergabe. Wir erwarten eine Art Zinssenkung im Herbst“, so Ma.

Die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe verlangsamte sich im Juli auf den schwächsten Anstieg seit 2013, während das Wachstum der Infrastrukturinvestitionen, einer der Eckpfeiler der Konjunkturstrategie der Regierung in Peking, auf 3,8 Prozent zurückging. Die Einzelhandelsumsätze werden weiterhin durch den anhaltenden Rückgang der Autoverkäufe belastet. Im Juli hat die Regierung zudem eine Verschärfung der Abgasnormen in weiten Teilen des Landes eingeführt, was dazu führte, dass die Verbraucher ihre geplanten Käufe hinausschoben. Selbst ohne Autoverkäufe war das Wachstum der Einzelhandelsumsätze laut dem National Bureau of Statistics schwächer als im Jahresdurchschnitt. Das Tempo verlangsamte sich von durchschnittlich 9,2 Prozent im Jahr 2019 auf 8,8 Prozent im Juli.

Bisher haben die politischen Entscheidungsträger ein großes Konjunkturpaket umgangen. Es erfolgte eine Mischung aus Steuersenkungen zur Ankurbelung der Ausgaben und gezielten monetären Anreizen für Banken zur Kreditvergabe an Unternehmen verlassen. Das hat nicht gereicht, um die Verlangsamung aufzuhalten, und die Ökonomen beginnen, aggressivere Maßnahmen zu fordern, auch angesichts der steigenden Verschuldung und der anhaltenden Risiken für die Finanzstabilität. „Die drei wichtigsten zyklischen Treiber, nämlich Exporte, Infrastrukturausgaben und Immobilieninvestitionen, verlangsamen sich alle", sagte Larry Hu, Leiter der chinesischen Wirtschaft bei Macquarie Securities in Hongkong zu Bloomberg. Kurzfristig seien weitere liquiditätsentlastende Maßnahmen wie der Abbau der Reservequote wahrscheinlich, aber auch dies reiche nicht aus, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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