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14:45 Uhr, 29.08.2019

China bereitet sich auf das Schlimmste im Handelskrieg vor

Der Handelskrieg bleibt ein zähes Thema. Vor allem die Unberechenbarkeit von Donald Trump macht den Chinesen zu schaffen. Wer sagt ihnen, dass er nicht auch nach Unterzeichnung eines Abkommens einen Rückziehen macht?

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Peking (Godmode-Trader.de) - Vielleicht war niemand mehr überrascht zu hören, dass China die Trump-Regierung dazu aufgerufen habe, die Handelsgespräche wieder aufzunehmen, als die Regierung in Peking selbst. Nach einem Wochenende mit verwirrenden Signalen sei Trumps Glaubwürdigkeit zu einem Haupthindernis für die politische Führung in Peking geworden, um ein dauerhaftes Abkommen mit den USA zu erreichen, erzählten mehrere mit den Verhandlungen vertraute Insider aus China der Nachrichtenagentur Bloomberg. Nur wenige Verhandlungsführer in Peking würden ein Abkommen vor den Präsidentschaftswahlen in den USA 2020 noch für realistisch halten, sagten die Insider. Für die Berater von Präsident Xi Jinping wäre es gefährlich, zu einem Abkommen zu drängen, das Trump anschließend mir nichts dir nichts wieder brechen könnte.

Trump hatte am Montag noch auf dem G7-Gipfel in Frankreich behauptet, dass über das Wochenende mehrere Telefonate auf Spitzenebene zwischen Peking und Washington stattgefunden hätten. Die Chinesen hätten vorgeschlagen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. China sei verzweifelt genug, um einen Deal zu machen, so Trump. „Sie verstehen, dass dies das einzig Richtige ist.“

Das alles sorgte für Schlagzeilen, in Peking aber schien niemand zu wissen, wovon Trump sprach. Das chinesische Außenministerium betonte am Dienstag erneut, es sei sich der von Trump behaupteten Anrufe nicht bewusst. Dass der US-Präsident darüber hinaus den Chinesen den Schwarzen Peter zuschob, dass die Verhandlungen bisher zu keinem Erfolg geführt haben, hat seiner Glaubwürdigkeit in Peking zusätzlich geschadet. „Trumps Flip-Flop-Strategie hat das Misstrauen weiter verstärkt", sagte Tao Dong, Vizepräsident für Greater China bei Credit Suisse Private Banking in Hongkong zu Bloomberg. „Das macht eine schnelle Lösung fast unmöglich."

Der Handelskonflikt hat der chinesischen Wirtschaft bereits schweren Schaden zugefügt und zu dem langsamsten Wachstum seit fast drei Jahrzehnten geführt. Dennoch hat die politische Führung nach wie vor genug Möglichkeiten, die Geld- und Fiskalpolitik weiter zu lockern, um die Wirtschaft zu stützen. Die Zentralbank PBoC hat vergangene Woche eine umfassende Reform vorgestellt, die dazu beitragen soll, die Kreditkosten zu senken. Zudem erwägt die Regierung in Peking, den Provinzen zu erlauben, mehr Anleihen für Infrastrukturinvestitionen auszugeben. Dass die die ohnehin gewaltige Verschuldung weiter erhöht - geschenkt!

Politisch hat Xi nicht mehr viel Spielraum, die Hardliner in seiner Kommunistischen Partei gewinnen an Macht und Einfluss, je mehr Trump poltert, beleidigt und zurückrudert. China könnte einem Handelsdeal zwar zustimmen, mehr US-Landwirtschaftsgüter zu kaufen. Doch dass Xi eine Vereinbarung unterzeichnet, die die aktuellen Zölle bestehen lassen würde, ist undenkbar. Er könnte auch nicht zustimmen, Teile der Wirtschaft zu privatisieren, was die Amerikaner aber fordern.

Vorerst wollen sich die beiden Seiten im September treffen, um die Handelsgespräche auf technischer Ebene wieder aufzunehmen. Aus Chinas Sicht hängt der Fortschritt in erster Linie von Trumps Taktiken ab: Handelt er überlegt und vernünftig, oder abrupt und emotional, wie vergangenen Freitag auf Twitter zu beobachten, als er die Chinesen als „Feinde“ bezeichnete. Die beste Einsicht für ihn wäre, dass weitere Volten in Richtung Peking vor allem auch der eigenen Wirtschaft schaden. Doch zu dieser Einsicht scheint Donald Trump noch nicht hinreichend gelangt zu sein.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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