Böses Erwachen oder sanfte Landung?
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"Da steh ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor." Das mag sich so mancher Marktteilnehmer nach der vergangenen Woche denken. Denn nach einer Vielzahl an eminent wichtigen Terminen ist immer noch nicht klar, wie es übergeordnet weitergeht – mit den Märkten und mit der Konjunktur.
Vor allem mit Blick auf das künftige Konjunktur- und Zinsumfeld bleiben die entscheidenden Fragen weiter unbeantwortet: Wie stark werden die Notenbanken die Zinsen erhöhen (müssen), um die Inflation wirklich unter Kontrolle zu bekommen? Droht eine Rezession, möglicherweise sogar eine schwere? Oder gelingt das Kunststück einer „sanften Landung“, bei der die Zinsen gerade weit genug steigen, um die Inflation deutlich zu senken, aber gleichzeitig die Wirtschaft weiterwächst? Die Antworten auf diese Fragen kennt aktuell niemand.
Während die Märkte auch nach den jüngsten Zinsentscheiden mit einem baldigen Ende der Zinserhöhungen rechnen, sehen das die Notenbanken (noch) anders. Sowohl die EZB als auch die Fed sprechen davon, dass „weitere Zinserhöhungen“ angemessen seien. Beide sprechen im Plural von Erhöhungen, was den Schluss nahelegt, dass es nach den jüngsten Anhebungen jeweils noch mindestens zwei Zinsschritte geben dürfte. Wie weit es endgültig nach oben gehen soll, lassen die Notenbanken dabei aber weiter unbeantwortet. Die EZB hat für März explizit eine weitere Zinserhöhung um 0,5 Prozentpunkte in Aussicht gestellt, und will dann die Situation neu bewerten. In Bezug auf die Fed preisen die Märkte aktuell noch zwei Zinsschritte um jeweils 0,25 Prozentpunkte ein und rechnen dann ab November wieder mit Zinssenkungen. Wie realistisch ein solches Szenario ist, hängt vor allem davon ab, wie sich die Inflation in den kommenden Monaten entwickelt, worauf auch Fed-Chef Jerome Powell auf der Pressekonferenz zum Zinsentscheid deutlich hingewiesen hat. Dass sich die Inflation deutlich abschwächt, ist klar. Die disinflationären Tendenzen wurden auch von Powell wohlwollend zur Kenntnis genommen. Ob sich die Inflation mittelfristig wieder in der Nähe der Notenbankziele von 2 % stabilisiert, ist aber weiter völlig offen. Jetzt, wo der Geist der hohen Inflation einmal aus der Flasche ist, könnte es schwierig werden, ihn wieder einzufangen.
Aber es gibt durchaus auch Aspekte, die optimistisch stimmen: Trotz der stark gestiegenen Zinsen und der hohen Inflation bleibt die Wirtschaft bisher in einer soliden Verfassung. Die Wirtschaft in der Eurozone ist im vierten Quartal unerwartet leicht gewachsen und der heute veröffentlichte Sentix-Konjunkturindex hat sich im Februar zum vierten Mal in Folge aufgehellt. Andere Frühindikatoren zeichnen ein ähnliches Bild. In den USA hat sich der Arbeitsmarkt auch im Januar bullenstark entwickelt, wie die Zahlen vom vergangenen Freitag zeigen. Die robuste Konjunktur diesseits wie auch jenseits des Atlantiks erhöht die Chancen, dass eine „sanfte Landung“ tatsächlich gelingt.
Bleibt ein Blick auf die Unternehmen: In den USA hat die Berichtssaison ihren Höhepunkt bereits überschritten. Die in der vergangenen Woche veröffentlichten Quartalszahlen der großen US-Technologiekonzerne Apple, Amazon und Alphabet fielen schwach bis durchwachsen aus. Geradezu euphorisch waren allerdings die Kursreaktionen auf die Quartalszahlen des Facebook-Mutterkonzerns Meta Platforms. Entscheidend waren hier nicht die Zahlen selbst, sondern die Ankündigung eines gigantischen Aktienrückkaufs im Volumen von 40 Milliarden Dollar und die Aussicht auf mehr Kostendisziplin im laufenden Jahr. Das reichte aus, um die Aktien innerhalb eines Tages um 20 % in die Höhe zu befördern.
In der neuen Woche geht die Berichtssaison weiter. In den USA werden unter anderem Activision Blizzard und Pinterest (beide am Montag), Uber und Walt Disney (beide am Mittwoch) sowie PepsiCo und PayPal (beide am Donnerstag) Zahlen vorlegen.
In Deutschland berichten neben zahlreichen Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe unter anderem auch die DAX-Konzerne Siemens, Siemens Energy, Linde, Qiagen und Deutschen Börse über das abgelaufende Quartal.
Bei den Konjunkturdaten herrscht in der neuen Woche auch eher Flaute. Mit am interessantesten dürften die vorläufigen Inflationsdaten aus Deutschland für Januar sein, die eigentlich schon in der vergangenen Woche veröffentlicht werden sollten, die dann aber wegen Datenverarbeitungsproblemen kurzfristig verschoben wurden auf den Donnerstag dieser Woche. Die Inflationsrate dürfte von 8,6 % im Dezember auf 8,9 % im Januar gestiegen sein. Die Zahlen machen deutlich: Trotz der jüngsten Abschwächung bleibt die hohe Inflation und die Reaktion der Notenbanken darauf das vorerst bestimmende Makrothema.
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