Fundamentale Nachricht
12:30 Uhr, 26.04.2016

Blaupause für die EU bei TTIP? Mexiko blickt auf 22 Jahre Freihandel mit den USA zurück

Mexiko hat den Europäern in Sachen TTIP eines voraus: Erfahrung mit einem Freihandelsabkommen mit den USA. Das Abkommen NAFTA gilt sei 1994. Doch die Bilanz ist verheerend. Heute lebt fast die Hälfte aller MexikanerInnen in Armut.

Hannover/ Mexiko Stadt (Godmode-Trader.de) - Die Europäische Union verhandelt seit fast drei Jahren mit den USA über eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP). Mit rund 800 Millionen Verbrauchern würde so der weltgrößte Wirtschaftsraum entstehen. Auf einer Podiumsdiskussion auf der Hannover Messe hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) die USA heftig kritisiert. „Bislang gibt's Dynamik nur in Reden. Ich würde gerne erst mal sehen, dass es Fortschritte in der Praxis gibt; die Amerikaner sind einer Öffnung ihrer Märkte gegenüber so abwehrend, dass sich die Frage stellt: wozu machen wir den ganzen Bohei?“ Seit Monaten gebe es keine neue Position, monierte Gabriel. Zudem existiere nun mit dem kanadischen Ceta-Abkommen eine neue Situation. „Wir haben jetzt Ceta, das ist natürlich eine Messlatte", sagte er. Die US-Partner wollten in den Verhandlungen nicht unter diese Standards gehen.

Ein Freihandelsabkommen mit den USA — darauf blicken die Mexikaner mit einer Erfahrung von über 20 Jahren. Das 1994 mit den USA und Kanada vereinbarte Nordamerikanischen Freihandelsabkommen (Nafta) sollte Beschäftigung, Wohlstand und sozialen Frieden bringen. Doch die Bilanz ist ernüchternd: Heute lebt fast die Hälfte aller MexikanerInnen in Armut, die Gewalt hat zugenommen. Mexikos Wirtschaft wuchs mit durchschnittlich 1,3 Prozent pro Jahr wesentlich langsamer als die Brasiliens oder Chiles. Auch seien zu wenige Arbeitsplätze entstanden, so Kritiker. Befürworter verweisen dagegen auf Erfolgszahlen: Der Handel zwischen den drei Staaten habe sich auf ein jährliches Volumen von einer Billion US-Dollar verdreifacht, informiert das Wirtschaftsministerium laut TAZ.

Neuerdings ist die mexikanische Konjunktur auf einen soliden Wachstumspfad eingeschwenkt, mit einem zu erwartenden BIP-Plus im laufenden Jahr um 2,5 Prozent. Sowohl der Konsum- und auch der Produktionssektor zeigen aufstrebende Tendenz. Das Land hat mit dem gesunkenen Ölpreis zu kämpfen, schließlich machen die Öleinnahmen einen erheblichen Teil der gesamten Einkünfte für den Staat aus. Jüngst hat die Ratingagentur Moody’s angesichts der Schwierigkeiten bei der halbstaatlichen Mineralölgesellschaft Pemex die Aussichten für das Land auf negativ herabgestuft. Die Entscheidung der Nationalbank Banxico, einen großen Teil des Zentralbankgewinns an den Finanzminister zu überweisen, wurde von den Kreditwächtern dagegen positiv aufgenommen.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

Mehr Experten