Kommentar
17:14 Uhr, 28.09.2020

Big Tech: Boom oder Blase?

Technologie-Riesen wie Apple, Amazon, Alphabet, Facebook und Microsoft sind in der Corona-Krise zur treibenden Kraft an der Börse geworden. Vielen Anlegern ist das nicht mehr geheuer. Zu Recht?

Bis zum Jahresende ist es zwar noch eine Weile hin. Aber schon jetzt steht fest, dass 2020 aus mehrerlei Hinsicht in die Börsengeschichte eingehen dürfte. Noch nie zuvor folgte auf einen Crash ein so schnelles Comeback. Und selten zuvor trug nur eine Hand voll Unternehmen so sehr zu diesem Comeback bei. Die Rede ist natürlich von Big Tech. So werden an der Wall Street die fünf großen US-Technologie-Riesen bezeichnet: Apple, Amazon, Alphabet (Google), Facebook und Microsoft. Gemeinsam kommen sie auf eine Marktkapitalisierung von 6,5 Billionen (!) US-Dollar, womit sie rund 22,5 Prozent der Marktkapitalisierung des kompletten S&P 500 auf sich vereinen. Ohne die Kursgewinne dieser IT-Riesen wäre die Bilanz des US-Leitindex deutlich schlechter ausgefallen.

Angst vor einer Blase

Vielen Anlegern ist die Vormachtstellung der Big-Tech-Konzerne nicht mehr geheuer. Sie fühlen sich an die New-Economy-Blase um die Jahrtausendwende erinnert – und die jüngste Korrektur von Technologieaktien scheint ihnen Recht zu geben. Zwischen 15 und 25 Prozent haben die Big-Tech-Aktien seit ihren Jahreshöchstständen mittlerweile wieder abgegeben (Stand: 21. September 2020). Doch ist die Situation von damals wirklich mit der von heute vergleichbar?

Qualität gibt es nicht umsonst

Tatsächlich sind die Bewertungen von Technologieaktien gestiegen. Bei keinem der Big-Tech-Aktien liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis derzeit unter 33 (auf Basis der für die kommenden zwölf Monate erwarteten Gewinne). Bei Amazon beläuft sich diese Kennziffer sogar auf 94. Auf der anderen Seite haben die Technologieriesen geliefert. Sie gehören mittlerweile zu den Gewinngaranten unter den Börsengesellschaften. Ihre Geschäftsmodelle haben sich auch in der Corona-Krise als robust, zuverlässig und wachstumsstark erwiesen. Das wird eindrucksvoll anhand der Geschäftsentwicklung des zurückliegenden Quartals (Q2 2020) belegt.

So hat Apple mit einem Gewinnplus von zwölf Prozent auf 11,25 Milliarden US-Dollar die Erwartungen der Analysten klar übertroffen. Bei Amazon hat sich der Quartalsprofit sogar verdoppelt – von 2,63 auf 5,24 Milliarden US-Dollar. Zusammengenommen hat das Quintett einen Nettogewinn von fast 40 Milliarden US-Dollar eingefahren (plus 13 Prozent). Damit sind allein diese fünf Konzerne für rund 17 Prozent der Unternehmensgewinne im S&P 500 und für rund 13 Prozent des gesamten US-Aktienmarktes verantwortlich.

Auf Krisengewinner setzen

Die Corona-Krise hat die Position der IT-Giganten noch gestärkt. Immer mehr Menschen kaufen online ein, surfen im Internet und verbringen Zeit in sozialen Medien. Davon haben die Technologiekonzerne profitiert. So gehören zum Beispiel die Websites von Facebook (facebook.com), Alphabet (google.com und youtube.com) laut der Analysefirma SimilarWeb zu den weltweit fünf meistbesuchten Seiten. Amazon.com rangiert im Beliebtheitsranking immerhin noch auf Platz 13. Aktuell gibt es daher keinen Grund, anzunehmen, dass die Vormachtstellung der Big Tech auf absehbare Zeit gefährdet sein könnte.

Restrisiken beachten

Gleichwohl gilt: Je höher die Bewertung, umso größer das Schwankungsrisiko. Zudem könnte eine mögliche Regulierung der Konzerne die Kurse belasten. So platzte die Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende ungefähr zur gleichen Zeit, als die US-Regierung in einem Kartellverfahren die Zerschlagung von Microsoft anstrebte. Das zeigt: Wer in Big-Tech-Aktien investiert, muss gewisse Risiken in Kauf nehmen. Wer die Gefahr von Kursrückschlägen abfedern bzw. schwächere Marktphasen rentabel überbrücken möchte, kann auf strukturierte Anlageprodukte wie Discount-Zertifikate setzen. Bei solchen Investments sind zwar die Ertragschancen begrenzt, dafür sorgt ein vergünstigter Einstieg im Vergleich zu einem direkten Kauf der entsprechenden Aktie für einen gewissen Risikopuffer.

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Über den Experten

Dirk Heß
Dirk Heß
Co-Head EMEA Public Listed Products Sales & Distribution bei Citigroup Global Markets Europe

Dirk Heß, Finanzexperte der Citigroup, schreibt zu aktuellen Markt- und Derivate-Themen. Als Co-Head EMEA Warrant Sales & Distribution bei der Citi besitzt er langjährige Expertise in allen Fragen rund um Börse und Investments. In seinem regelmäßigen Kommentar gibt Dirk Heß fundiertes Fachwissen weiter. Die Citigroup ist seit dem Jahr 1989 als Emittent von strukturierten Produkten permanent am deutschen Markt vertreten und feiert 2014 ihr 25-jähriges Jubiläum.

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