Kommentar
08:32 Uhr, 23.08.2016

Bei dieser bärischen Stimmung kann man nur bullisch sein

Großbritannien trotzte wirtschaftlich dem Bexit-Votum, doch nun droht neues Ungemach.

Erwähnte Instrumente

Kein Basiswert zeigt so deutlich, was Investoren vom Brexit-Votum halten, wie das britische Pfund. Es befand sich nach dem Referendum im freien Fall, konnte sich im August jedoch wieder stabilisieren. Zu verdanken war das guten Wirtschaftsdaten. Es deutet alles darauf hin, dass die Wirtschaft nicht in ein tiefes Loch fällt.

Lesen Sie dazu auch: Britisches Pfund - Boden erreicht

Der private Konsum konnte im Juli einen neuen Rekord erreichen. Auch die Arbeitslosigkeit scheint vorerst nicht zu steigen. Die Zahl der Arbeitslosenempfänger ging weiter zurück. Es schien alles in Ordnung zu sein, bis Ende vergangener Woche Gerüchte die Runde machten, dass Großbritannien die zweijährige Verhandlungsperiode über den Austritt aus der EU bis April 2017 beginnen könnte.

Damit die zweijährige Verhandlungsperiode beginnen kann, muss Großbritannien offiziell die Austrittsabsicht nach Artikel 50 erklären. Bisher war vollkommen unklar, wann dies geschehen würde. Direkt nach dem Referendum hieß es zunächst, dass man bis Jahresende soweit sein wolle, doch mit der Zeit schien das nicht mehr realistisch.

Viele Beobachter gingen zuletzt vielmehr davon aus, dass die Regierung in London nicht vor Ende 2017 mit den Austrittsverhandlungen beginnen würde. Der Grund: in Frankreich wird im April ein neuer Präsident gewählt und im September finden die Bundestagswahlen in Deutschland statt. Es steht außer Zweifel, dass diese Wahlen auch Einfluss auf die Verhandlungen haben und sie keinesfalls einfacher machen werden.

Ein Verhandlungsbeginn Ende 2017 wurde von vielen als „Flucht nach hinten“ gesehen. Beginnen die Verhandlungen vielleicht Ende 2017 oder gar erst 2018, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Großbritannien letztendlich gar nicht aus der EU ausscheidet. Viele sind immer noch der Meinung, dürften sich darin jedoch täuschen.

Kommt es in Großbritannien nicht zu vorgezogenen Neuwahlen (regulär sind die nächsten Wahlen 2020 zu erwarten) mit einem Sieger, der den Rücktritt vom Brexit verspricht, wird Großbritannien austreten. Persönlich habe ich daran momentan wenig Zweifel.

Das britische Pfund reagierte auf die Gerüchte prompt und beendete seinen vorsichtigen Aufwärtstrend. Die Reaktion ist zunächst verständlich. Der Markt konnte mit einer gewissen Leichtsinnigkeit den Brexit ignorieren. Jetzt lassen sich die Augen davor nicht mehr verschließen. Unter Anlegern hat das zu einer klaren Positionierung geführt. Die Shortpositionierung von Spekulaten (Non-Commcerials) sind nach dem Commitment of Traders (CoT) Report so extrem wie seit langem nicht, vermutlich sogar so extrem wie noch nie.

Grafik 1 zeigt diesen Umstand mit den CoT Daten seit Anfang 2008. Spekulanten sind letztlich diejenigen, die den Markt bewegen. So wie sich die Positionierung verändert, so bewegt sich auch das Währungspaar Pfund-Dollar. Die extreme Positionierung kann man inzwischen jedoch auch als Kontraindikator sehen. Wenn jeder auf fallende Kurse setzt, wer soll dann überhaupt noch für fallende Kurse sorgen?

Einen ähnlichen Umstand gab es im März 2015 im Währungspaar Euro/Dollar. Allen war klar, dass mit dem Beginn des europäischen Anleihekaufprogramms der Euro nur noch eine Richtung kennen würde. Es wurden immer exotischere Kursziele herumgereicht. Einige lagen im Bereich von 0,8. Ganz offensichtlich wurde dieses Ziel bisher nicht erreicht und wird so schnell auch nicht erreicht werden.

Die Positionierung gegen das Pfund erinnert an die Situation des Euros. Die Shortpositionen wurden über einen Zeitraum von 9 Monaten aufgebaut. Der Trend beim Pfund hält bereits seit 10 Monaten an. Es ist also nicht so, dass Anleger erst seit gestern auf ein fallendes Pfund wetten. Für mich drängt sich der Verdacht auf, dass das Pfund unter dieser Extrempositionierung nicht mehr weit fallen wird. Unter Umständen können noch einmal etwas tiefere Kurse gesehen werden als direkt nach dem Referendum, doch übergeordnet sehe ich die Kursziele, die herumgereicht werden (bis zu 1,1 bis Jahresende) als unrealistisch an.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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