Kommentar
20:40 Uhr, 01.04.2020

Befreiungsschlag für die Eurozone?

Seit Jahren versucht die ganze Welt Deutschland davon zu überzeugen, dass es mehr ausgeben soll. Nun ist es soweit und es ist ein Befreiungsschlag für die Eurozone.

Die EZB hat sich im März weit aus dem Fenster gelehnt, indem sie neue Anleihekäufe ankündigte. Sie lehnte sich deswegen weit aus dem Fenster, weil sie bei den Käufen gewisse Regeln befolgen muss. Sie muss sich bei den Käufen am Kapitalschlüssel orientieren. Deutschland hält 21,4 % am Kapital der EZB.

Kauft die EZB 100 Mrd. an Anleihen, müssen davon 21,4 Mrd. aus deutschen Anleihen stammen. Es wären grundsätzlich genügend Anleihen vorhanden. Die EZB will aber auch nicht den Markt leerräumen. Der Markt soll liquide bleiben und nicht von der EZB bestimmt werden. Das geht nur, wenn ausreichend Anleihen auf dem freien Markt gehandelt werden.

Daher will die EZB nicht mehr als 30 % aller ausstehenden Anleihen von einem Land kaufen. Die EZB hielt aber im Februar bereits deutsche Anleihen im Volumen von 531 Mrd. Sie hätte noch maximal 40 Mrd. mehr kaufen dürfen. Gemessen an den Ankündigungen, die bis Jahresende die Käufe unter den diversen Programmen hochschnellen lassen werden (Grafik 1), war das zu wenig.


Deutschlands Verschuldung war einfach zu niedrig, um unter den bestehenden Richtlinien QE auszuweiten. Nun legt Deutschland allerdings ein Konjunkturprogramm auf. Keiner weiß wie groß es am Ende wird. Man kann aber davon ausgehen, dass Deutschland in diesem Jahr mindestens 350 Mrd. an zusätzlichen Schulden aufnehmen wird.

Das liegt nicht nur an den versprochenen Mehrausgaben. Durch den Stillstand der Wirtschaft brechen auch die Einnahmen weg. Das muss über Schulden ausgeglichen werden. Der gerade beschlossene Nachtragshaushalt spricht von weniger als 200 Mrd. an neuen Schulden, allerdings erscheint das optimistisch.

Effektiv sollen 122,5 Mrd. mehr ausgegeben werden. Der Staat rechnet dabei lediglich mit Mindereinnahmen von 30 Mrd. Da ein Wirtschaftseinbruch wie 2008/09 oder schlimmer erwartet wird, erscheint das optimistisch. Darüber hinaus darf man nicht vergessen, dass auch die Länder und Gemeinden Ausfälle über höhere Schulden ausgleichen müssen.

So kommt es, dass Deutschland über neue Schulden vermutlich 350 Mrd. zusätzlich auf den Markt wirft. Das Limit von 30 %, das sich die EZB gesteckt hat, wird so nicht vor 2022 erreicht (Grafik 2). Die EZB kann vorerst über QE alle anderen Regierungen, die bereits hoch verschuldet sind, stützen. Ohne die neuen Schulden in Deutschland wäre das schwierig geworden. Es ist wie ein Befreiungsschlag für die Geldpolitik der EZB.

Zugegeben, im Zweifelsfall hätte die EZB vermutlich einfach gehandelt und im Anschluss Richtlinien angepasst. Die Kuh ist damit allerdings noch nicht endgültig vom Eis. Es wird immer deutlicher, dass in Ländern wie Italien größere Konjunkturprogramme notwendig sind und tatsächlich will Italien nachlegen. Das erste Programm hatte den bescheidenen Umfang von 25 Mrd. Ohne ein QE wie in den USA (Fed kauft so viel wie notwendig) gibt es in einigen Wochen Unruhe um die Länder, die bereits während der Eurokrise im Zentrum standen.

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53 Kommentare

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  • lussien
    lussien

    Pardon, ich habe die Bilanz der EZB, nicht der EU gemeint.

    15:32 Uhr, 02.04.2020
  • lussien
    lussien

    Das ist kein Befreiungsschlag für die Eurozone, sondern ein Totschlag für Deutschland.
    Wenn man das nicht versteht, ist man kein Wirtschaftsjournalist, sondern ein linksgrüner Hofpropagandist.

    14:44 Uhr, 02.04.2020
    1 Antwort anzeigen
  • fgirlx
    fgirlx

    Haetten wir mal den ECU beibehalten,mit der hoheit der einzelnen zentralbanken, und einer starken EZB ( finanziert durch die mitgliedslaender ) die in falle von waehrungsverwerfungen eingreifen hatte koennen , dann waere vieles besser.( die blasen im letzten jahrzehnt waeren erst garnicht etstanden)............naja zuspaet...ud jetzt.....

    die folgen werden bald sichtbar werden, und ich sehe nur einen profiteur ,das ist China, die in unserem halbkonkursen system weiter systematisch alles aufkaufen, und das jetzt zu ausverkaufspreisen, gefoerdert durch vollidioten in deutschland und der EU , nur Trump hatte es verstanden.. den groessten Schaden hat der ( wird der ) Virus in den westlichen laendern verursachen , ....ein Schelm wer da boeses denkt.

    und unseren Volldioten ( od einen EU fund) , und auch den USA kann man nur anraten , einen Staatsfund ( das haette man vor 20 jahren schon machen sollen ) aufzuerlegen , der , nicht wer der Staat planlos Geld verteilt , sondern nur Geld gegen Equity verteilt. . d.h Firmen die Geld brauchen,es geben wenn eine wirtschaftliche chance besteht, gegen kapitalerhoehung unter ausschluss der Altaktionaere. Dieses Equity kann auf lange sicht einen Mehrwert bringen. . Staatfund beteiligungen bis 49% am Equity , und der Fund koennte dann auch mitredenbei Entscheidungen der Firmen. Wichtig ,, der Staatsfund muss unabhaengig sein, vom mitreden der Politikbis hin zum weglassen der Banken. Norwegen hatts doch vorgemacht , und kann jetzt massenwiesse ihre eigene firmen aus dem Cashpolster retten

    und den Ausverkauf an die Chinesen stoppen , das koennten auch die Europaer machen

    und eine weitere Hoffnung ist das Produktionen rueckverlagert werden , wir haben um uns grossartige laender bzw laender die es werden koennten, von der Uraine , Tuerkei bis hin zu den anderen eu mitgliedern, wer brauch da China?

    08:17 Uhr, 02.04.2020
  • Stockhorn
    Stockhorn

    Ja hoch lebe das tausend jährige EU und EUR Reich!

    Gemäss Herr Schmale jetzt aber all-in in Aktien! So billig wird wie heute wird es nie wieder! Nehmt noch Kredite auf und setzt das letzte Hemd auf die Aktien! Die EU wird jetzt richtig prosperieren. Es wird Wein und Honig fliessen! Profitiert davon!

    07:45 Uhr, 02.04.2020
  • CharlieMunger
    CharlieMunger

    "Kauft die EZB 100 Mrd. an Anleihen, müssen davon 21,4 Mrd." - genau richtig, weil Deutschland 21,4% des BIP der Eurozone stellt. Deutschland muss inflationiert werden um Länder wie Italien wieder wirtschaftsfähiger zu machen.

    07:44 Uhr, 02.04.2020
  • kingmidas
    kingmidas

    Befreiungsschlag? Naja, man versucht Feuer mit Benzin zu löschen. Nichts weiter.

    Es ist wie immer das selbe spiel. Jeder reicht die Fackel weiter, um nicht als Buhmann dazustehen. Der Vollversager Draghi hat die Fackel nun an die Sarkozy Stalkerin weitergereicht und sie wird die ganze EU mit Geld bombardieren und die Fackel an jemand anders weiterreichen in der Hoffnung der laden Explodiert bis dahin nicht. Aber irgendwann gibts kein entkommen mehr und an diesem Punkt sind wir jetzt angelangt. Zwar kann man die Schleusen immer weiter und weiter öffnen, aber der Preis den man hinterher dafür zahlen wird, wird umso höher sein.

    Der letzte Akt der Eurozone und des Euros sind eingeleitet und das ist gut so. Nur danach ohne EU Diktatur kann es wieder aufwärts gehen. Die ganzen blinden Lemminge die sich frustriert an die EU klammern wie manche an ihre Ex die sie nicht loslassen können, werden es erst begreifen wenn es schon zu spät ist um zu reagieren.

    UK hats schlau vorgemacht und wird davon profitieren. Es gibt genug Kandidaten die nachziehen werden. Ob das nun Italien, Niederlande oder sonstwer wird, spielt am ende keine Große Rolle. Adieu EU, voll an die Wand gefahren dank Brüssel und EZB. Danke für nichts, die Quittung kommt bald und die wird unschön.

    03:18 Uhr, 02.04.2020
  • marswolf
    marswolf

    Lieschen-Müller-Zarghaft am Markt nicht mehr vorhanden, leider, leider, leider und mittel - bis langfristig wiedermal...

    23:13 Uhr, 01.04.2020
  • marswolf
    marswolf

    Regierungen legen einzigartige Förderprogramme auf (Zufall... nach schwarzen Nullen 2000 hat das länger gedauert 😏) , Rohstoffe billig wie "hast du nicht für möglich gehalten" und eine Angst im Markt, wie Weltuntergang... Denken wir uns (so schwer es Ihnen auch fallen mag) Corona einfach einmal weg...

    23:01 Uhr, 01.04.2020
  • marswolf
    marswolf

    Im Prinzip richtig, nur dass das Dienstmädchen (absoluter Respekt vor jeder handwerklichen Tätigkeit) sich diesmal nicht zu 100% oder sogar verschuldet in den Markt gestürzt hat... Verglichen mit Renten, Utility und Verschuldungsrate ist unser Szenario ein komplett anderes

    22:40 Uhr, 01.04.2020
  • S_o_r_o_s
    S_o_r_o_s

    aber in den Waves steht auch die Zukunft Dax 16000 und Dow 40000

    Aber erst, wenn sie richtig runtergeprügelt worden sind. Wir sind ja noch nicht unten :-)

    in etwa alle 10 Jahre das gleiche Spiel. Jedes mal geht die Welt unter und wenn alle aus Aktien raus sind steigen sie um 1000 Prozent. Und das sind nur die Kolosse. Die Kleinen machen dann 10 000. Dialog 0,50 Cent - 50 Euro

    Drillisch 0,90 - 70 Euro und und und

    Die Zeit war mal wieder reif und zum Schluss kamen dann noch die ganzen Taxifahrer und Dienstmädchen an die Börse und der Absturz war perfekt getimt.

    Über die Zinsen ging es nicht, kam ein kleines Virus um die Ecke, da ging es dann doch.

    Wäre es das Virus nicht gewesen, hätten sie den Öl"Krieg" dafür ausgeschlachtet.

    22:06 Uhr, 01.04.2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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