Kommentar
09:03 Uhr, 24.05.2016

BAYER - Größenwahn?

Nun ist es hochoffiziell. Bayer hat seine Aktionäre über das Monsanto-Kaufangebot nformiert. Es sollen 62 Mrd. Dollar gezahlt werden – in bar.

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  • Bayer AG
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Bayer hat Mut. Dabei geht es nicht nur darum, dass sich der Konzern mit Monsanto einen der umstrittensten Unternehmen ins Haus holen will, sondern auch um die Finanzierung der Übernahme. Eine Barzahlung von 62 Mrd. Dollar oder 55,2 Mrd. Euro ist viel – sehr viel.

Bayer hat aktuell nur noch eine Marktkapitalisierung von knapp 70 Mrd. Euro. Demgegenüber steht ein Umsatz von 46,3 Mrd. und ein Gewinn von 4,1 Mrd. Vergleicht man den Kaufpreis mit diesen oder anderen Kennzahlen, dann ist die Optik nicht ohne Grund schief. Bayer will eine Übernahme von einem Unternehmen stemmen, welches fast ebenso hoch bewertet wird wie Bayer selbst.

Die Ankündigung, den Kauf in bar abzuwickeln, ist ambitioniert. Bayer verfügte am Ende des ersten Quartals des laufenden Jahres über Barmittel von 3,5 Mrd. Monsanto hatte in seiner Bilanz 1 Mrd. Dollar stehen. Selbst wenn Bayer also die eigenen und die Barmittel von Monsanto zusammenkratzt, fehlen noch über 50 Mrd. Euro, die irgendwie finanziert werden müssen.

In der Präsentation, die Bayer-Aktionäre informierte, wurde über eine Kapitalerhöhung gesprochen. 25 % des Kaufpreises könnten über eine Kapitalerhöhung von Bayer finanziert werden. Diese Kapitalerhöhung würde dann einen Umfang von mindestens 13 Mrd. Euro haben. Allein das ist schon eine Größenordnung, die schwer fassbar ist.

Bei einer Marktkapitalisierung von 70 Mrd. Euro erscheint eine Kapitalerhöhung von 13 Mrd. vielleicht nicht viel zu sein, doch die Größenordnung ist enorm. Man denke nur daran, dass der größte Börsengang aller Zeiten (Alibaba) 20 Mrd. Euro betrug.

Für Aktionäre muss die Kapitalerhöhung keine Katastrophe sein. Die Verwässerung liegt bei weniger als 20 %. Durch die Übernahme von Monsanto dürfte der Gewinn jedoch um 25 % steigen. Unterm Strich gewinnen Aktionäre also noch.

Einen Haken hat die Sache natürlich: selbst wenn diese rekordverdächtige Kapitalerhöhung gelingt, fehlen Bayer noch immer an die 30 Mrd. Euro an Mitteln, um die Übernahme zu stemmen. Das berücksichtigt bereits, dass ein Großteil des operativen Cashflows in die Übernahme fließt.

Derzeit hat Bayer einen Schuldenberg von 17 Mrd. Euro. Dieser müsste auf 45-50 Mrd. ansteigen. Anders geht es nicht, wenn man sich die Bilanz von Bayer ansieht. Was das bedeutet, zeigt Grafik 1. Der Schuldenberg explodiert in nie dagewesene Höhen und erreicht den Gesamtumsatz des Jahres 2015.

Frühere Übernahmen finanzierte Bayer ebenfalls über Schulden. Die Schulden wurden nach der Übernahme wieder reduziert, doch das beanspruchte oftmals viele Jahre. Nimmt man großzügig an, dass Bayer 3 Mrd. an Schulden pro Jahr abtragen kann, dann braucht der Konzern noch immer mehr als 10 Jahre, um den Schuldenberg wieder auf ein Normalmaß zu reduzieren.
Persönlich bin ich mir nicht sicher, ob es das alles wert ist. Betrachtet man die Gewinnhistorie in Grafik 2, bekommt man so seine Zweifel. Bayer konnte den Gewinn trotz Übernahmen nur unter hoher Volatilität steigern. Trotz der ständigen Übernahmen steht der Gewinn heute nur gut doppelt so hoch wie vor 15 Jahren. Berauschend ist das nicht.

Bayer griff bereits für Schering tief in die Tasche und ließ sich die Übernahme 16 Mrd. Euro kosten. 2014 wurden für Merck Consumer Care 14,2 Mrd. ausgegeben. Zu einem nachhaltigen Gewinnsprung scheint das nicht geführt zu haben.

Auf dem Papier macht die Übernahme Sinn. Die Unternehmen ergänzen sich gut. Bayer verspricht sich durch den Zusammenschluss zudem 1,5 Mrd. an Synergien (Einsparungen). Man darf daran zweifeln, dass das wirklich so kommt. In 90 % aller Fälle werden die Einsparungseffekte massiv überschätzt.

Aktionäre sind trotz aller Argumente von der Übernahme nicht überzeugt. Das zeigt nicht nur die Bayer Aktie, die seit Bekanntwerden der Gerüchte deutlich verloren hat. Es zeigt sich auch anhand der Monsanto Aktie. Bayer bietet 122 Dollar je Monsanto Aktie. Diese stieg bisher lediglich auf 107 Dollar. Mit anderen Worten: Der Markt empfindet die Wahrscheinlichkeit, dass der Deal noch platzt, als hoch. Der größte Stolperstein ist und bleibt die Finanzierung der Übernahme. Immerhin kann Bayer auf die EZB zählen, die ab Juni Unternehmensanleihen kaufen will. Sie könnte Bayer problemlos 10 Mrd. abnehmen.

Für Anleger ergibt sich aus der Situation eine gewisse Chance. Sofern die Bayer Aktie weiter korrigiert, könnte sich eine interessante Kaufgelegenheit ergeben. Je tiefer der Kurs der Bayer Aktie fällt, desto attraktiver wird der Konzern – sogar unter den wahnwitzigen Übernahmefantasien. Der eigentliche Clou liegt jedoch dann darin auf ein Platzen der Übernahme zu spekulieren. Die Bayer Aktie würde rasch viel Wert gewinnen.

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  • MrBlueSky
    MrBlueSky

    Die letzte Graphik zeigt die Gewinnentwicklung unter Berücksichtigung der Käufe (Schering etc.). Hierzu muss man sehen, dass Bayer nicht zuletzt durch (zumindest bisher) geschickte Deals das eigene Produktportfolio optimiert hat und durch Verkäufe und Börsengänge (z. B. Lanxess, Covestro) das entsprechende Kapital erhielt.

    Langfristig dürfte Bayer in jedem Fall ein guter Kauf sein, zumal aus bisheriger Sicht die Kapitalisierung alleine durch die Sparten Chemie, Pharma & Co. wiedergespiegelt wird und es die Agrarsparte noch als 'Extra' obendrauf gab.

    12:25 Uhr, 24.05. 2016
  • Chamäleon
    Chamäleon

    Für mich wieder mal ein perfektes Beispiel wie abgehoben die Entscheidungen in den Chefetagen von Großkonzern inzwischen sind. Über VW, Eon, RWE, Telekom usw. brauchen wir gar nicht reden. Aber wir wissen mit großer Wahrscheinlichkeit wie`s ausgeht.

    Teuer wird`s mal wieder allemal und es gibt ganz sicher wieder tolle Abfindungen für diese

    tollen Entscheidungen der Supermanager.

    Wer mag wohl wieder dahinter stecken? Ein Schelm wer böses dabei denkt.

    Aber sicher keine amerikanischen Geldhäuser oder so.

    Leider scheinen die Aktionäre irgendwie unmündig oder Machtlos zu sein um diese Managergeneration in die Wüste zu schicken, welche Traditionsfirmen immer wieder durch eigene Profitgier in arge Bedrängnis bringen oder gar in den Ruin treiben.

    10:50 Uhr, 24.05. 2016
  • Octagon2012
    Octagon2012

    Danke für die aufschlussreiche Analyse. Die gab es bisher so nicht zu lesen

    10:25 Uhr, 24.05. 2016
  • Donni
    Donni

    Zu Bayer – Monsanto:

    Alle prügeln jetzte auf Bayer ein, verständlich, denn wenn man an Monsanto denkt, wird es einem übel!

    DDT, Agent Orange, Glyphosat und und…. plus Genmais und Co.! Da fragt man sich haben die eine Meise??

    Doch eine Information in einem Nebensatz ließ mich aufhorchen. Digitalisierung bzw. „farming 4.0“.

    Das ist das wirkliche Ziel von Bayer!!! Da ist Monsanto absolut führend. Das hat keiner wirklich auf dem Radar!!

    Big-Data in der Landwirtschaft zur Optimierung der Erträge, Minimierung von und zielgerichtetere Düngung, Pestizide, Herbizide, Drohnenüberwachung und und….Bei der wachsenden Weltbevölkerung und Ernährungsbedarf bei schrumpfender landwirtschaftlicher Fläche – ein Riesenthema unser Zeit!

    Überhaupt Big-Data und das verbinden vieler heterogener Informationsstränge und zielgerichteter Analyse ist das „neue Ding“! Wir sind erst am Anfang.

    Bayer ist nicht zum „Dark Vader“ mutiert, sondern will auf einen Schlag führend in farming 4.0 werden! Das hängt man natürlich nicht an die große Glocke, denn sonst kommen Google und Co. und wollen plötzlich auch da reinspringen, deren Kassen sind voller und größer als die von Bayer…Die sind momentan mit selbstfahrende Autos und Mobiltät beschäftigt….
    Wenn die Übernahme klappt, katapultiert sich Bayer in eine neue Dimension! Vergeßt die Vergangenheit! Damit läßt sich mehr Geld machen, als mit Verkauf von mmer mehr Düngemittel, Pestizide etc.!
    Im Gegenteil, Bayer kann groß auftrumpfen, weniger Gift durch Informationsauswertung und Bewirtschaftungsoptimierung und dafür bekommt man dann von der Seite mehr Geld, das durch Einsparung von Giften zur Verfügung steht. Haltet mich für völlig durchgeknallt, durch eine mögliche Übernahme von Monsanto wird Bayer ökologischer…!

    Das wird auch sicherlich nach einer geglückten Übernahme, so dann von Bayer groß verkauft werden! Bis dahin bleibt man lieber still…und wartet!

    09:54 Uhr, 24.05. 2016
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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