Fundamentale Nachricht
13:05 Uhr, 12.04.2018

Anleger kehren der Türkei den Rücken

Mit ihrer diffusen Wirtschaftspolitik verunsichert die Türkei immer mehr Investoren. Diese ziehen ihr Kapital ab, die Landeswährung Lira fällt und fällt, im Gegenzug steigt die Inflation. Ein Einsehen bei der Regierung ist nicht erkennbar, Erdogan sieht nicht näher benannte Staatsfeinde am Werk.

Erwähnte Instrumente

Frankfurt (Godmode-Trader.de) - Die türkische Wirtschaft steht gut da, so scheint es. Vor kurzem erst wurde das Wirtschaftswachstum für 2017 veröffentlicht. Laut den offiziellen Zahlen soll das Bruttoinlandsprodukt real um 7,4 Prozent zugelegt haben. Das ist ein stärkeres Wachstum als in jeder anderen nennenswerten Volkswirtschaft. Doch auf den zweiten Blick sieht es nicht mehr so rosig aus. Die Arbeitslosenquote ist auf 11 Prozent geklettert, das Leistungsbilanzdefizit steigt und die Inflationsrate betrug im März 10,2 Prozent - doppelt so viel wie von der Notenbank als Ziel ausgegeben.

Weil Investoren ihr Kapital abziehen, ist die Landeswährung Lira am Mittwoch erneut auf ein Rekordtief gefallen. Der Kursverlust seit Jahresbeginn liegt zum US-Dollar im zweistelligen Bereich. Die Anleger stießen auch türkische Staatsanleihen ab, die Renditen legten deutlich zu.

Die Gründe für die ganze Malaise liegen in der erratischen Wirtschaftspolitik der Regierung seit dem gescheiterten Putsch Mitte 2016. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan vermutet hinter dem allen ein Machtwerk von Staatsfeinden, „die unsere Wirtschaft angreifen“, wie er sagte. „Aber so wie sie zuvor versagt haben, werden sie wieder versagen.“ Ähnlich äußerte sich Ministerpräsident Binali Yildirim, der den Druck auf die Lira mit dem gescheiterten Putsch im Juli 2016 verglich.

Nur massive Zinserhöhungen könnten den Inflationsprozess aufhalten und die Lira stabilisieren. Wenn die Zinsen nicht steigen, dürfte die Lira weiter an Wert verlieren, glauben Fachleute. Doch Staatspräsident Erdogan hat anderes im Sinn. Er will eine lockere Geldpolitik, pumpt massig frisches Geld in den Markt, um die Wirtschaft in einem möglichst schönen Bild zu präsentieren. Die Konjunktur wird mit Kreditprogrammen, Steuererleichterungen und Bauinvestition künstlich angeheizt. Denn im kommenden Jahr 2019 stehen schließlich Regional-, Parlaments- und Präsidentenwahlen an. Und die sind bedeutend: Es sind die ersten Abstimmungen nach der heftig umstrittenen Verfassungsänderung für ein Präsidialsystem mit eingeschränkter Gewaltenteilung.

Passende Produkte

WKN Long/Short KO Hebel Laufzeit Bid Ask
Keine Ergebnisse gefunden
Zur Produktsuche

1 Kommentar

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • hotte38
    hotte38

    Diktatoren sind nunmal nicht Einsichtig..Das ist auch ein wesentlicher Grund Ihres Scheiterns.😜

    16:12 Uhr, 12.04.2018

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

Mehr Experten