Kommentar
11:15 Uhr, 05.05.2017

American Dream wird zum Horror

Der American Dream ist nicht nur tot, er droht sich auch ins komplette Gegenteil zu wandeln – dem American Horror.

Der American Dream ist einfach beschrieben: vom Tellerwäscher zum Millionär. Wer hart arbeitet und motiviert ist, dem steht die Welt offen. Jeder kann aufsteigen, Geld verdienen und sogar Millionär werden. Schön wär’s...

Der American Dream ist weltweit bekannt. Nicht zuletzt deswegen sind viele versucht in die USA einzuwandern. Das Versprechen auf eine bessere Zukunft und Aufstiegschancen, wenn man nur hart arbeitet, zieht viele an. Das galt vor allem für die Länder Lateinamerikas, in denen der Lebensstandard niedriger ist.

Oftmals gibt es nach der legalen oder illegalen Einwanderung keinen traumhaften Aufstieg. Im Gegenteil: es geht darum, mit einem oder mehreren schlecht bezahlten Jobs die Familie irgendwie über Wasser zu halten. Es hat sich schnell ausgeträumt.

Einen Mangel an American Dream Stories gibt es nicht nur bei Einwanderern, sondern auch bei der heimischen Bevölkerung. Dabei geht es nicht nur um den kometenhaften Aufstieg, sondern größtenteils einfach nur darum, es besser zu haben als die Eltern. Eigentlich sollte das mehr oder minder verständlich sein. Der Lebensstandard steigt und steigt im Durchschnitt. Eine höhere Lebensqualität und ein höheres Einkommen sollten also ganz automatisch kommen. Tut es aber nicht.

Das „Equality of Opportunity Project“ untersucht, ob Kinder mehr verdienen als ihre Eltern. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war es praktisch selbstverständlich, dass die Einkommen immer weiter stiegen. Es gab gut bezahlte Mittelklassejobs zuhauf. Man musste nicht einmal eine großartige Ausbildung haben.

Das änderte sich in den folgenden Jahrzehnten mehr und mehr. Seit Jahren gilt, dass man nur mit höherer Bildung eine Chance auf ein höheres Einkommen hat. Nicht zuletzt deshalb gehen immer mehr junge Menschen aufs College oder an die Universität. Bildung verspricht Aufstieg und höhere Einkommen.

Das galt tatsächlich für viele Jahre. Heute ist das anders. Die Grafik zeigt dazu die Einkommensentwicklung über die einzelnen Geburtenjahrgänge. Abgebildet ist die Entwicklung für Arbeitnehmer mit Collegeabschluss. Zu lesen ist die Grafik dabei so: im Jahr 1940 verdienten 95 % der Kinder des 10 % Quantils (10 % der Einkommen sind geringer) mehr als ihre Eltern. Der letzte verfügbare Jahrgang (1984) zeigt ein anderes Bild. Inzwischen verdienen nur noch 70 % der Kinder im 10 % Quantil mehr als ihre Eltern.

70 % ist immer noch gut. Beim 20 % Quantil sind es allerdings nur noch 60 %. Im Mittel sind es noch 50 %. Mit anderen Worten: im Mittel verdienen nur noch 50 % der Kinder mehr als ihre Eltern, die andere Hälfte weniger. Das hat eine große Bedeutung. Schon in wenigen Jahren werden die meisten Kinder weniger verdienen als ihre Eltern. Es geht also bergab statt bergauf. Das ist eigentlich nicht das, was ihnen die Gesellschaft versprochen hat.

Man kann es auch noch deutlicher ausdrücken: nachdem sich die Situation der Kinder gegenüber der Situation ihrer Eltern über Jahrzehnte verbessert hat, droht die Entwicklung nun zu kippen. Kindern wird es schlechter gehen als ihren Eltern. Das birgt enormen gesellschaftlichen Sprengstoff.

Der American Dream war das Versprechen, dass es den kommenden Generationen zumindest etwas bessergehen wird. Nun kann man sagen, dass es den kommenden Generationen im Durchschnitt schlechter gehen wird. Ein Horror.

Bild Horror.png

Clemens Schmale

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3 Kommentare

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  • 1 Antwort anzeigen
  • Tüskendör
    Tüskendör

    Hallo Herr Schmale - ein guter und stimmiger Artikel. Bravo.

    Doch: Hätten Sie den Eindruck, das es hier - in good old Germany - anders läuft?

    Zeitlich leicht verzögert, gewiss, doch die Entwicklung erscheint mir sehr, sehr ähnlich....

    15:41 Uhr, 05.05.2017

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Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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