Warum die Ölpreise so schnell nicht wieder steigen werden
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New York (Godmode-Trader.de) - Für die Ölbullen ist es entmutigend, dass die Ölpreise in den letzten Wochen nicht aus ihrer Seitwärtsspanne nach oben ausbrechen können, trotz zuletzt zahlreicher positiver Nachrichten, wie sinkende Lagerbestände und den Förderbeschränkungen der OPEC+. Nichts scheint die Märkte in Bewegung setzen zu können. Und nun schlägt das Pendel langsam um. Die Ölmärkte stehen vor einem Berg neuer Sorgen. Eine Wiederaufnahme der Rally auf Niveaus von über 60 Dollar/Barrel, die Anfang des Jahres noch erreicht worden waren, erscheint unwahrscheinlicher denn je. Aus diesen Gründen:
- Eine riesige Angebotsschwemme und ein Mangel an Lagermöglichkeiten waren der Hauptgrund dafür, dass der US-Ölpreis im April zum ersten Mal überhaupt in den negativen Bereich abrutschte. Die heutige Situation ist mit der vor fast fünf Monaten nicht mehr vergleichbar, was der Grund ist, dass sich die Preise ein Stück weit erholen konnten. Doch obwohl die Ölvorräte in den USA in den letzten Wochen unterm Strich zurückgegangen sind, ist der Spielraum für einen weiteren Abbau kleiner geworden.
Daten der US-Energiebehörde EIA zufolge gingen die Ölbestände in den USA in der Woche bis zum 24. Juli um 10,6 Mio. Barrel zurück und fielen dann in den drei darauf folgenden Wochen um 7,4 Mio. Barrel, 4,5 Mio. Barrel bzw. um 1,6 Mio. Barrel. In den letzten beiden Wochen sanken die Bestände zwar wieder verstärkt - um 4,7 Mio. bzw. um 9,0 Mio. Barrel. Doch diese beiden Wochen sind von besonderen Umständen begleitet, einmal der Ferien- und zum zweiten der Hurrikansaison. Es besteht durchaus weiterhin das Risiko, dass sich der Trend nach dem Sommer bald umkehren und die Lagerbestände wieder ansteigen könnten, was eine sehr negative Entwicklung für die Ölpreise bedeuten würden.
Die Sorgen um die Lagerbestände werden noch akuter, weil sie in die Zeit fallen, in der die OPEC+ ihre Förderkürzungen gelockert hat. Seit vergangenen Monat nahm die OPEC ihre Förderkürzungen um etwa 2 Mio. Barrel pro Tag auf 7,7 Mio. bpd zurück. BNP Paribas-Rohstoffanalyst Tchilingurian erklärte jüngst gegenüber Bloomberg, es gibt reale Bedenken, dass die steigende OPEC+-Förderung mit einer ungleichmäßigen Erholung der Ölnachfrage zusammenfallen könnte. Der saudi-arabische Energieminister Prinz bin Salman ist solchen Befürchtungen entgegengetreten, indem er im August darauf hinwies, dass Länder, die ihre Zusagen im Mai und Juni nicht eingehalten hatten, dies in den kommenden Monaten durch Produktionskürzungen ausgleichen würden. Doch eine Garantie stellt dies freilich nicht dar.
- Die jüngste Öl- und Aktienkurserholungen kann zu einem guten Teil der Zuversicht zugeschrieben werden, dass ein Impfstoff gegen Covid-19 bald marktreif sein wird. Tatsächlich ist das Rennen um die Entwicklung eines wirksamen Impfstoffs in vollem Gange: Weltweit sind 185 Forschungsteams am Rennen beteiligt, wobei sieben Impfstoffe die letzte Stufe der breit angelegten Wirksamkeitsstudien (Phase III) erreicht haben. Leider, muss man sagen, ist die Entwicklung eines wirksamen Impfstoffs normalerweise ein zäher und langer Prozess, bei dem dem Aspekt der Sicherheit in der Regel oberste Priorität eingeräumt wird. So wurde beispielsweise kürzlich ein Impfstoff gegen Dengue-Fieber entdeckt, der die Krankheit bei geimpften Kindern noch verschlimmerte, als sie später dem Dengue-Virus ausgesetzt waren. Das ist auch der Hauptgrund, warum viele Länder Russlands "Sputnik-Vakzin" ignorieren.
Da es keine klaren Zeitpläne gibt, wann ein sicherer Impfstoff die Massenmärkte erreicht, sind die Weltwirtschaft und die Ölmärkte nach wie vor besonders anfällig für die sog. zweite Welle von Covid-19-Infektionen. Die OPEC+ hat im vergangenen Monat ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass die Erholung des Ölmarktes aufgrund der wachsenden Risiken einer zweiten Welle der Pandemie langsamer als erwartet verlaufen ist.
- Wenn Investoren an die Wechselwirkung von Öl und Erneuerbaren Energien denken, betrachten sie diesen in der Regel im Hinblick darauf, wie niedrige Ölnotierungen die Umstellung auf Erneuerbare Energien verlangsamen könnten. Während dies im Prinzip zutreffen mag, gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass niedrige Ölpreise die Dynamik der Erneuerbaren Energien beeinträchtigen. Im Gegenteil, die Nachfrage nach den Erneuerbaren ist während der Pandemie weiter gestiegen, während sie für die konventionellen Kraftstoffe eingebrochen ist. Die anhaltende Welle massiver Vermögensabschreibungen im Öl- und Gassektor ist ein klares Indiz dafür, dass die Branchenführer erkannt haben, dass der Ölsektor perspektivisch kleinere Brötchen backen wird.
Ein Pfund haben die Ölbullen dann aber doch noch in der Hand: Anhaltend geringe Investitionen in Ölförderprojekte könnten tatsächlich zu einer Angebotsverknappung führen, die den Ölpreis in die Höhe treiben könnte.
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WTI korrigert jetzt auf 30 bis 35 USD, dann long bis über 60 USD