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14:28 Uhr, 30.12.2010

2011: Wichtige gesetzliche Neuerungen im Überblick

Berlin (BoerseGo.de) - Das Ritual wiederholt sich alljährlich zum Jahreswechsel: Pünktlich zum Beginn des neuen Jahres müssen sich Bürger und Unternehmen auf viele neue gesetzliche Regelungen und Vorschriften einstellen. Ein Überblick der wichtigsten Änderungen im Bereich der Sozialversicherungen und im Steuerrecht:

- Krankenversicherung: Für die 50 Millionen Mitglieder der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) steigt der Beitragssatz von 14,9 auf 15,5 Prozent. Der Anstieg belastet Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit jeweils 0,3 Prozentpunkten zusätzlich. Die Beitragslast ist aber ungleich verteilt: 8,2 Prozent vom Bruttoeinkommen entfallen auf Arbeitnehmer und Rentner; für die Arbeitgeber sind es 7,3 Prozent. Für sie wird der Satz bei diesem Stand eingefroren. Der Wechsel aus der GKV in eine Privatkasse wird für Besserverdiener leichter. Wer brutto über der Versicherungspflichtgrenze von 4125 Euro (2011) verdient, kann bereits nach einem Jahr von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung wechseln. Bisher musste man drei Jahre warten. Die Privatkassen profitieren 2011 zwar von Rabattverhandlungen der gesetzlichen Kassen mit Arzneiherstellern. Unabhängig davon haben sie den knapp neun Millionen Versicherten teilweise hohe Beitragserhöhungen angekündigt.

- Arbeitslosenversicherung: Der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung steigt von 2,8 auf 3,0 Prozent. Er wird zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen.

- Hartz IV: Der Regelsatz im Arbeitslosengeld II soll von 359 auf 364 Euro steigen - also monatlich um 5 Euro. Die Erhöhung ist aber noch nicht Gesetz, nachdem der Bundesrat die Pläne vorerst gestoppt hat. Derzeit verhandeln Regierung und Opposition über einen Kompromiss - ein Nachschlag ist nicht ausgeschlossen. Die mehr als 1,7 Millionen Kinder von Hartz-IV-Empfängern sollen besser gefördert werden. Zum Bildungspaket gehören Schulessen, Angebote für Nachhilfeunterricht oder für Sport- und Musikstunden am Nachmittag.

- Rentenversicherung: Der Bund bezahlt für Langzeitarbeitslose keine Beiträge mehr zur Rentenversicherung. Damit spart er rund 2 Milliarden Euro im Jahr, den Betroffenen entgeht ein späterer Rentenanspruch von monatlich 2,09 Euro.

- Beitragsbemessungsgrenzen: In der Gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sinkt die bundeseinheitliche Beitragsbemessungsgrenze von 3750 Euro auf 3712,50 Euro Monatseinkommen. Wer mehr verdient, zahlt für das Einkommen über 3712,50 Euro keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Durch die Absenkung werden Einkommen im Bereich zwischen 3712,50 und 3750 geringfügig entlastet. In der Renten- und Arbeitslosenversicherung gibt es nach Ost und West differenzierte Beitragsbemessungsgrenzen: Im Westen bleibt sie unverändert bei 5500 Euro Monatseinkommen. Im Osten steigt sie von 4650 auf 4800 Euro. Für Ost-Beschäftigte mit einem Verdienst von derzeit 4650 Euro oder mehr wird die Sozialversicherung in diesem Bereich also um bis zu 17 Euro im Monat teurer. Das gleiche gilt für deren Arbeitgeber.

- Arbeitszimmer: Wer regelmäßig zuhause arbeitet, kann das Arbeitszimmer wieder bis zu 1250 Euro im Jahr steuerlich absetzen. Dies gilt, "wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht". Die Regelung gilt rückwirkend zum 1. Januar 2007, aber nur für diejenigen die jeweils Widerspruch gegen ihren Steuerbescheid eingelegt haben. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Juli das Verbot der steuerlichen Absetzbarkeit von Arbeitszimmern gekippt. Die Neuregelung soll die Steuerzahler um 250 Mio. Euro jährlich entlasten.

- Lohnsteuerkarte: Sie hat grundsätzlich ausgedient und wird nicht mehr durch ein neues Exemplar ersetzt. Aber: Die gelbe Pappkarte des Jahres 2010 gilt auch noch 2011. An ihre Stelle tritt stufenweise ein elektronisches Verfahren namens ELStAM - das Kürzel steht für "Elektronische Lohnsteuer-Abzugsmerkmale". Für Änderungen an den gespeicherten Steuerdaten sind künftig die Finanzämter zuständig.

- Steuer-ID: Die Funktionen der bundeseinheitlichen Steueridentifikationsnummer werden erweitert. Davon profitieren vor allem die Finanzämter. Denn künftig fällt es schneller auf, wenn Anleger das Freistellungsvolumen auf Kapitaleinkünfte von 801 Euro überschreiten. Ab 2011 muss auf neuen Freistellungsaufträgen die Steuer-ID angegeben werden. Zudem werden die Banken verpflichtet, bei der Übermittlung von Geldgeschenken die Identifikationsnummern von Schenker und Beschenktem mitzuteilen. Für den Fiskus kann damit leichter feststellen, ob Schenkungsteuer bezahlt werden muss.

- Umsatzsteuer: Die Umsatzsteuer-Jahreserklärung müssen Firmen ab dem kommenden Jahr elektronisch abgeben. Ausnahmen gelten nur zur Vermeidung unbilliger Härten zum Beispiel bei Kleinunternehmen.

- Degressive Abschreibung: Die Möglichkeit der degressiven Abschreibung läuft zum Jahreswechsel aus. Weil die Bundesregierung Unternehmen während der Rezession entlasten wollte, hatte sie 2009 die beschleunigte Absetzung für Abnutzung - kurz AfA - befristet für zwei Jahre wieder eingeführt. Unternehmen können Gegenstände des Anlagevermögens, die sie 2009 oder 2010 angeschafft haben, in den Anfangsjahren stärker abschreiben als in späteren Jahren. Damit vermindert sich in den ersten Jahren der Wert des Betriebsvermögens und damit die betriebliche Steuerlast, in späteren Jahren steigt sie.

-Erbschaftsteuer: Eingetragene Lebenspartnerschaften werden bei der Erbschaftsteuer ab 2001 mit Ehen gleichgestellt. Damit gelten auch für diese Paare Steuersätze von sieben bis 30 Prozent in der Steuerklasse eins. Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass schwule und lesbische Lebenspartnerschaften bei der Erbschaftsteuer nicht mehr schlechter gestellt werden dürfen als heterosexuelle Ehepaare.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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