Wissensartikel
12:54 Uhr, 05.07.2017

Wie ich die Kontrolle über mein Trading behalte

Wir können unser Bestes geben und erhalten trotzdem manchmal nicht das Ergebnis, das wir uns gewünscht haben. Im Trading ist das nicht anders.

Wir können Vorbereitungen treffen, Analysen erstellen und der Markt zeigt uns dennoch, dass wir ihn falsch eingeschätzt haben. Ich bin heute überzeugt, dass ein neues Erwartungsmanagement ungemein wichtig ist, um bessere Tradingresultate zu erzielen.

Das Problem ist so oft, dass wir im Vorfeld etwas erahnen oder vorweggreifen wollen, was wir gar nicht beeinflussen können. Das gilt universal auch für andere Lebensbereiche.

Wenn ich meiner Freundin einen schönen Abend bereiten möchte, die Wohnung aufräume, frische Blumen auf den Tisch stelle und ihr Lieblingsessen koche, dann sind das gute Voraussetzungen dafür, dass sie sich freut und mir später als bestem Freund der Welt um den Hals fällt. Aber wenn sie kurz vor dem Verlassen des Büros einen unangenehmen Kunden am Telefon hatte, die Chefin nochmal kurz Frust abgelassen hat oder sie im Verkehr stecken geblieben ist, dann kann es sein, dass der schöne Abend – trotz aller Vorbereitung – ins Wasser fällt.

Und trotzdem, wie oft fragen wir uns dann: Was habe ICH falsch gemacht?

Gar nichts.

Menschliches Verhalten ist nicht prognostizierbar, auch nicht mit den besten Analysen oder Vorbereitungen.

Erst recht an der Börse, wo unüberblickbar viele Marktteilnehmer gleichzeitig agieren, ist das ganze Spiel noch potenziert! Der eine hält die Daimler-Aktie bei 64,00 EUR für kaufenswert, ein anderer muss sie zum gleichen Preis verkaufen, also Verkaufsmotive haben, damit das Geschäft zustande kommt. Beide agieren zum gleichen Preis aus völlig unterschiedlichen Gründen, der eine vielleicht nach Charttechnik, der andere hat gerade einen Zeitungsartikel gelesen. Der Versuch das aufzulösen, das zu antizipieren, ist ein Gordischer Knoten. Und trotzdem orakeln und grübeln wir so oft.

Wenn wir beim Trading unsere Vorbereitung nicht vom Ergebnis trennen, dann erzeugt das richtig Stress.

Die Börse nervt uns dann und wir suchen die Gründe bei uns, beim Trading-System, beim Produkt und sehen oftmals nicht, dass der „Fehler“ gar nicht bei uns gelegen hat.

Die beste Vorbereitung, das beste Handelssignal kann und wird irgendwann einmal versagen.

Auch wenn ich um fünf Uhr in der früh aufgestanden bin, alle Börsennachrichten und Chartanalysen gelesen habe, mir eine Meinung gebildet habe, muss ich damit rechnen, dass sich der Tag völlig anders entwickeln wird, als ich mir das zurechtgelegt habe. Denn es könnten Variablen im Spiel sein, die ich nicht einmal erahne.

Ich habe für mich dabei erkannt, dass hier wieder der berühmte „Circle of Competence“ greift.

Manche Dinge kann ich beeinflussen, andere nicht.

Es macht jedoch keinen Sinn, Dinge ändern zu wollen, die ich beim besten Willen nicht mitentscheiden kann. Es ist viel schlauer, wenn ich mich nur darauf konzentriere, was ich kontrollieren kann. Zum Beispiel wo mein Stopp liegt, welchen Plan ich heute traden möchte oder wieviel Risiko ich eingehe.

Sobald ich alles das, was ich nicht beeinflussen kann, ziehen lasse, entspannt sich mein Geist und ich werde gelassener, reagiere weniger emotional und komme der berühmten „Trading-Weisheit“ wieder ein Stück näher.

Es hat sogar noch einen zweiten Vorteil. In dem ich erkenne, dass ich sehr viel Energie darauf verschwende Entwicklungen zu antizpieren, die ich niemals korrekt hervorsehen kann, wird mir bewusst, dass sehr viel Kraft für dieses „Erahnen“ und „Abwägen“ drauf geht.

Sobald ich für mich beschlossen habe, dass ich nicht weiß, wie der Tag enden wird, ich aber im „Hier und jetzt“ meinen vollen Einsatz bringen kann und meine Vorbereitung maximieren kann, kann ich meine ganze Energie auf das einsetzen, was ich wirklich beeinflussen kann.

Manchmal wird uns dann bewusst, dass wir in der Vorbereitung gar nicht so akkurat gearbeitet haben, nicht das Beste gegeben haben. Zum Beispiel haben wir mal wieder vergessen unser Trading-Journal auszufüllen, wir haben den Markt nur beiläufig analysiert und ihm nicht unsere volle Aufmerksamkeit geschenkt oder wir waren nicht so diszipliniert bei der Sache, wie wir uns das eigentlich vorgenommen hatten.

Sobald wir unsere Trading-Entscheidung getroffen haben, sitzen wir oft wie gebannt vor dem Schirm und versuchen mit unseren Gedanken den Ausgang des Trades zu beeinflussen. Eigentlich verrückt, oder? Stattdessen könnten wir unseren Einsatz wieder auf das ausrichten, was wir beeinflussen können, z.B. uns überlegen, was wir für die Freundin zum Abendessen kochen.

Trading ist einer der gefährlichsten Jobs der Welt (deswegen kann man auch soviel Geld dabei verdienen – Risk/Return-Gesetz), aber wir müssen jeden Tag mit voller Konzentration dabei sein, um wie ein Steuermann auf hoher See jederzeit die Kontrolle zu behalten. Als Trader können wir es uns einfach nicht erlauben, Gedanken und Kapazitäten auf Dinge zu verschwenden, die wir nicht beeinflussen können.

Viele Grüße
Jakob Penndorf

Mein 5-Tage-Online-Coaching nach Feierabend im Juli.

6 Kommentare

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  • pippilangstrumpf
    pippilangstrumpf

    ... außer Aussitzen !

    15:14 Uhr, 05.07. 2017
  • pippilangstrumpf
    pippilangstrumpf

    ... so und wo ist jetzt die Antwort auf die Überschrift ?

    Ich erkenne keine wirkliche - sorry

    15:13 Uhr, 05.07. 2017
  • Unzenkönig
    Unzenkönig

    Ja, an Erfahrung werden sie auf jeden Fall reich- vielleicht auch mit der Zeit!?

    Sie sind noch jung- dann mal ein glückliches Händchen.

    Aber immer daran denken. Sämtliche Märkte sind durch manipuliert. Vielleicht immer das Gegenteil tun, was der gesunde Menschenverstand sagt?

    Damit hatte ich leider oft größere Probleme.

    14:13 Uhr, 05.07. 2017
  • tschaki
    tschaki

    Börse ist sooo einfach, ABER ERST, wenn man 2 schwierige Phasen überstanden hat. Sprich: 2000 bis 2002 waren eine grandiose Lehrzeit, 2008 bis 2011 ebenso. Logisch für mich erscheint dann in den nächsten 10 Folgejahren die Million oder mehr - sofern man aus dem Lehrgeld gute Lektionen gelernt hat. Warren Buffet hat EIN riesengrosses Asset: Sein Asset, also den ZinsesZins, den er über mehr als 50 Perioden laufen lassen konnte. Praktischerweise bin ich noch keine 40 Jahre alt, kann daher mit jungen Frauen im Schwimmbad rumplanschen…Die Zeit wird Einem einfach reich machen - zumindest an Erfahrung - haha ! LG aus WIEN

    13:50 Uhr, 05.07. 2017
  • Unzenkönig
    Unzenkönig

    ....und das beste Beispiel haben sie gleich selbst geliefert- die Daimler Aktie!!

    Zufall??

    13:34 Uhr, 05.07. 2017
  • Unzenkönig
    Unzenkönig

    Genau deshalb verlieren auch ca 80-90% der Trader langfristig ihr Kapital.

    Die wirklich Reichen haben Insiderwissen und vielleicht noch eine kleine Portion unerhörtes Glück.

    Börse kann "so einfach sein".

    13:28 Uhr, 05.07. 2017

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Jakob Penndorf
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Jakob Penndorf teilt seit 2015 seine Expertise als Finanz- und Tradingexperte auf GodmodeTrader und Guidants, den Finanzportalen der BörseGo AG. Er startete seine Karriere als Börsenhändler und Analyst bei einer Wertpapierhandelsbank, war Berater und Fondsmanager für Asset Manager in Frankfurt am Main und Gründer eines Finanztechnologie-Unternehmens in Berlin. Jakob Penndorf hat zahlreiche Lehrgänge absolviert, u.a. ist er akkreditierter Berater der namhaften Investmentgesellschaft Dimensional Funds Advisors (DFA) aus den USA, deren Vorstand und Verwaltungsrat führende Finanzforscher wie Kenneth French, Roger Ibbotson oder Eugene Fama angehören. Jakob Penndorf veröffentlichte zahlreiche Fachartikel über Börsenstrategien, Anlegerverhalten und technische Handelssysteme. Er trainiert Unternehmer, Börsenhändler und Investoren im Umgang mit Risiken an den Finanzmärkten.

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