Wissensartikel
08:33 Uhr, 01.09.2018

Aktienkurs-Prognose: Lernen aus der Vergangenheit

Die theoretische Grundlage der technischen Analyse ist, dass man aus Grundmustern die in Aktienkursen in der Vergangenheit wiederholt aufgetreten sind, Aussagen über die zukünftige Kursentwicklung treffen kann.

Technische Analyse ist ein sehr weit gefasster Begriff, der aufgrund kontroverser Meinungen keine feste Definition erlaubt. Sie wird von vielen verschiedenen Ansätzen geprägt, die alle zumindest eines gemeinsam haben: Es wird hier vollkommen auf die Untersuchung von fundamentalen Unternehmensdaten verzichtet. Das liegt daran, dass technische Analysten davon ausgehen, dass Informationen wie Bilanzkennzahlen - sobald sie verfügbar werden - sofort in den Aktienkurs eingepreist sind. Das bedeutet, relevante Ereignisse werden von der Gesamtheit der Anleger bereits durch Anpassung der Kauf- und Verkaufsangebote berücksichtigt und somit im Preis widergespiegelt. Die Auseinandersetzung mit der momentanen Situation des Unternehmens, die sich beispielsweise aus Bilanzkennzahlen ergibt, bringt also für technische Analysten keinen Mehrwert.

Die wichtigsten Teilgebiete der technischen Analyse und die Kritik an ihrer Methodik, werden Ihnen in diesem Wissensfeld vorgestellt.

Chartanalyse

Der mit Abstand bekannteste und am weitesten verbreitete Ansatz der technischen Analyse ist die Chartanalyse. Der Begriff „Chartanalyse“ wird aufgrund seiner Dominanz in diesem Bereich oft auch als Synonym für „technische Analyse“ verwendet. Die Chartanalyse versucht - anhand historischer Kursverläufe und Kursformationen - den passenden Einstiegskurs und Ausstiegskurs für ein Anlageprodukt zu finden. Als Grundlage für die Analyse dienen zum Beispiel die Charts von Wertpapieren, Indizes, Währungen oder Rohstoffen, die auf unterschiedliche Arten grafisch dargestellt werden können. Es gibt Linien-Charts und Balken-Charts, doch die wohl am weitesten verbreitete Darstellungsform sind die Candlestick-Charts. Das liegt daran, dass sie einfach zu lesen sind und einerseits Informationen über die Handelsspanne liefern, in der sich der Kurs im jeweiligen Intervall bewegt hat, andererseits aber auch die Erkennung des Eröffnungs- und des Schlusskurses zulassen.

Für einen Chartanalysten können sich Kauf- und Verkaufssignale auf unterschiedliche Art und Weise ergeben. Erstens wird nach Kursbereichen gesucht, an denen der Kurs einer Aktie wiederholt abgeprallt ist. Ist ein fallender Kurs mehrere Male an einer horizontalen Linie abgeprallt ergibt sich eine Unterstützung, bei einem steigenden Kurs ein Widerstand. Hat die Gerade eine positive Steigung, spricht man von einem Aufwärtstrend, bei negativer Steigung von einem Abwärtstrend. Aus Kombinationen solcher Unterstützungen, Widerstände und Trends werden zusätzlich eine Vielzahl verschiedener Formationen wie Trendkanäle, Flaggen, Wimpel oder Dreiecke abgeleitet.

Die Theorie der Chartanalyse besagt nun, dass all diese Formationen die Wahrscheinlichkeit für einen bestimmten Weiterverlauf des Kurses erhöhen. So wird beispielsweise davon ausgegangen, dass die Wahrscheinlichkeit für ein erneutes Abprallen an einer Unterstützung steigt, je öfter der Kurs schon daran abgeprallt ist. Weiterhin würde das Durchbrechen eines Widerstandes nach oben weiteres Aufwärtspotenzial für den Kurs wahrscheinlich machen. Auf dieser Basis werden daraufhin möglichst günstige Kauf- oder Verkaufsmöglichkeiten und Signale für Trendwenden gesucht oder Kursziele abgeleitet.

Indikatoren-Analyse

Die Analyse mittels Indikatoren besitzt Gemeinsamkeiten mit der Chartanalyse und wird teilweise auch als Weiterentwicklung derselben beschrieben. Sie versucht - über die charttechnische Methodik hinaus - die Kursverläufe der Aktien durch das ungleiche Agieren verschiedener Gruppen von Marktteilnehmern zu erklären. Es wird also in die Überlegungen mit einbezogen, dass institutionelle Anleger ein wesentlich größeres Volumen handeln als Privatanleger und ein abweichendes Verhaltensmuster an den Tag legen. Im Gegensatz zum Analyseverfahren der Charttechnik, werden die Charts also nicht direkt interpretiert, sondern als Grundlage zur Berechnung verschiedener Indikatoren verwendet. Die Indikatoren werden also statistisch oder mathematisch aus unterschiedlichen Daten wie vergangenen Kursnotierungen oder gehandeltem Volumen berechnet.

Zu den bekanntesten gehören Trendfolgeindikatoren wie gleitende Durchschnitte oder der MACD (Moving Average Convergence/Divergence) und Oszillatoren wie der RSI (Relative Strength Index). Auch hier ergeben sich aus bestimmten Verlaufsmustern Kauf- oder Verkaufssignale. So wird ein durchbrechen des gleitenden Durchschnitts der letzten 200 Tage (200-Tage-Linie) nach oben zum Beispiel als Kaufsignal interpretiert. Indikatoren können in einen Chart integriert dargestellt sein, wie bei gleitenden Durchschnitten der Fall, oder separat darunter angezeigt sein, wie bei MACD und RSI.

Sentimentanalyse

Die Sentimentanalyse versucht den Einfluss von Stimmungen und Erwartungshaltungen von Investoren auf Kursverläufe zu quantifizieren. Unterschiedliche Sentiment-Indikatoren sollen die emotionale Grundstimmung der Gesamtheit der Anleger erfassen. Hierbei kann die Stimmung entweder bullisch (Erwartung steigender Kurse) oder bärisch (Erwartung fallender Kurse) geprägt sein. Der große Unterschied zur chartbasierten Indikatorenanalyse liegt in der Methodik:

Zur Berechnung der Indikatoren werden nicht die historischen Kursverläufe zu Rate gezogen. Ausgewählte Marktteilnehmer werden mit standardisierten Fragebögen zu ihrer Erwartungshaltung für die Märkte befragt. Die gesammelten Daten werden dann zu Sentiment-Indikatoren ausgewertet.

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