Wissensartikel
13:20 Uhr, 16.06.2017

Stressfreier Traden und Investieren

Ein Schlüssel zu Erfolg und Gewinnen an der Börse ist ein entspannterer Umgang mit dem ständigen Schwanken des eigenen Kapitals. Denn letztlich sind es unsere Emotionen, die uns so oft von guten oder richtigen Entscheidungen abhalten.

Egal ob wir Traden oder Investieren. Unser angelegtes Vermögen ist ständig in Bewegung. Das erzeugt Stress in jeder Hinsicht. Steigt unser Kontostand erleben wir Freude und der höhere Dopaminspiegel in unserem Gehirn beschert uns Glücks- und Belohnungsmomente. Wir neigen dann oft zu unüberlegten Handlungen, da wir von diesem Rausch nicht genug bekommen können.

Andererseits kann ein sinkender Kontostand Ängste, bis hin zu Panikattacken auslösen. Der Verlust erzeugt einen so großen Schmerz, dass wir um jeden Preis die Kontrolle über unser Vermögen zurückgewinnen möchten. Oftmals nehmen wir dafür sogar irrationale Handlungen in Kauf und verkaufen unsere Aktien in einem Börsencrash (obwohl wir rational wissen, dass diese sich irgendwann wieder erholen) oder nehmen beim Trading einen Stop-Loss wieder aus dem Markt und hoffen, dass sich die Verlustposition wieder zum Ausgangspunkt zurückbewegt.

Ich habe für mich diese 3 Strategien entdeckt, um stressfreier an der Börse zu handeln:

1) Mit der Unsicherheit leben

Der Bestseller-Autor, Hedgefonds-Manager und Philosoph Nassim Taleb schreibt im Vorwort zu seinem Buch „Antifragilität“:

„Ich möchte in einer Welt, die ich nicht verstehe, glücklich leben können.“

Eine Welt, die ich nicht verstehe. Das schreibt ein erfolgreicher Hedgefondsmanager.

Die Zukunft ist meist explosiv, überraschend und selten logisch. Deswegen scheitern auch alle vergangenheitsbezogenen Analysen irgendwann. Die Gewinner von heute können die Gewinner, aber auch die Verlierer von morgen sein. In Bezug auf die Zukunft gibt es keine Sicherheit.

Und doch versuchen wir so oft Dinge zu kontrollieren, von denen wir eigentlich wissen, dass wir keine Macht über sie haben.

Als ich für mich akzeptierte, dass ich die Börsenkurse von morgen nicht kontrollieren kann, änderte sich meine komplette Einstellung über das Trading, aber auch meinen Investmentansatz.

Ich betrachtete das Trading nun mehr als ein strategisches Spielen von Wahrscheinlichkeiten und reagierte fortan ganz anders, wenn ich einen Verlust einfuhr.

Beim Investieren akzeptierte ich, dass die Wahrscheinlichkeit, die nächste Amazon- oder Apple-Aktie zu finden, der sprichwörtlichen Suche einer Nadel im Heuhaufen gleicht und ich meine Zeit sinnvoller einsetzen kann. Heute investiere ich daher in möglichst viele Aktien gleichzeitig, z.B. mit Indexfonds (ETFs). Und eine von den tausenden Aktien in meinem Depot wird sich bestimmt auch verzehnfachen, eine andere dafür mit Sicherheit aber auch auf Null fallen.

2) Weniger ist mehr

Wir kommen ja meist mit der Vorstellung an die Börse, dass man dort, um erfolgreich zu werden, ein Adrenalin- und Nachrichtenjunkie sein müsste.

Das Problem ist, dass unser frühes Bild über das Trading von den Aufnahmen der großen Börsenplätze, z.B. der New York Stock Exchange, geprägt ist, wo hunderte Leute in Telefone schreiend wie angestochene Hühner durcheinander laufen. Die Wahrheit ist jedoch, dass diese Trader im Fernsehen Händler sind, die ihr Geld überwiegend mit Kommissionen, also Börsengebühren und nicht mit Kursgewinnen verdienen. Diese Trader müssen natürlich den ganzen Tag an ihren Schirmen sitzen, da es manchmal Stunden oder Tage dauern kann, um eine große, millionenschwere Order marktschonend durchzuhandeln. Diese Händler müssen auch den ganzen Tag am Telefon hocken, falls der Kunde (meist ein Fondsmanager) anruft und wissen will, ob die Position schon durchgehandelt wurde.

Meiner Erfahrung nach müssen aber Trader, die ihr Geld mit Kursgewinnen verdienen wollen, nur einen Bruchteil der Zeit an den Märkten verbringen (es sei denn man versucht sich in dem Minuten-Ping-Pong der Daytrader).

Wie ich im Artikel: Weniger ist mehr: Overtrading vermeiden beschrieben habe, gibt es gute Strategien um „Over-Trading“ zu vermeiden und damit selektiver und entspannter zu handeln.

3) Ausgleich durch Sport, Freunde und Familie

Ich habe in den letzten Jahren ein paar professionelle Händler und Investoren kennenlernen dürfen.

Das Spanennde daran war, dass diese Menschen entweder richtige Sport-Freaks oder ausgesprochene Familienmenschen waren. Ich bin heute der Überzeugung, dass wir einen Ausgleich zu dem Stress der Finanzmärkte brauchen.

Manchmal brauchen wir auch einfach etwas Zerstreuung oder Ablenkung, um die durch die Märkte ausgelösten Emotionen verblassen zu lassen. Hatten wir eine nervige Reihe von Verlusstrades, dann ist es besser, davon Abstand zu nehmen, als sich weiter hineinzusteigern. Denn das führt unweigerlich zu weiteren schlechten Entscheidungen. Investieren wir langfristig und die Börse ist gerade im Keller, dann ist es das Beste, nicht alle „Horror-Szenarien“ der Presse zu lesen, sondern sich davon zu distanzieren und zu warten, bis das Gewitter vorüber ist.

Wie ich hier beschrieben habe, geht es an der Börse nicht nur um unser Fachwissen oder die besten Strategien, sondern vor allem um unsere Einstellung, wie wir mit der ständigen Schwankung unseres Kapitals umgehen. Das ist die wahre Herausforderung und auch der Grund, warum so viele Menschen der Börse irgendwann wieder den Rücken kehren.

Die Kunst loszulassen, zu akzeptieren, dass wir die Märkte nicht beherrschen können, sondern einfach geduldete Mitfahrer sind, ist wohl die größte Aufgabe, die wir bestehen müssen, um entspannte und gute Trader zu werden.

Viele Grüße
Jakob Penndorf

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Jakob Penndorf
Jakob Penndorf

Jakob Penndorf teilt seit 2015 seine Expertise als Finanz- und Tradingexperte auf GodmodeTrader und Guidants, den Finanzportalen der BörseGo AG. Er startete seine Karriere als Börsenhändler und Analyst bei einer Wertpapierhandelsbank, war Berater und Fondsmanager für Asset Manager in Frankfurt am Main und Gründer eines Finanztechnologie-Unternehmens in Berlin. Jakob Penndorf hat zahlreiche Lehrgänge absolviert, u.a. ist er akkreditierter Berater der namhaften Investmentgesellschaft Dimensional Funds Advisors (DFA) aus den USA, deren Vorstand und Verwaltungsrat führende Finanzforscher wie Kenneth French, Roger Ibbotson oder Eugene Fama angehören. Jakob Penndorf veröffentlichte zahlreiche Fachartikel über Börsenstrategien, Anlegerverhalten und technische Handelssysteme. Er trainiert Unternehmer, Börsenhändler und Investoren im Umgang mit Risiken an den Finanzmärkten.

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