Geduld und das Nicht-Trading: weniger ist manchmal mehr!
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Zum anderen aber auch daran, dass Trader mit zu vielen Trades permanent Gefahr laufen, ihre wenigen guten Deals zu zerstören.
“Most successful investors, in fact, do nothing most of the time.”
„In Wirklichlichkeit machen die meisten erfolgreichen Anleger die meiste Zeit gar nichts.“
- Jim Rogers (ehemaliger Hedgefonds-Manager u.a. mit George Soros)
Es ist wohl eine der am meisten gegebenen Empfehlungen, die ich auch von anderen erfolgreichen Tradern hören und lesen durfte, so z.B. von Paul Tudor Jones oder dem legendären Jesse Livermore.
Man mag es erstmal nicht glauben (da unser Bild von der Börse anfangs von diesen schreienden Männchen vor Computern in Handelssälen geprägt ist), aber eher passive, zurückhaltende Anleger sind langfristig erfolgreicher.
Das betrifft sowohl die Auswahl eines Investments oder Trades, als auch die Durchführung eines Börsengeschäftes.
Einen guten Trader kann man mit einem Auftragskiller vergleichen.
Der „Hitman“ nimmt nur gelegentlich einen lukrativen Auftrag an, plant im Geheimen und führt seine Arbeit dann zügig, professionell und systematisch durch.
Danach kehrt er wieder in sein unauffälliges Leben zurück.
Viel spannender ist aber, was ein Auftragskiller nicht macht.
Er nimmt nicht jeden Auftrag an. Er führt den Auftrag niemals sofort aus. Er steht nicht jeden Morgen auf und läuft ballernd durch die Gegend, sondern konzentriert sich auf wenige, gute Geschäfte. Er macht den Job auch nicht, weil er ein blutrünstiger Psychopath ist, sondern wegen des Verdienstes und einer ehrbaren Mission (...naja jedenfalls in der Welt von Hollywood).
Ich habe mich früher oft in kleinen Trading-Scharmützeln verfangen und das an Tagen, wo ich eigentlich keinen so richtigen Plan hatte, aber Lust hatte zu traden.
Aus den anfänglichen "Scharmützeln" sind dann oft verbissene Trading-Gefechte geworden, die sich manchmal über Tage hinweg zogen. In solche Situationen manövrierte ich mich vor allem dann, wenn ich zuvor einen großen Treffer hatte. Dann ist die Motivation größer zu traden, im Gehirn sind alle Rezeptoren auf Empfang gestellt und singen: „Money, Money, Money.“
Der Wall Street-Coach Dr. Brett Steenbarger hat eine interessante Methode, die er seinen Klienten in den Eigenhandelsabteilungen der Banken empfiehlt, um deren Trefferquote zu erhöhen.
Die Trader sollen ihre durchschnittliche Tradinganzahl, pro Tag, pro Woche, pro Monat (je nach Handelsstil) berechnen und diese durch zwei teilen. Das Ergebnis ist dann das Maximum der erlaubten Transaktionen pro Tag oder pro Woche. Dieses Verfahren ist zwingend einzuhalten, bis das Trading sich verbessert hat.
In einer Studie von Stiftung Warentest (1) erzielten zwar sehr aktive Investoren die höchste Rendite, jedoch nur vor Kosten. Da bei jeder Transaktion Kosten für An- und Verkauf anfallen, drücken die Tradingkosten oftmals schnell die Rendite. Nach Kosten waren die sehr aktiven Investoren mit Abstand die schlechteste Testgruppe, wohingegen passive Investoren die beste Rendite nach Kosten erzielten.
Das Warten auf Setups ist für mich mittlerweile eine der größten Herausforderungen im Trading.
Ich glaube auch hier wieder einmal nicht, dass es bei der Wahl der richtigen Trading-Frequenz eine Musterlösung für jeden Anleger gibt.
Es ist das ständige Abwägen zwischen dem Drang einer Idee nachzugehen und dem manchmal zermürbenden Lauern auf die Situation mit dem entscheidenden Vorteil.
Das fällt mir besonders schwer, weil ich kein besonders geduldiger Mensch bin. Wenn ich etwas haben will, dann bitte sofort.
Ein Weg mit dieser Ungeduld produktiv umzugehen, ist mit meinen Positionsgrößen zu arbeiten.
Wenn ich den Drang verspüre zu handeln, aber nicht das unschlagbare Gefühl des sicheren Vorteils auf meiner Seite habe, dann gehe ich eben nur mit einer halben Positionsgröße oder nur mit einem Kontrakt in den Markt. Wenn es gut geht, habe ich dem „Affen in meinem Kopf etwas Zucker gegeben“ und wenn es daneben geht, ok, dann ist das so.
Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass sich manchmal erst im Laufe eines Trades neue Perspektiven eröffnen.
Kennen Sie das Gefühl?
Ein Trade entwickelt sich z.B. in die gewünschte Richtung und gibt eine absolute Bestätigung, dass das Ziel auf jeden Fall erreicht wird. Dann kann man die Positionsgröße gegebenenfalls aufstocken, wenn die Gewissheit dazukommt.
Oder manchmal hat ein kleiner Verlust dazugeführt, dass ich meine komplette Erwartungshaltung an den Markt auf den Kopf stellte und erst dadurch gesehen habe, welche Dinge zusammenliefen um einen guten Trade zu platzieren.
In dem Moment, in dem ich im Markt drin bin, erhöht sich nämlich meine Konzentration ungemein.
Manchmal ist ein Trade so spannend, dass man feststellt, gerade zwei Stunden in verkrampfter Haltung auf den Kurs geglotzt zu haben.
Hat jeder schon erlebt. Besser als jeder Thriller im Fernsehen.
Viele Grüße
Jakob Penndorf
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(1) Anlagefehler vermeiden: Nicht zu viel umschichten. Anlagefehler-Serie auf www.test.de vom 18.11.2014.
Sehr gut beschrieben. Wenn ich mir ansehe was die Trader in den Streams so schreiben dann ist die Ungeduld, sofort, wieso denn nicht jetzt, es fällt doch, es steigt doch, ich gehe Short, ich gehe Long (zum gleichen Zeitpunkt!), die Realität. 4-5 sorgfältig geplante trades im Jahr reichen aus. Aber wer schafft das schon?
Um Ihnen eine ehrliche Antwort zu geben: Ich empfehle in solchen Fällen dringen die Inanspruchnahme einer Spielsucht Beratung, denn Sie sind spielsüchtig. Meiner Meinung nach gehört dieser Hinweis ohnehin auf diese Seite aber das stört dann wohl das Geschäftsmodell.