Wissensartikel
13:54 Uhr, 09.04.2013

Bitcoins: Ein genauerer Blick (I)

Bitcoins sind derzeit in aller Munde. Diese virtuelle Währung hat im vergangenen Jahr gegenüber dem Dollar extrem an Wert gewonnen. Wir haben uns auf GodmodeTrader.de bereits in der vergangenen Woche mit diesem Thema beschäftigt (Link) und wollen in diesem Artikel n

Bitcoins sind derzeit in aller Munde. Diese virtuelle Währung hat im vergangenen Jahr gegenüber dem Dollar extrem an Wert gewonnen. Wir haben uns auf GodmodeTrader.de bereits in der vergangenen Woche mit diesem Thema beschäftigt (Link) und wollen in diesem Artikel nun die Funktionsweise des Zahlungssystems etwas genauer erläutern. In der kommenden Woche werden wir uns dann mit der Frage beschäftigen, ob Bitcoins wirklich so zukunftsfähig sind, wie es die Befürworter des elektronischen Gelds behaupten.

Bitcoins sind eine virtuelle elektronische Währung die von einem Entwickler oder einer Entwicklergruppe unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto im Jahr 2009 im Internet vorgestellt wurde. Bitcoins basieren auf einem Protokoll, das „Open Source“ ist. Das Protokoll ist also frei verfügbar und darf von Softwareentwicklern völlig ohne Einschränkungen weiterverwendet werden. Wer als Benutzer Bitcoins einsetzen will, muss dafür nicht etwa ein bestimmtes Programm verwenden. Es gibt eine Auswahl unterschiedlicher Bitcoin-Clients, die von unterschiedlichen Entwicklern stammen, die aber alle das gleiche Format befolgen. Das System der Bitcoins ist dabei völlig dezentral organisiert. Es gibt keinen zentralen Server, auf dem beispielsweise ein Guthabenkonto geführt werden müsste oder der Transaktionen zwischen unterschiedlichen Bitcoin-Nutzern überwacht.

Wer Bitcoins benutzen will, muss nur eine sogenannte Wallet (engl. für Brieftasche) auf seinem Rechner oder Smartphone installieren. Es handelt sich bei der Wallet um das digitale Äquivalent einer Brieftasche. In der Wallet werden also virtuelle Guthaben gespeichert. Es ist keine Anmeldung o.ä. erforderlich, um Bitcoins empfangen oder zahlen zu können. Für Transaktionen reicht es völlig aus, eine Adresse des Empfängers zu kennen. Ein Empfänger kann dabei beliebig viele Adressen besitzen. Die Adressen können mit einer Bitcoin-Wallet generiert werden und sind völlig anonym. Anhand der Adresse ist nicht ersichtlich, welchem Benutzer sie gehört.

Die Einheiten der Bitcoins selbst werden oft als bitcoins (Kleinschreibung!) oder BTC bezeichnet. Es handelt sich um bestimmte kryptographische Schlüssel, die in einer Bitcoin-Wallet gespeichert werden. Eine Bitcoin-Einheit kann beispielsweise auf der heimischen PC-Festplatte oder einem USB-Stick deponiert und kopiert werden. Auch Sicherheitskopien sind möglich: Eine bestimmte Geldeinheit kann gleichzeitig auf einer Computerfestplatte und aus Sicherheitsgründen zusätzlich auf einem USB-Stick gespeichert werden.

Bitcoins existieren nur in Datenform, und Daten können beliebig oft kopiert werden. Das sorgt für besondere Herausforderungen. Zum Beispiel muss verhindert werden, dass Nutzer A seine Bitcoins einfach mehrfach ausgibt. Da Nutzer A die Bitcoins in Form eines bestimmten Datenschlüssels zum Beispiel auf seiner Festplatte liegen hat, könnte er auf die Idee kommen, mit demselben BTC sowohl bei Händler A als auch bei Händler B einzukaufen. Das Bitcoin-System versucht, solche Modifikationen durch ein besonderes Verfahren zu verhindern. Jede Transaktion, die ausgeführt wird, wird nicht nur auf den beiden involvierten Netzwerkknoten gespeichert, sondern auf ALLEN Knoten des Systems. Kernstück des Bitcoins-Systems ist die sogenannte „Blockchain“. Es handelt sich dabei um eine Liste aller ausgeführten Transaktionen, die dezentral auf allen Bitcoin-Clients gespeichert wird.

Zahlt also Kunde XYZ mit einem bestimmten Bitcoin bei Händler A, so erfahren auch alle anderen an das Netzwerk angeschlossenen Knoten davon. Dabei werden aber natürlich nur die involvierten Adressen weitergegeben – welcher Kunde und welcher Händler dahinter stecken, ist für die anderen Knoten nicht erkennbar. Aus allen Transaktionen die ausgeführt werden, wird eine offizielle Transaktionsliste erstellt. Dabei sorgt das Netzwerk automatisch dafür, dass diese Liste immer kohärent ist, also dass es nur eine offizielle Liste gibt und sich die Listen unterschiedlicher Knoten nicht unterscheiden. Gibt Kunde XYZ seinen Bitcoin also bei Händler A aus, so erfahren auch alle anderen Knoten davon. Versucht Kunde XYZ seinen Bitcoin ein zweites Mal auszugeben, zum Beispiel bei Händler B, dann erkennt das Netzwerk automatisch, dass ein Fehler vorliegt. Das Netzwerk weiß anhand der Transaktionsliste, dass Kunde XYZ den bestimmten Bitcoin gar nicht mehr besitzt, ihn also auch nicht mehr ausgeben kann. Die Transaktion wird dann zurückgewiesen. Die Entscheidung, ob eine Transaktion legitim oder illegitim ist, wird dabei nicht von einem einzelnen Server getroffen, sondern von sehr vielen bzw. allen Knoten des Netzwerks. Dadurch wird verhindert, dass durch das Hacken eines bestimmten Servers die Transaktionshistorie verändert werden kann. Die offizielle Transaktionsliste, die alle Transaktionen in einer offiziellen Reihenfolge enthält, kann nachträglich nicht mehr verändert werden. Transaktionen, die längere Zeit in der Vergangenheit liegen, sind also irreversibel.

Der Prozess der Konsensherstellung zwischen den verschiedenen Knoten, welche Transaktionen legitim sind und welche nicht, wird als Mining bezeichnet. Mining ist gleichzeitig aber auch ein Verfahren, mit dem mit der Zeit neue Geldeinheiten erzeugt werden. Zur Erzeugung neuer Bitcoins ist dafür absichtlich viel Rechenpower notwendig. Bitcoins werden erzeugt, indem mathematische Berechnungen, die sehr viel Rechenpower erfordern, von den Bitcoin-Clients „gelöst“ werden. Sobald ein solches Problem gelöst wird, wird ein neuer Block in der Blockchain erstellt. Jeder neue Block ist mit einem bestimmten Wert an neuen Münzen verbunden, der dem Berechner des Blocks gutgeschrieben wird. Dieser Betrag halbiert sich alle vier Jahre. Aktuell werden für jeden Block 25 BTC gutgeschrieben, ursprünglich waren es 50 BTC. Spätere Blöcke werfen also viel weniger BTCs ab als frühe Blöcke. In den ersten vier Jahren des Bitcoin-Netzwerkes wurden insgesamt 10,5 Mio. BTC geschaffen. Aktuell existieren 11,01 Mio BTC. Die Höchstmenge der Bitcoins ist auf 21 Mio BTC. beschränkt. Diese Höchstmenge wird erst im Jahr 2140 erreicht.

Die Prozess des Mining soll an den natürlichen Vorgang der Goldförderung erinnern: Wie bei der Goldförderung muss Arbeit investiert werden, um neue Einheiten des Zahlungsmittels zu erzeugen. Im Falle der Bitcoins besteht diese Arbeit aus Rechenarbeit. Das System ist dabei so organisiert, dass mit fortschreitender Zeit immer mehr Rechenpower notwendig ist, um zusätzliche Einheiten des Zahlungsmittels zu erzeugen. Gleichzeitig ist das Mining stark zufallsabhängig, weil im Vorhinein nie genau gesagt werden kann, wie lange die Lösung eines Blocks dauert.

Das Bitcoins-System sorgt natürlich für unzählige rechtliche, wirtschaftliche und politische Probleme, die noch nicht ansatzweise gelöst sind. Zum Beispiel ist der Transport von Bargeld über Grenzen hinweg zum Teil streng reguliert, um Steuerhinterziehung zu verhindern. Man stelle sich einmal vor, dass ein Steuerhinterzieher in Deutschland nicht mehr sein Bargeld in seinem Kraftfahrzeug versteckt und in die Schweiz schmuggelt, sondern einfach eine Menge an Bitcoins an eine Schweizer Adresse überweist. Weil eine Adresse weder einer Person noch einer bestimmten Lokalität zugeordnet werden kann, gibt es für die Behörden nicht die geringste Chance, diese Transaktion aufzudecken.

Der größte Nachteil von Bitcoins ist gleichzeitig aber ihr größter Vorteil: Es handelt sich um ein Zahlungssystem, das von keiner staatlichen oder sonstigen Stelle kontrolliert werden kann, weil es völlig dezentral organisiert ist. Staaten und ihre Zentralbanken verlieren also die Kontrolle über das Zahlungssystem. Ob man das eher als großen Vorteil oder als großen Nachteil begreift, ist subjektiv stark unterschiedlich. In einer Welt, die immer stärkeren staatlichen Kontrollen unterworfen ist und in der Bankguthaben vor willkürlicher staatlicher Beschlagnahmung (siehe Zypern) nicht mehr geschützt sind, sehe ich die Anonymität und Nicht-Kontrollierbarkeit des Bitcoin-Zahlungssystems aber eher als großen Vorteil.

Allerdings gilt das natürlich nur, solange man der Integrität des Systems vertraut. Denn sollte das Bitcoin-System trotz aller Sicherheitsvorkehrungen irgendwann gehackt werden können (was IT-Experten als praktisch unmöglich ansehen), könnten Bitcoin-Guthaben mit einem Mal ihren Wert verlieren, weil unter Umständen nicht mehr zwischen legitimen und illegitimen Guthaben unterschieden werden könnte. Welche Meinung man persönlich vom Bitcoin-System hat, hängt also auch stark davon ab, als für wie sicher man es erachtet. Diese Frage kann aber eigentlich nur von IT-Experten und Mathematikern zufriedenstellend beantwortet werden.

Das größte Problem der Bitcoins dürfte aber ganz sicher sein, dass sich ihre Verbreitung und damit auch ihre Akzeptanz bisher sehr stark in Grenzen halten. Ein Zahlungsmittel kann aber eigentlich nur dann als Währung bezeichnet werden, wenn es allgemein akzeptiert wird. Dass das System der Bitcoins die notwendige Akzeptanz jemals erreichen wird, um als allgemeingültiges Zahlungsmittel akzeptiert zu werden, ist aber ziemlich unwahrscheinlich. Mit der Frage der Zukunftsfähigkeit der Bitcoins werden wir uns in der kommenden Woche etwas ausführlicher beschäftigen.

Oliver Baron

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Über den Experten

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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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