Wissensartikel
12:28 Uhr, 20.02.2018

Aktien und Optionen: Die Reparatur-Strategie

Strategien, bei der Optionsscheine im Rahmen des Risiko-Managements zum Einsatz kommen, wurden in der Beitragsreihe bereits vorgestellt. In diesem Teil folgt eine Strategie, mit der bereits in die Verlustzone geratene Positionen „repariert“ werden können.

Die Umsetzung dieser Strategie erfordert jedoch die Möglichkeit, “echte“ Optionen an einer Terminbörse handeln zu können.

Unterschied zwischen Optionsscheinen und Optionen

Lassen Sie uns zunächst noch einmal den Unterschied zwischen Optionsscheinen und Optionen in Erinnerung rufen. Im Gegensatz zu Optionsscheinen sind Optionen Terminmarktinstrumente, die überhaupt erst durch die Übereinstimmung eines Angebots und einer Nachfrage zustande kommen. Optionsscheine hingegen werden von einem Emittenten in verbriefter Form ausgegeben und sind wie Aktien über eine Börse oder im außerbörslichen Direkthandel handelbar. Optionen können nur über eine Terminbörse wie zum Beispiel die EUREX gehandelt werden. Dadurch sind sie vielen Privatanlegern nicht so einfach zugänglich wie Optionsscheine. Im Gegensatz zu Optionsscheinen kommt es bei Optionen bei einer Ausübung oder am Laufzeitende in der Regel zu einer Lieferung des Basiswertes.

Grundlegendes

In Fällen, in denen eine Position in die Verlustzone geraten ist, stellt sich die Frage nach der weiteren Vorgehensweise.

Viele Strategien und Lehrbücher sehen an diesem Punkt die Verlustbegrenzung, meist durch einen im Vorfeld gesetzten Stop Loss, vor. Eine spekulativere Möglichkeit für solche Fälle ist das Reduzieren des durchschnittlichen Einstiegskurses durch Ausweitung der Position (“verbilligen“). Damit einher geht jedoch nicht nur das Risiko einer Verlustausweitung, sondern auch ein zusätzlicher Kapital- bzw. Margin-Bedarf. Mit der im folgenden vorgestellten Strategie soll letzteres vermieden werden. Die Lösung findet sich im Optionshandel. Durch den gleichzeitigen Kauf von Optionen am Geld und den Verkauf von aus dem Geld liegenden Optionen entsteht eine Position, die weder zusätzlichen Kapitalaufwand noch das Schreiben ungedeckter Optionen erfordert.

Beispiel 1: Reparatur einer Long-Position

Stellen Sie sich vor, Sie haben 500 Aktien der Beispiel AG zum Kurs von 95 Euro gekauft. Nach einiger Zeit notieren die Aktien nur noch bei 85 Euro. Dennoch rechnen Sie weiterhin mit mittelfristig steigenden Kursen.

Anstatt den durchschnittlichen Einstiegskurs zu senken, indem Sie weiteres Kapital aufwenden, um 500 zusätzliche Aktien zu kaufen, können Sie wie folgt verfahren.

Sie kaufen 5 Call-Kontrakte (entsprechend 500 Aktien) auf Beispiel AG mit Strike-Preis 85 Euro (am Geld) und ungefähr 100 Tagen Restlaufzeit. Dabei haben die Calls einen Kurs von 5,00 Euro. Gleichzeitig verkaufen Sie 10 Call-Kontrakte auf Beispiel AG mit Strike-Preis 90 Euro (aus dem Geld) und identischer Restlaufzeit zu einem Kurs von 2,50 Euro.

Im Ergebnis haben Sie außer Gebühren kein weiteres Kapital eingesetzt. Der Kauf der 5 Beispiel AG Call-Kontrakte mit Strike-Preis 85 Euro wurden komplett durch den Verkauf der 10 Beispiel AG Call-Kontrakte mit (höherem) Strike-Preis bei 90 Euro finanziert.

Nun fragen Sie sich vielleicht, ob Sie bei dieser Transaktion nicht im Ergebnis 5 ungedeckte Call-Kontrakte verkauft haben. Dies ist nicht der Fall. Während die eine Hälfte der Kontrakte durch die 5 gekauften Call-Kontrakte gedeckt ist, ist die andere Hälfte durch die Aktienposition gedeckt, da die 500 Beispiel AG Aktien 5 Kontrakten entsprechen. Nun sind verschiedene Szenarien denkbar (Tabelle 1).

Tabelle 1) Reparatur einer Long-Position

Die Tabelle zeigt die Entwicklung der “reparierten“ Aktien-Position aus Beispiel 1 bei verschiedenen Aktienkursen jeweils am Laufzeitende der Optionen. Der Aufbau der Aktien-Position erfolgte zu einem Kurs in Höhe von 95 Euro.

Aktienkurs Aktien-Position Long Call-Optionen Short Call-Optionen Ergebnis
80 EUR - 7500 EUR - 2500 EUR + 2500 EUR - 7500 EUR
85 EUR - 5000 EUR - 2500 EUR + 2500 EUR - 5000 EUR
90 EUR - 2500 EUR 0 EUR + 2500 EUR 0 EUR
95 EUR 0 EUR + 2500 EUR - 2500 EUR 0 EUR
100 EUR + 2500 EUR + 5000 EUR - 7500 EUR 0 EUR

Sollte der Aktienkurs weiter fallen, stellt sich die Situation genauso dar, als wenn Sie lediglich an Ihrer ursprünglichen Position festgehalten hätten. Dies ist deshalb der Fall, weil Ihre geschriebenen Call-Optionen nicht ausgeübt werden und Ihre gekauften Call-Optionen wertlos verfallen würden – im Ergebnis auswirken würde sich also nur die Entwicklung Ihrer Aktienposition.

Sollte der Aktienkurs steigen, ist zwischen zwei Fällen zu unterscheiden. Bei einem Kursanstieg auf maximal 90 Euro, also nicht höher als der Strike-Preis der verkauften Call-Optionen, führt die Strategie zu einer Reduzierung des durchschnittlichen Einstiegskurses auf 90 Euro, ähnlich wie bei einer Aufstockung der Aktienposition. Sie hätten durch die gekauften Call-Optionen nämlich das Recht, 500 weitere Aktien zu 85 Euro zu kaufen, obwohl diese bereits bei 90 Euro notieren. Bei Kursanstiegen über den Strike-Preis der geschriebenen Call-Optionen hinaus, also über 90 Euro, würde die Strategie zwar weiterhin zu dem zuvor beschriebenen Effekt der Verbilligung der Aktienposition führen, würde jedoch Gewinne oberhalb des Strike-Preis der geschriebenen Call-Optionen verhindern.

Die Strategie wirkt in solchen Fällen also wie ein Cap. Falls Sie jedoch an der Aktienposition über das Laufzeitende der Optionen festhalten möchten, empfiehlt es sich, die Optionspositionen kurz vor Laufzeitende aufzulösen, damit Sie nicht Ihre Aktien an den Käufer Ihrer geschriebenen Call-Optionen herausgeben müssen.

Beispiel 2: Reparatur einer Short-Position

Als Beispiel für eine Short-Position stellen Sie sich nun vor, Sie hätten die 500 Beispiel AG Aktien zu einem Kurs von 95 Euro leer verkauft, da Sie hoffen, von fallenden Kursen profitieren zu können.

Jedoch steigt der Kurs nach einiger Zeit auf 105 Euro. Sie halten aber an Ihrer Annahme fest und rechnen mit mittelfristig fallenden Kursen. Wie auch bei einer Long-Position bestünde die Möglichkeit, Ihren durchschnittlichen Einstiegskurs zu verbessern, indem Sie Ihre Position vergrößern. Durch das theoretisch unbegrenzte Verlustrisiko bei einer Short-Position wäre eine solche Vorgehensweise hier jedoch besonders riskant.

Eine sinnvolle Alternative könnte deshalb die Anwendung einer Reparatur-Strategie sein. Umgesetzt wird diese jedoch nicht wie im Beispiel oben durch den gleichzeitigen Kauf und Verkauf von Call-Optionen. Statt dessen werden hier 5 Put-Kontrakte auf Beispiel AG mit einem Strike-Preis von 105 Euro (am Geld) und ungefähr 100 Tagen Restlaufzeit gekauft und 10 Put-Kontrakte mit Strike-Preis von 100 Euro (aus dem Geld) und identischer Restlaufzeit verkauft.

Auch hier wird der Leerverkauf der aus dem Geld liegenden Optionen den Kauf der Optionen am Geld finanzieren – und auch hier ist die eine Hälfte Ihrer Leerposition durch die gekauften Optionen und die andere Hälfte durch die bereits bestehende Aktien(-Short)-Position abgedeckt. Die verschiedenen Szenarien, die nach Eröffnung dieser Reparatur-Position denkbar sind, zeigt Tabelle 2.

Tabelle 2) Reparatur einer Short-Position

Die Tabelle zeigt die Entwicklung der “reparierten“ Short-Position aus Beispiel 2 bei verschiedenen Aktienkursen jeweils am Laufzeitende der Optionen. Der Aufbau der Short-Position erfolgte zu einem Kurs in Höhe von 95 Euro.

Aktienkurs Short-Aktien-Position Long Put-Optionen Short Put-Optionen Ergebnis
110 EUR - 7500 EUR - 2500 EUR + 2500 EUR - 7500 EUR
105 EUR - 5000 EUR - 2500 EUR + 2500 EUR - 5000 EUR
100 EUR - 2500 EUR 0 EUR + 2500 EUR 0 EUR
95 EUR 0 EUR + 2500 EUR - 2500 EUR 0 EUR
90 EUR + 2500 EUR + 5000 EUR - 7500 EUR 0 EUR

Zur Erläuterung: Sollte der Kurs der Beispiel AG Aktien weiter steigen, stellt sich die Situation so dar, als wenn Sie lediglich an Ihrer ursprünglichen Position festgehalten hätten – Ihre geschriebenen Optionen würden nämlich nicht ausgeübt werden und Ihre gekauften Optionen würden wertlos verfallen. Bei fallenden Aktienkursen, ist zwischen zwei Fällen zu unterscheiden.

Bei einem Rückgang auf maximal 100 Euro, also nicht tiefer als der Strike-Preis der verkauften Put-Optionen, führt die Strategie zu einer Erhöhung des durchschnittlichen Erlöses aus dem Leerverkauf auf 100 Euro pro Aktie, ähnlich wie bei einer Ausweitung der Aktien-Short-Position. Sie hätten durch die gekauften Put-Optionen nämlich das Recht, 500 weitere Aktien zu 105 Euro zu verkaufen, obwohl diese bereits nur noch bei 100 Euro notieren.

Bei Kursrückgängen unter den Strike-Preis der geschriebenen Put-Optionen hinaus, also unter 100 Euro, würde die Strategie zwar weiterhin zu dem zuvor beschriebenen Effekt der Verbesserung der Aktien-Short-Position führen, würde jedoch Gewinne unterhalb des Strike-Preis der geschriebenen Put-Optionen verhindern. Die Strategie wirkt also auch hier wie ein Cap.

Falls Sie jedoch die Aktien-Short-Position über das Laufzeitende der Optionen hinaus aufrecht halten möchten, empfiehlt es sich, die Optionspositionen kurz vor Laufzeitende aufzulösen, damit Sie nicht Aktien vom Käufer Ihrer geschriebenen Put-Optionen abnehmen müssen.

Besonderheit bei volatilen Basiswerten

Bei sehr volatilen Basiswerten kann es gelingen, durch die Strategie nicht nur den durchschnittlichen Einstiegskurs zu senken sondern zusätzlich durch die geschriebenen Optionen einen Gewinn zu erzielen, der dann als Puffer für theoretische Kursverluste der Basiswertposition dienen kann. Sollte also vom Erlös der geshorteten Optionen nach Abzug der Anschaffungskosten der gekauften Optionen ein Überschuss verbleiben, ließen sich mit diesem Verluste der Aktienposition ausgleichen.

Die Anzahl der gekauften Optionen muss stets der Größe der bestehenden Aktienposition entsprechen. Wenn Sie also, wie im Beispiel, 500 Aktien besitzen und 1 Kontrakt 100 Aktien entspricht, müssten Sie 5 Kontrakte kaufen. Gleichzeitig müssten Sie nach Optionen mit einem Strike-Preis aus dem Geld suchen, deren Kurs mindestens halb so hoch ist, wie der Kurs der gekauften Optionen. Von diesen Optionen kaufen Sie dann eine doppelt so große Anzahl wie die Anzahl der am Geld liegenden Optionen, die Sie gekauft haben. Dadurch können Sie dann, unter Berücksichtigung der Gebühren, die Anschaffungskosten der gekauften Optionen nahezu ausgleichen oder sogar einen kleinen Überschuss erzielen.

Wie der Name Reparatur-Strategie bereits nahelegt, dient diese Strategie der Verlustbegrenzung. Erreicht wird dies durch eine Vorverlegung des Break Even, mittels Verbesserung des durchschnittlichen Einstiegskurses. Im Gegensatz zu einer reinen Positionsaufstockung wird dies jedoch ohne eine Ausweitung des Risikos und des Kapitalbedarfs erreicht. Erkauft wird sich dieser Vorteil jedoch durch einen Verzicht auf Gewinne. Das beste Ergebnis, das der Trader mit dieser Strategie erreichen kann, ist in der Regel ein Ausgleich der angelaufenen Verluste. Er kann jedoch versuchen, die Options-Positionen vor einer Ausübung glattzustellen und an der Aktien-(Short-)Position weiter festhalten.

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