Zypern-Rettung könnte Bonität der gesamten Eurozone negativ beeinflussen
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London/ Brüssel (BoerseGo.de) - Kräftige Ohrfeige aus London: Nach Einschätzung der Kreditspezialisten von Moody‘s wird die Zypern-Rettung negativ auf die Kreditbewertungen in der Eurozone ausstrahlen. Das Krisenmanagement der Regierungen der Euro-Zone bei der Zypern-Rettung sei stümperhaft gewesen, konstatiert Moody's-Experte Bart Oosterveld in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Dass die Sparer einen Beitrag zur Sanierung der Banken leisten müssen, könnte als gefährlicher Präzedenzfall aufgefasst werden.
Oosterveld zufolge kann auch ein Übergreifen der Krise auf weitere Euro-Länder nicht mehr aufgehalten werden. So könnten auch die Anleger in anderen Schulden-Staaten der Euro-Zone aus Angst um ihre Ersparnisse ihre Konten plündern, weil sie davon ausgehen, dass das Beispiel bei künftigen Krisen Schule machen könne. Italien werde genau beobachtet, eine baldige, handlungsfähige Regierungsbildung könnte der Bonität des Landes nur gut tun, so Oosterveld weiter. Mit der Bewertung der Bonität für Spanien sei man hingegen derzeit zufrieden.
Die Kollegen der kleineren Rating-Agentur Fitch haben ebenfalls auf die Zypern-Krise geantwortet und dem Land mit einer baldigen erneuten Herabstufung der Kreditwürdigkeit gedroht. Das bisherige Rating „B“ werde wegen des angeschlagenen Bankensektors unter verschärfte Beobachtung gestellt, teilte Fitch am Dienstag mit. Die Agentur bewertet Zypern aber weiter weniger negativ als S&P mit „CCC“ und Moody's mit „Caa3“.
Der luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker hat sich derweil besorgt über anti-europäische Stimmungen in den Mitgliedsländern geäußert. Die derzeit aufkommenden Nationalismen zeigten, wie fragil die europäische Konstruktion trotz der Erfolge der vergangenen Jahrzehnte sei, sagte der ehemalige Vorsitzende der Euro-Gruppe im Interview mit dem „General-Anzeiger“ (Mittwoch). Das Ausmaß der Reaktionen überrasche ihn. Im Zusammenhang mit der Euro-Krise war es in etlichen südeuropäischen Ländern zu antideutschen Protesten gekommen. Der ursprüngliche Plan, die Kleinsparer in Zypern mit belangen zu wollen, war nach Ansicht von Juncker eine „Ungeschicklichkeit größeren Ausmaßes“, da das Vertrauen in das Bankensystem dadurch nachhaltig beschädigt worden sei.
Auch der Wirtschaftsweise Peter Bofinger hat das Rettungspaket für Zypern scharf kritisiert. Die Signalwirkung für den Rest des Euro-Raums sei fatal. „Das ist quasi ein Aufruf an die Anleger, ihr Geld abzuziehen, sobald sich auch nur die geringsten Probleme bei ihrer Bank zeigen“, sagte der Spitzenökonom gegenüber der „Passauer Neuen Presse“ (Mittwoch). Bofinger ging auch Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem, der betont hatte, künftig würden zunächst Banken selbst und Großanleger angesprochen, scharf an. „Die Äußerungen von Jeroen Dijsselbloem waren mehr als fahrlässig“, sagte er. Einlagen bei Banken müssten zu hundert Prozent sicher sein. Sonst funktioniere das Bankensystem nicht.
Laut dem zyprischen Finanzminister Michalis Sarris könnten im Zuge der Banken-Rettung reiche Anleger in Zypern etwa 40 Prozent ihrer Geldanlagen verlieren - als Beitrag zur Sanierung des Bankensektors. Er nannte dies im britischen Sender BBC eine „realistische Größenordnung“.
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