Kommentar
08:20 Uhr, 19.04.2022

Zumindest in der Theorie sollte der Markt steigen

Zinserhöhungen, Quantitative Tightening, Krieg, hohe Rohstoffpreise… an Gründen für einen Abschwung mangelt es nicht. Und trotzdem sollten Aktien steigen.

Wer lange genug sucht, findet für jeden Standpunkt Argumente. Als Anleger muss man diese am Ende abwägen und eine Entscheidung treffen. Derzeit muss zwischen wirtschaftlichen Sorgen und dem Sentiment abgewogen werden.

Wirtschaftlich deutet fast alles auf einen Abschwung hin. Abschwung ist allerdings nicht gleichbedeutend mit einer schweren Rezession, die den Aktienmarkt in die Knie zwingt. Die vergangenen zwei Jahre sind ein gutes Beispiel. Erst rutschte die Wirtschaft in eine Rezession. Lockdowns machten das unausweichlich.

Dem Einbruch folgte ein schneller Rebound. In Deutschland, Österreich und anderen Ländern kam es zum Jahreswechsel 2020/2021 gleich wieder zu einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung. In Deutschland war ein Quartal negativ, in Österreich waren es zwei, was formal der Definition einer Rezession entspricht.

Das Sommerhalbjahr 2021 verlief gut. Ende 2021 schrumpfte die Wirtschaft in Deutschland und Österreich und im ersten Quartal 2022 ist nur mit viel Glück negatives Wachstum zu verhindern. Wahrscheinlicher ist, dass wieder eine Rezession festgestellt wird.

Trotz zweier Rezessionen zeigte sich der Aktienmarkt unbeeindruckt. Anleger sitzen Rezessionen derzeit aus, anstatt auf sie zu reagieren. Ob das bei der nächsten, nicht durch die Pandemie verursachten Rezession immer noch so sein wird, bleibt abzuwarten. Die Aussage bleibt jedoch bestehen. Nicht jeder Abschwung ist für den Aktienmarkt eine Katastrophe.

Eine Katastrophe ist hingegen die Verbraucherstimmung in den USA. In Europa ist die Stimmung aufgrund des Krieges ebenfalls auf sehr tiefem Niveau. Generell gilt, dass Stimmung und Aktienmarkt positiv korreliert sind. Aktien steigen mit der Stimmung (Grafik 1), denn diese ist ein guter Indikator für Konsum und Wachstum.

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Derzeit ist die Stimmung nicht nur schlecht. Sie erreicht einen der tiefsten Werte der letzten 70 Jahre. Im Gegensatz zu früheren Zeiten konsumieren Verbraucher aber weiter. Die hohen Ersparnisse aus Lockdown-Zeiten und Konjunkturprogramme helfen. Das erklärt, weshalb Aktien der Stimmung nicht gefolgt sind. Konsumenten sagen das eine, tun aber das andere.

Dennoch ist die Stimmung ein wichtiger Indikator. Stimmungstiefs bedeuten, dass es praktisch nur besser werden kann. Sechs Monate nach einem Stimmungstief notiert der Aktienmarkt höher. Das gilt seit 1952 ausnahmslos. Ein Jahr später liegt die Trefferquote aufgrund einer Ausnahme nicht mehr bei 100 % (Grafik 2).

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Man kann der Historie entnehmen, dass Aktien bis zum Stimmungstief schwach tendieren. In den USA ist eine große Korrektur ausgeblieben, aber immerhin tendieren die Kurse seit Sommer 2021 seitwärts. In der Theorie spricht die katastrophale Stimmungslage für mittelfristig steigende Kurse.

Der Weg dorthin dürfte schwierig bleiben. Wirtschaftliche Sorgen sind berechtigt und werden sich auch nicht so schnell zerstreuen. Wir wissen auch nicht, ob das Stimmungstief bereits erreicht wurde oder ob es noch für ein, zwei Monate nach unten geht. Die nächsten Wochen dürften ruppig bleiben. Mittelfristig sind die Aussichten jedoch besser als es sich anfühlt.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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