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16:24 Uhr, 28.06.2018

Zum Start von Google Pay: Girocard, Maestro, V Pay einfach erklärt

Bezahlen über das Smartphone ist stark im Kommen. Dahinter steckt aber letztlich dann doch eine normale Bankverbindung oder eine Kreditkarte. Wichtige Begriffe ereklärt.

Kürzlich habe ich das erste Mal mit dem Smartphone bezahlt, und zwar an der Kasse eines EDEKA in München. (Genutzt habe ich die App "Glase")
Der Kassierer hat etwas ungläubig geschaut, als ich mich mit dem Telefon dem Kontaktlos-Terminal näherte.

Etwa eine Sekunde später war die Transaktion abgeschlossen - bei Summen bis 25 EUR braucht man nicht mal eine PIN. Einfacher geht es kaum.

Klar, die Karte ranhalten geht genauso. Aber ich kann jedenfalls für mich feststellen, dass ich diesen Weg komfortabler finde (zumal ich sehr oft meinen Geldbeutel nicht dabei habe, aber nie das Handy vergesse).

Google Pay kommt

Nun geht also mit Google Pay ein Riese in Deutschland an den Start - einem Land, das zu den letzten Industrienationen dieser Welt gehört, deren Bürger eisern am Bargeld festhalten. 2017 wurden immer noch satte 74 % der Transaktionen mit Münzen und Noten getätigt.

Der Trend weg vom Cash ist aber m.E. unaufhaltsam. Selbst wenn das Bargeld auch in den kommenden Jahrzehnten nicht abgeschafft würde; es gibt genug Möglichkeiten, den Bürgern die Nutzung unschmackhaft zu machen. Denken Sie nur an Gebühren bei Abhebung am Automaten und Barzahlung an der Kasse...es ist nur eine Frage der Zeit.

Die Argumente pro Bargeld (v.a. Anonymität) sind wohlbekannt und man kann dem kaum neue Aspekte hinzufügen. Am Trend wird es nichts ändern. Die Barzahlung ist ein Auslaufmodell, egal wie man das letztlich beurteilt.

Erfahrungsgemäß steht die Affinität zur unbaren bzw. sogar Smartphonezahlung in einem umgekehrten Verhältnis zum Alter. Ist also nicht nur sprichwörtlich eine Frage der Zeit...

Doch kommen wir zurück zum Anlass des Artikels.

Der Internetgigant Google startet sein Angebot mit einer sehr geringen Zahl von Partnern und man kommt nicht umhin, sich Gedanken über die Zusammensetzung der Startriege zu machen.

Mit N26, Boon (Wirecard), Revolut (kommt bald) sind relativ junge Fintechs beim Start dabei. Immerhin sind Commerzbank, Tochter Comdirekt und die LBBW auch an Bord.

Aber sonst: Erstmal gähnende Leere. Wo sind die ganzen deutschen Banken, wenn es um Innovationen geht?

Angesichts der Tatsache, dass NFC-fähige Kassenterminals schon eine Weile weitverbreitet sind, kann es an der Technik kaum liegen.

Immerhin wollen die Sparkassen Ende Juli eine eigene App in den Google Play Store bringen (Apple macht es Drittanbietern wegen einer beschnittenen NFC-Schnittstelle schwer, schließlich soll das eigene Apple Pay promotet werden). Dann ist wirklich ein Massenmarkt aktiviert, denn die dahinter stehende Girocard ist in Deutschland extrem weit verbreitet. Es gibt über 100 Millionen Girocards. Auch die Volks-und Raiffeisenbanken kommen noch im Sommer mit einer eigenen App.

Doch nun zur Überschrift des Artikels.

Was ist Girocard

Wenn Sie mit dem Begriff nichts anfangen können sind Sie nicht alleine. Nach wie vor benutzt eine große Mehrheit der Deutschen den Begriff "EC-Karte", deren Nachfolger (seit 2007) die Girocard ist. EC=Electronic Cash war bis 2007 das etablierte Debitzahlungssystem (=ein Girokonto steckt dahinter, es wird mehr oder weniger sofort belastet) der deutschen Kreditwirtschaft.

Das "Problem" mit Girocard ist, dass es ein rein deutsches System ist. Für den Einsatz im Ausland braucht man noch ein Zusatzsystem, und hier kommen Maestro und V-Pay ins Spiel

Was ist Maestro

Maestro wird von MasterCard betrieben und ist ebenso wie Girocard ein Debitzahlungssystem, mit weltweit etwa 15 Mio. Akzeptanzstellen. Auf den allermeisten Girocards ist auch ein Maestro-Logo zu finden. Sie können mit diesen Karten quasi weltweit zahlen, sind damit auch ein guter Ersatz für Kreditkarten.

Was ist V Pay

V Pay ist der Maestro-Konkurrent von Visa. Es ist in Europa gut etabliert, nicht aber weltweit. Unter Sicherheitsaspekten ist V-Pay überlegen, da es nicht zusätzlich für Kundendaten einen Magnetstreifen nutzt wie Maestro (die Kartendaten sind ausschließlich auf einem EMV-Chip gespeichert. EMV steht für Europay International MasterCard and Visa). Somit ist Datenklau nahezu unmöglich. Inzwischen nutzen aber auch Maestro-Karten neben dem Magnetstreifen dem EMV-Chip.

Wenn Sie sich nun noch wundern, warum Google Pay mit Debitkarten in Deutschland so gar nicht will, mal abgesehen vom mangelnden Willen der Sparkassen: Google setzt ein durchaus sinnvolles Sicherheitsfeature namens "Tokenization" ein, das von Gircocards (noch) nicht unterstützt wird.

2 Kommentare

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    Sideliner

    Digitalgeld ist wie alles Digitale: Wirklich funktionsfähig ist es erst dann, wenn es die wesentlichen Vorteile des Analog-Geldes (Bargeld) abbildet, und die Vorteile des Digitalen weit überwiegen. Anonymität ist nur ein kleiner Vorteil des Bargeldes. Universelle Akzeptanz ist ein weiterer kleiner Vorteil. Aber das wirkliche Ding ist die Unabhängigkeit - Chinesen nutzen Bitcoin um ihr Geld in unabhängiges Bargeld zu wandeln, und schon diese kurzzeitige Unabhängigkeit ist viel wert. Analoges Guthaben ist (bisher) nicht von Gutdünken abhängig! Wenn das bei Bargeld passiert, ist es sehr schnell wertlos (Hyperinflation). Aktuell ist schon bedenklich viel Gutdünken im Bargeld aufgestaut. Digitales ist aber mit Gutdünken vollgepumpt, und so lange dies sich nicht ändert, wird es Analoges nicht verdrängen können - selbst wenn alle dem Digitalen vertrauen, wird das Gutdünken durchbrechen und eine Vertrauenskrise bewirken. Egal was euphorische Bewertungen sagen. Genau so funktioniert Börse letztendlich auch - wenn es einen Beweis bräuchte, wurde er vom Neuen Market erbracht.

    10:51 Uhr, 29.06. 2018
  • maykaefer
    maykaefer

    Da sind sie in Afrika technologisch um Lichtjahre weiter. Da funktionieren Bezahlungen ohne Bankkonto. Alles mit Smartphones.

    17:17 Uhr, 28.06. 2018

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der vielseitig interessierte Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3. Besondere Interessenschwerpunkte des überzeugten Liberalen sind politische und ökonomische Fragen und Zusammenhänge, Geldpolitik, Aktien, Hebelprodukte, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie generell neuere technologische Entwicklungen.

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