Kommentar
13:51 Uhr, 06.05.2019

Zu niedrige Zinsen und zu niedrige Inflation: Das Dilemma der Fed

Die Notenbank macht sehr viel mehr als einfach nur die Zinsen festzulegen. Durch Verbalakrobatik und Beurteilung der Märkte werden Aufschwünge gemacht und abgewürgt. Die Hypersensitivität von Anlegern auf alles, was die Fed sagt und macht, kann auch eine Bürde sein. Umso bemerkenswerter ist es immer wieder, wie sie es dennoch schafft, immer wieder durch diese gefährlichen Gewässer zu navigieren. Man kann also zuversichtlich sein, dass sie auch das jetzige Dilemma lösen wird. Dabei geht es um die Wahl zwischen Inflation und Stabilität der Wirtschaft.

Die Notenbank will 2 % Inflation. Dabei geht es nicht um irgendeine Inflationsrate, sondern die Kerninflation. Auch von der Kerninflation gibt es mehrere Ausführungen. Die Fed hat hier ihren ganz eigenen Favoriten. Dieser schwächelt.

Ginge es nach der ganz normalen Inflationsrate, die einen breiten Warenkorb abbildet, hätte die Notenbank überhaupt kein Problem. Diese Inflationsrate ist zwar volatil (Grafik 1), erreichte aber auch in den vergangenen Jahren immer wieder die Marke von 2 %.


2 % war einmal ein klares Ziel. Inzwischen geht es nicht mehr um eine Punktlandung, sondern darum, dass die Inflation um dieses Ziel schwankt. Es ist ein symmetrisches Ziel. Geht es nach der bevorzugten Messweise der Fed, so wurde dieses Ziel lange nicht erreicht (Grafik 2). Von unten wurden 2 % immer wieder angelaufen, doch das letzte Mal über 2 % lag die Rate vor 7 Jahren.

Zinserhöhungen würden das Ziel weiter in die Ferne rücken. Von Zinserhöhungen spricht zwar aktuell niemand, doch es gibt auch Argumente dafür. Sind die Zinsen für einen zu langen Zeitraum sehr niedrig, bilden sich Schieflagen im Finanzsystem. Schon jetzt haben sich Unternehmen in nie dagewesenem Ausmaß verschuldet. Um eine neue Schuldenkrise zu vermeiden, müssten die Zinsen weiter steigen.

Das Inflationsziel kann man dann natürlich vergessen. Wird es weiterhin nicht erreicht, ist die Glaubwürdigkeit irgendwann dahin. Das ist ein Problem. Glaubt niemand mehr daran, dass die Fed die Teuerung beeinflussen kann, brechen alle Dämme. Inflationserwartungen lösen sich, vermutlich nach unten.

Niedrige Inflationserwartungen sind ein Problem für sich. Erwartet niemand steigende Preise, kommt es auch nicht dazu. In Japan, wo es in den letzten Jahren wieder einen Hauch von Inflation gab, konnte man beobachten, was geschieht. Nach Jahren stabiler Preise haben Verbraucher eine Nulltoleranz gegen Preissteigerungen entwickelt. Das beeinflusst das Konsum- und Sparverhalten und führt am Ende zu ewiger Stagnation.

Zu niedrige Inflation ist für die Wirtschaft gefährlich. Ebenso sind das zu niedrige Zinsen. Für die Notenbank ist das ein Dilemma, für das es erst noch eine Lösung finden muss. Einen offensichtlichen Weg aus der Misere gibt es nicht. Bisher hat sie immer einen Ausweg gefunden. Mal sehen, ob es ihr auch jetzt wieder gelingt.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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