Kommentar
01:00 Uhr, 22.02.2010

Zinswende oder Schneesturm im Wasserglas?

Wenn an der Börse nicht viel los ist, dann kann ja auch mal das Wetter herhalten: Bis Samstag sollen am Alpenrand 20 Zentimeter Neuschnee fallen. Das wäre an sich ja noch nicht der Rede wert. Doch jetzt kommt die Überraschung: Weil an der Ostseeküste kaum noch Neuschnee zu erwarten ist und die Temperaturen in Norddeutschland endlich wieder über den Gefrierpunkt klettern sollen, könnten Garmisch-Partenkirchen und Oberstdorf erstmals in diesem Winter die Ostsee-Regionen Greifswald, Rostock und Hiddensee bei der Schneehöhe überholen. Endlich einmal gute Nachrichten! Wo doch mittlerweile 59 Prozent der Deutschen vom Winter die Nase voll haben.

Wobei das bei uns ja noch recht gemäßigt abgelaufen ist mit dem Wetter: In Washington fielen in diesem Winter mehr als 1,39 Meter Schnee - so viel wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1884. Der bisherige Rekord stammte aus dem Winter 1898/99 mit 1,38 Meter. Wegen der chaotischen Zustände waren Millionen Menschen bis vor Kurzem gezwungen, in ihren Häusern zu bleiben. 230.000 Angestellte der US-Regierung in Washington bekamen vier Tage in Folge frei. Pro Tag sind dem Staat dadurch etwa 100 Millionen Dollar verloren gegangen.

So gesehen ist das Wetter aus Anlegersicht dann doch wieder von Bedeutung: Manche Wirtschaftswissenschaftler behaupten nämlich, dass alles gut sei für die Konjunktur, solange es den Menschen nur Arbeit bringt. Das könne ein Krieg sein, oder eben ein Schneesturm.

In Wahrheit geht nicht nur bei einem Krieg, sondern auch bei jeder Naturkatastrophe wie zuletzt in Haiti, echter Wohlstand verloren. Dinge, die mühsam aufgebaut wurden, brechen zusammen. Anschließend muss enormer Aufwand betrieben werden, um den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Was nach wirtschaftlichem Wachstum aussieht, ist nur die Rückkehr zum Ausgangspunkt. So war das auch mit den beiden Weltkriegen, die neben unermesslichem Leid in der Folge einen „Wirtschaftsboom“ auslösten, der durch den Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur ausgelöst wurde. Es bleibt zu hoffen, dass die Menschen daraus gelernt haben...

Unterdessen hat die amerikanische Notenbank am Donnerstagabend den Diskontsatz überraschend um 0,25 Prozentpunkte auf 0,75 Prozent angehoben. Dabei handelt es sich zwar nicht um den Leitzins, auf den die Märkte normalerweise besonders intensiv schauen. Der notiert weiterhin nahe null Prozent. Dennoch wurde der Beschluss als Hinweis darauf gewertet, dass die Notenbank demnächst mit Zinsanhebungen beginnen könnte.

Doch das ist voreilig. Es sieht eher nach einem Schneesturm im Wasserglas aus, der Aktivität signalisieren soll, wo in Wahrheit Stillstand herrscht: Der Diskontsatz, zu dem sich die US-Geschäftsbanken direkt bei der Notenbank Geld leihen können, um damit ihre Mindestreserveverpflichtungen zu erfüllen, spielt in der US-Geldpolitik eine untergeordnete Rolle.

Zu internationaler Bekanntheit gelangte er im März 2008 als Bear Stearns der Zugang zu diesen Krediten verwehrt wurde und sich der Konzern anderweitig Liquidität besorgen musste, etwa bei JP Morgan. Der nach dem Bear-Stearns-Pleite eingerichtete Diskontzugang der Wall Street wurde vor zwei Wochen klammheimlich wieder geschlossen. Die Fed beeilte sich auch, darauf hinzuweisen, dass der Leitzins noch für „längere Zeit“ auf niedrigem Niveau verharren werde. Von strafferer Geldpolitik der US-Notenbank kann deshalb keine Rede sein. Vielmehr drängt sich der Verdacht auf, dass die am 24. Febraur anstehende Anhörung Ben Bernankes vor dem Kongress mit dem Zinsschritt im Zusammenhang steht. Die Taktik könnte so aussehen, dass sich der Notenbankchef damit eine bessere Ausgangsposition verschaffen möchte.

Der Euro kam dennoch weiter unter Druck, der Zinsschritt in den USA hatte dem US-Dollar Auftrieb gegeben. Doch der Goldpreis hält sich weiterhin erstaunlich stabil: In Euro verzeichnete das Edelmetall in der vergangenen Woche mit 825 Euro je Feinunze neue Höchstkurse. Beim Goldpreis in US-Dollar hat die Marke von 1.100 US-Dollar je Feinunze bislang gehalten. Bei dem Edelmetall deutet sich eine Konsolidierungsformation an, wie die folgende Grafik veranschaulicht:

Was sonst noch los war:
Daimler-Aktien befanden sich nach den am Donnerstag veröffentlichten Jahreszahlen auf einer Berg- und Talfahrt. Die Ergebnisse hatten enttäuscht. Doch positive Analystenkommentare von UBS und JP Morgan, die ihre Kursziele von 40 bzw. 46 Euro bestätigten, gaben den Papieren wieder Auftrieb. JP Morgan ist der Meinung, dass die jüngsten Kursverluste übertrieben sind. Damit biete die Aktie nun eine gute Einstiegsmöglichkeit. Die Analysten der Citigroup, Morgan Stanley und Deutscher Bank reduzierten dagegen ihre Zielmarken für den Daimler-Aktienkurs.

Zu Panik besteht jedoch kein Anlass, die Geschäfte laufen, auch die neue E-Klasse verkauft sich gut. Sollten die Unternehmen wieder investieren, dürfte dies für einen Nachfrageschub sorgen. Autos mit dem Stern sind immer noch bevorzugte Fahrzeuge bei den gehobenen Geschäftswagen. Auch die LKW-Sparte zog wieder an. Im Januar und Februar hat Daimler 20 Prozent mehr verkauft als in den Vorjahresmonaten. Die Auftragsbücher sind voll.

Preiswert sind die Papiere nach wie vor: Auf dem gegenwärtigen Kursniveau errechnet sich ein Kurs-Umsatz-Verhältnis von 0,35, die Papiere werden nur zehn Prozent über ihrem Buchwert gehandelt. Das Ganze bei einem Börsengewicht von 34 Milliarden Euro.
Aus charttechnischer Sicht steht der Titel auf der Kippe: Mit der 200-Tage-Linie (rot) wurde am Donnerstag diese wichtige Unterstützung nach unten verlassen. In der kommenden Woche sollte der Aktienkurs diese Zone wieder überwinden, ansonsten drohen weitere Verluste. Wir würden die Aktie jetzt mit einem engen Stopp-Loss versehen.

Nicht zur Ruhe kommen die Papiere aus der Solarbranche. Auf Conergy lastet eine Verkaufsempfehlung von Equinet mit einem Kursziel von 40 Cent. Aktuell notieren die Anteilsscheine noch bei gut 80 Cent. Auch die Aktien von Solarworld hangeln sich von einem Jahrestief zum nächsten. Die amerikanische Branchengröße First Solar hatte sich im gestern vorgestellten Quartalsbericht besonders skeptisch zum deutschen Solarmarkt geäußert.

Die Aktien von Manz Automation lagen am Freitag im TecDax weit vorne. Der Maschinenbauer hatte im Januar neue Aufträge im Wert von 25 Millionen Euro verbucht. Damit liegt der Auftragsbestand nach Konzernangaben wieder bei 70 Millionen Euro. Der lang anhaltende Abwärtstrend beim Auftragseingang wurde damit durchbrochen. Wir hatten Ihnen die Papiere erst kürzlich in unserer Rubrik „Aktie der Woche“ vorgestellt. Der Aufwärtstrend bleibt intakt, wie die folgende Abbildung zeigt:

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Zum Autor:
Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG, und Geschäftsführer des Antizyklischen Aktienclubs. Börsenbrief und Aktienclub, das komplette Servicepaket für die Freunde antizyklischer Anlagestrategien! Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de und www.antizyklischer-aktienclub.de

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