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19:38 Uhr, 21.09.2015

China: Yuan-Abwertung war ein logischer Schritt

Der Mangel an Vertrauen in die chinesische Regierung und deren Fähigkeit, die Wirtschaft und die chinesischen Finanzmärkte zu lenken, hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Haben die Chinesen etwa die Kontrolle verloren? Die Experten von Danske Invest, sagen: Nein, für die jüngsten Maßnahmen gibt es rationale Gründe.

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Kopenhagen/Lyngby (Godmode.Trader.de) - Die Entwicklung in China stand zuletzt enorm im Fokus: Das Wachstum scheint sich weiter abzuschwächen, der Aktienmarkt kollabiert und vor kurzem haben die Chinesen einen neuen Modus zur Wechselkursfestlegung eingeführt. Der Mangel an Vertrauen in die chinesische Regierung und deren Fähigkeit, die Wirtschaft und die chinesischen Finanzmärkte zu lenken, hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Haben die Chinesen etwa die Kontrolle verloren? Ist ihnen die Vernunft abhanden gekommen? Bo Bejstrup Christensen, Chefanalytiker bei Danske Invest, sagt: Nein, ganz im Gegenteil. „Wir glauben, dass es für die jüngsten Maßnahmen rationale Gründe gibt.“ Im August erklärte der Internationale Währungsfonds, dass er es begrüßen würde, wenn der Wert der chinesischen Währung stärker durch den Markt bestimmt würde. „Wir können natürlich nur spekulieren, dass das Timing der chinesischen Abwertung, die genau eine Woche später erfolgte, nicht reiner Zufall war“, sagt Christensen

Wenn man davon absehe, dass der Yuan an zwei Tagen um 5 Prozent gefallen sei und damit massive Unsicherheit auf den globalen Finanzmärkten ausgelöst habe, sei die wichtigste Botschaft der chinesischen Zentralbank, dass man den Marktkräften in Zukunft eine größere Rolle bei der Bewertung der chinesischen Währung einräumen würde, gewesen. „Aus heutiger Sicht ist es interessant zu sehen, dass die chinesische Währung innerhalb der letzten Handelstage de facto gegenüber dem US-Dollar gestärkt wurde. Hierbei ist es von größter Bedeutung, nicht nur auf die grundlegende Situation der chinesischen Wirtschaft zu blicken, sondern auch die künftigen politischen Aspekte im Auge zu behalten,“ so der Danske-Experte.

Kurzfristig können nach Einschätzung von Bo Christensen die jüngsten Kapitalbewegungen durch stärker spekulativ begründete Bewegungen überlagert werden. In diesem Zusammenhang erinnere er daran, dass China, insbesondere in den letzten fünf Jahren, einen harten Kampf gegen Spekulanten geführt habe, die im Grunde Profiteure gewesen seien von einer Kombination aus Nullzinsen in den USA, erheblich höheren Zinsen in China und einer chinesischen Währung, die gegenüber dem Dollar und den meisten anderen Währungen gestiegen ist. „Oberflächlich gesehen stellt dies einen nahezu risikolosen Gewinn dar – einen sogenannten Carry-Trade“.

Zwei Tage, nachdem Chinas Zentralbank die Änderung ihrer Wechselkurspolitik angekündigt hatte, erklärte sie: Die Änderung sei teilweise darauf zurückzuführen, dass man unnormale Kapitalbewegungen bekämpfen wolle und im Übrigen Untersuchungen eingeleitet habe. „Unsere Einschätzung ist, dass die Behörden durch die Schaffung von mehr Unsicherheit und größeren Bewegungen im Wechselkurs einige der stärker spekulativ agierenden Investoren abschrecken wollen“, sagt der Experte.

Auf kurze Sicht werde Chinas Zentralbank eine erhebliche Schwächung des Renminbi gegenüber dem US-Dollar nicht zulassen, meint Christensen. Ende November soll die Entscheidung fallen, ob die chinesische Währung in den Währungskorb des IWF aufgenommen wird. „Dann wird der IWF zusammen mit den Chinesen auf der einen und den Amerikanern auf der anderen Seite an einem Tisch sitzen. Die erheblichen Bewegungen in der chinesischen Währung erschweren den amerikanischen Unterhändlern die Argumentation für eine Unterbewertung.“

Umgekehrt habe China keinen Grund, die Situation für die Amerikaner schwieriger zu machen, als sie bereits ist. „Er bezweifle daher, dass die Chinesen mit einer Währung in die Verhandlungen gehen wollen, die weitere zehn Prozent gegenüber dem US-Dollar gefallen ist“, so Christensen. Er sei überzeugt, dass die chinesische Währung auf kürzere Sicht gegenüber dem Dollar weitgehend stabil bleiben werde. Auf längere Sicht dürfte der Renminbi gegenüber den Währungen von Chinas Handelspartnern an Wert gewinnen. „Noch langfristiger muss sich zeigen, inwieweit die chinesischen Behörden bereit sind, die Marktkräfte entscheiden zu lassen.“

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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