Kommentar
14:40 Uhr, 25.04.2022

Wo würden die Kurse erst ohne Erleichterung über den Wahlausgang in Frankreich stehen?

Das Wahlergebnis in Frankreich ist keine große Überraschung, dennoch ist Erleichterung zu spüren. Wo würden die Kurse ohne diese Erleichterung erst stehen?

Den Wahlen in Frankreich wird nicht zum ersten Mal nachgesagt, dass sie die Kurse bewegen. Schon mehrfach kam es zu einer Stichwahl zwischen Le Pen (erst Jean-Marie und dann Marine Le Pen) und anderen Kandidaten. Le Pen hat eine Vorstellung von Frankreich und der EU, die am Ende die EU sprengen könnte. Da Le Pen nicht Präsidentin wird, sollte die Erleichterung unter Politikern und Anlegern groß sein.

Anstatt einer Erleichterungsrally kommt es zu Wochenbeginn jedoch zu einer Fortsetzung des dynamischen Abwärtstrends von Ende letzter Woche. Es wird spekuliert, dass die Minuszeichen ohne die Erleichterung viel größer wären. Persönlich habe ich daran meine Zweifel. Präsidentschaftswahlen in Frankreich sind wichtig, doch der Wahlausgang ist keine Überraschung. Entsprechend lässt sich auch keine Richtungsentscheidung rund um Wahltermine feststellen (Grafik 1).

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Zu der Regel gibt es eine Ausnahme. 1981 kam es zum Crash, nachdem die französische Börse nach dem Wahltermin sogar für mehrere Tage geschlossen wurde. Damals wurde François Mitterrand zum Präsidenten gewählt. Die Angst vor dem Kandidaten der Sozialistischen Partei war so groß, dass nach dem Wahlsieg eine Kapitalflucht einsetzte.

Bei allen anderen Wahlen seit 1969 lässt sich unabhängig von den Kandidaten keine ausgeprägte Erleichterungsrally erkennen (Grafik 2). Das gilt sowohl für die erste Wahlrunde als auch für die Stichwahl. Der Wahlausgang in Frankreich dürfte zu Wochenbeginn praktisch keine Auswirkungen auf die Kurse haben.

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Auch ohne Erleichterung würden die Kurse wohl genau dort stehen, wo sie nun einmal gerade stehen. Anleger werden von anderen Themen in Atem gehalten. Seit Ende letzter Woche erhalten die Zinsanhebungsfantasien in den USA einen neuen Schub (Grafik 3). Innerhalb weniger Tage stieg die Erwartung für den Leitzins für Ende 2022 von 2,55 % auf 3,01 %. Wenn plötzlich zwei Zinsschritte mehr erwartet werden, hat das eine große Bedeutung.

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Jeder zusätzliche Zinsschritt von 25 Basispunkten bringt die US-Wirtschaft näher an die Rezession. Nachdem die Zinskurve (10 zu 2-jährigen Anleihen) kurzfristig invertierte, dann aber wieder in den positiven Bereich drehte, war die Erleichterung groß. Inzwischen dreht sie wieder nach unten. Das gilt auch für die Zinskurve, die von der Fed favorisiert wird (2-jährige zu 3-monatigen Anleihen, Grafik 4).

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Zinsängste führen zu Konjunkturängsten. Erschwert wird die Lage durch Chinas Covid-Strategie. Ein Ausbruch in Peking führt zu Panikkäufen von Gütern des täglichen Bedarfs, da man einen Lockdown wie in Shanghai befürchtet. Peking und Shanghai machen fast ein Zehntel der chinesischen Wirtschaftsleistung aus. Lockdowns in diesen Metropolen sind Öl ins Feuer der Konjunkturängste.

Was die Börse in der neuen Woche bewegt hat wenig mit den französischen Wahlen zu tun. Stattdessen setzt sich bei Anlegern langsam, aber sicher die Erkenntnis durch, dass die Inflationsbekämpfung wohl in die Rezession führt. Der Prozess des Einpreisens ist noch nicht beendet. Seit Jahresbeginn empfehle ich immer wieder Rallys für Gewinnmitnahmen zu nutzen. Das gilt nach wie vor.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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