Kommentar
22:09 Uhr, 16.05.2008

Wirtschaftsdaten: Schlechte Nachrichten – und niemand hört hin...

Börsianer haben es nicht leicht: Tag für Tag werden sie mit Wirtschaftsdaten überflutet. Um zur rechten Zeit die richtigen Entscheidungen treffen zu können, sollte man die wichtigsten Informationen nicht nur verstehen, sondern auch einzuordnen wissen.

Wir werden Sie in Zukunft an dieser Stelle über die wichtigsten Wirtschaftsdaten aus Europa und den USA informieren und erläutern, was die Informationen für die Börsen bedeuten.

Montag:
Das US-amerikanische Haushaltsüberschuss liegt im April bei 159,3 Mrd. US-Dollar. Erwartet wurde ein Plus in Höhe von 160 Mrd. US-Dollar. Ein Jahr zuvor hatte der Überschuss in den Vereinigten Staaten bei 177,7 Mrd. US-Dollar gelegen.

Dienstag:
Der US-amerikanische Umsatz im Einzelhandel ist im April um 0,2 % zurückgegangen. Erwartet wurden -0,2 bis +0,2 %. Im Vormonat war der Umsatz des Einzelhandels in den Vereinigten Staaten noch um 0,2 % geklettert.

Ohne die Autoverkäufe ist der Einzelhandelsumsatz in den USA jedoch um 0,5 % gestiegen. Gerechnet wurde mit einem Bereich von +0,2 bis +0,7 %. Einen Monat zuvor war hier ein Anstieg um 0,4 % zu verzeichnen gewesen (revidiert von +0,1 %).

Die US-amerikanischen Importpreise sind im April um 1,8 % gestiegen nach zuletzt revidierten +2,9 %.

Ohne Öl sind die Einfuhrpreise in den Vereinigten Staaten erneut um 1,1 % geklettert nach zuvor schon +1,1 %.

Die US-amerikanischen Exportpreise sind im April insgesamt um 0,3 % gestiegen nach zuvor +1,5 %.

Ohne landwirtschaftliche Erzeugnisse sind die Ausfuhrpreise um 0,6 % geklettert nach zuletzt revidierten +1,3 %. Damit wurde der Vormonatswert von zunächst veröffentlichten +1,2 % nach oben revidiert.

Unser Kommentar:

Der Auftrieb bei den Im- und Exportpreisen in den USA hat sich verlangsamt. Die jüngsten Zahlen deuten auf eine Entspannung an der Inflationsfront hin. In diese Richtung deuten auch die Verbraucherpreise vom Mittwoch, die weniger stark gestiegen waren als befürchtet. Für die US-Wirtschaft wäre das günstig: Die Fed hätte weiteren Spielraum, um die Zinsen im Bedarfsfall noch etwas zu senken.

Die US-amerikanischen Lagerbestände sind im März um 0,1 % gewachsen. Erwartet wurde ein Anstieg um 0,3 bis 0,4 %. Die Umsätze sind gleichzeitig um 1,0 % gestiegen. Das Verhältnis Lagerhaltung zum Umsatz (Inventories/Sales Ratio) liegt in den USA bei 1,27.

Mittwoch:

Die Industrieproduktion in der Eurozone ist im saisonbereinigten Monatsvergleich im März um 0,2 % gesunken. Im Vormonat war die Produktion der Eurozonen-Industrie noch um 0,3 % gestiegen. Im Jahresvergleich hat die Produktion in der Industrie um 2,0 % zugenommen nach zuvor +3,2 %. Damit wurde der für Februar veröffentlichte Anstieg von 3,1 % leicht nach oben revidiert.

Die US-amerikanischen Verbraucherpreise sind im April um 0,2 % gestiegen. Erwartet wurde ein Anstieg um 0,3 bis 0,4 %. Im Monat zuvor waren die Preise der Konsumenten um 0,3 % geklettert. Auf das Jahr gesehen kletterten die US Verbraucherpreise um 1,2 %.

Die Kernrate ist in den USA um 0,1 % gestiegen. Gerechnet wurde hier mit mit einem 0,2 % Anstieg. Im Vormonat hatte die Kernrate um 0,2 % zugelegt.

Die US-amerikanischen Rohölvorräte (Crude Oil Inventories) sind in der vorangegangenen Woche um 200.000 Barrel gestiegen, nach zuvor +5,7 Mio. Barrel.

Die Benzinvorräte (Gasoline Inventories) haben sich in den USA im Wochenvergleich um 1,7 Mio. Barrel verringert, nach zuletzt einem Plus in Höhe von 0,8 Mio. Barrel.

Die Vorräte an Destillaten (Distillate Inventories), die auch das Heizöl beinhalten, sind gegenüber der Vorwoche in den Vereinigten Staaten um 1,4 Mio. Barrel geklettert, nach
zuvor -0,1 Mio. Barrel.

Donnerstag:

Die Verbraucherpreise in Deutschland sind zum Vormonat um 0,2 % gefallen nach zuletzt noch +0,5 %. Die Jahresteuerung liegt bei 2,4 %, nach zuvor 3,1 %. Die offizielle Erstschätzung wurde damit bestätigt. Der für Europa berechnete harmonisierte Verbraucherpreisindex für Deutschland hat sich im April gegenüber dem Vorjahr um 2,6 % erhöht. Im Monatsvergleich kletterte der harmonisierte Index um 0,3 %. Auch hier bestätigte sich die Schätzung vom 28. April 2008.

Die deutsche Wirtschaftsleistung ist im ersten Quartal zum Vorquartal saison-, preis- und kalenderbereinigt um 1,5 % gestiegen nach +0,3 % im Quartal zuvor. Zum ersten Quartal des Vorjahres kletterte das BIP um 1,8 %, kalenderbereinigt lag die Zuwachsrate sogar bei 2,6 %, da zwei Arbeitstage weniger zur Verfügung standen.

Die Jahresteuerung in der Eurozone liegt im April bei 3,3 %. Die offizielle Vorabschätzung wurde damit bestätigt. Im Vormonat lag die jährliche Inflationsrate bei 3,6 %. Ein Jahr zuvor hatte die Rate noch bei 1,9 % gelegen. Der Monatsvergleich wird mit 0,3 % angegeben.

Die Jahresteuerung für den gesamten Bereich der EU liegt im Berichtsmonat bei 3,6 % nach 3,8 % im Vormonat und 2,2 % im Jahr zuvor. Auf Monatssicht liegt die Inflationsrate bei 0,4 %.

Das Bruttoinlandsprodukt in der Euro-Zone ist gemäß der ersten offiziellen Vorabschätzung im ersten Quartal um 0,7 % gestiegen nach +0,4 % im vorangegangenen Quartal. Es war mit einem Anstieg um 0,5 % gerechnet worden. Im Jahresvergleich liegt das Wachstum bei 2,2 % nach schon +2,2 % im Quartal zuvor.

Unser Kommentar:

Die Wirtschaft in Deutschland wie in Europa wächst stärker als erwartet. Gleichzeitig deutet sich auch in Euroland wie in den USA eine Abschwächung der Inflationsrate an. Beides könnte den Börsen mittelfristig zugute kommen. Die EZB könnte die Zinsen im Bedarfsfall doch noch etwas senken ohne befürchten zu müssen, die Inflation könne aus dem Ruder laufen. Der Renditeabstand des Euro zum US-Dollar würde sich verringern. Gut für den Dollar, schlecht für den Euro. In jedem Fall gut für die Börsen, denn ein stabiler Dollar wird hier gerne gesehen.

Der Wirtschaftsklimaindikator der Eurozone für das zweite Quartal ist auf 76,3 zurückgegangen von noch 81,4 im ersten Quartal. Ein Jahr zuvor hatte der Wirtschaftsklimaindex bei 106,8 gestanden.

Der Index für die aktuelle Lage notiert bei 100,9 nach noch 112,1 im Vorquartal. Im Vergleichsquartal des Vorjahres hatte der Indikator noch bei 130,8 notiert. Der Indikator für die Erwartungen bleibt wie im ersten Quartal weiter schwach bei 55,8. Im entsprechenden Quartal vor einem Jahr lag der Indikator noch bei 86,8. Mit der aktuellen Veröffentlichung setzt sich die Abwärtsbewegung der letzten Quartale fort. Die letzten Höchststände hatten die Indices im dritten Quartal 2007 erreicht. Die Basis von 100 war im Jahr 1995 festgelegt worden.

Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe ist in den USA auf 371.000 gestiegen. Erwartet wurden 365.000 bis 370.000 neue Anträge nach zuvor 365.000.

Die US-amerikanische Kapazitätsauslastung liegt im April bei 79,7 %. Im Monat zuvor hatte sie bei 80,4 % gelegen. Damit wurde der zuletzt veröffentlichte Wert von 80,5 % leicht nach unten revidiert.

Die US-amerikanische Industrieproduktion ist im April um 0,7 % gefallen. Erwartet wurde ein Rückgang im Bereich 0,3 bis 0,4 %. Im Vormonat war die Industrieproduktion in den Vereinigten Staaten um 0,2 % geklettert. Damit wurde der im letzten Monat veröffentlichte Wert von +0,3 % nach unten revidiert.

Der Philly Fed Index notiert im Mai bei -15,6. Erwartet wurde er mit einer weniger deutlichen Verbesserung in den Bereich -19 bis -20. Im Vormonat hatte er bei -24,9 gestanden.

Unser Kommentar:

Der Philly-Fed-Index erfasst die Aktivität des produzierenden Gewerbes im Großraum Philadelphia und gilt als wichtiger Indikator für die Gesamtwirtschaft in den USA. Die in dieser Woche vorgelegten Zahlen lassen den Schluss zu, dass es der Konjunktur weniger schlecht geht als allgemein befürchtet.

Freitag:

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Beschäftigten in Deutschland im Bereich des verarbeitenden Gewerbes ingesamt im März um 2,8 % auf 5,339 Mio. gestiegen. Gleichzeitig wurden 7,2 % weniger, nämlich insgesamt 675 Mio., Arbeitsstunden registriert. Die Entgelte stiegen im selben Zeitraum um 4,7 % auf 17,992 Mio. Euro.

Verfall und letzter Handelstag für die an der Eurex gehandelten DAX-Optionen (ODAX) mit Laufzeit Mai 2008.

Die Zahl der Wohnbaubeginne liegt in den USA im April bei 1,032 Mio. und ist damit um 8,2 % gestiegen. Erwartet wurden 940.000 nach noch 954.000 im Vormonat. Damit wurde der Vormonatswert von zuvor veröffentlichten 947.000 leicht nach oben revidiert.

Der vorläufige Verbraucherstimmungsindex der Uni Michigan für die USA notiert im Mai bei 59,5. Erwartet wurde er im Bereich 62,0 bis 65,0. Im Vormonat hatte der Index noch bei 62,6 notiert.

Unser Kommentar:

Das ist bemerkenswert: Selbst der schwache Vertrauensindex der Uni Michigan hat die US-Börsen am Freitag kaum interessiert. Ein Abschlag beim Dow Jones von 0,1 Prozentpunkten ist kaum der Rede wert. Wenn schlechte Nachrichten derart gelassen aufgenommen werden, ist das Abwärtsrisiko in der Regel nicht mehr allzu groß.

Wie wir die Lage jetzt einschätzen und was wir unseren Lesern raten, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Antizyklischen Börsenbriefs, die kürzlich erschienen ist.

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Zum Autor:
Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs und Geschäftsführer des Antizyklischen Aktienclubs. Börsenbrief und Aktienclub, das komplette Servicepaket für die Freunde antizyklischer Anlagestrategien! Informationen finden Sie unter [Link "www.antizyklischer-börsenbrief.de" auf www.antizyklischer-b%C3%B6rsenbrief.de/... nicht mehr verfügbar] und www.antizyklischer-aktienclub.de

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