Kommentar
06:43 Uhr, 05.08.2014

Wieviel ist der DAX wirklich wert?

Die Kurse purzeln. Schon mehren sich die Stimmen, die den Anfang vom Ende prophezeien. Kann da etwas dran sein? Waren wir bisher einfach nur zu blind, um eine maßlose Überbewertung zu sehen?

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  • DAX
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    Aktueller Kursstand:   (XETRA)

Dax auf der Kippe

13 Jahre hat es gedauert, bis der Dax endlich die magische Marke von 8.000 Punkten nachhaltig überspringen konnte. Nach dem Durchbrechen der Marke gab es fast kein Halten mehr. Die Kurse stiegen und stiegen. Das rief bei jedem kleinen Rücksetzer Kritiker auf den Plan: die Kurse sind zu hoch, es ist Wahnsinn jetzt noch einzusteigen, es muss zu einem Kollaps kommen, nach 170 % Kurssteigerung seit 2009 kann es gar nicht weiter nach oben gehen. Blickt man etwas weiter zurück, dann hat der Dax seit dem Jahr 2000 eine Performance von insgesamt ca. 25 % hingelegt. Das sind weniger als 2 % pro Jahr. Das wirkt für mich nicht wie eine Kurssteigerung, die zu explosiv ist, um weitere Kurssteigerungen zuzulassen.

Man darf aber auch nicht ignorieren, dass der Dax über die Jahre nun einmal gehörig schwankt. Bärenmärkte sind eine Realität, mit der man sich nun einmal auseinandersetzen muss. Bärenmärkte kommen aber nicht von ungefähr. Es gibt handfeste Gründe für einen längeren und starken Rückgang der Kurse. Die Kernfrage ist daher gar nicht, wie viel der Dax in einem bestimmten Zeitraum an Performance gemacht hat, sondern ob die Bewertung fundamental Sinn macht und ob sich die Fundamentaldaten in der Zukunft radikal verschlechtern werden.

Bevor ich auf die Fundamentaldaten eingehe, darf ein Blick auf den Kursverlauf des Dax nicht fehlen. Der erste Chart zeigt den Dax in zweifacher Ausführung. Die blaue Linie (Dax Performance Index), ist der Dax wie wir ihn kennen. Dieser berücksichtigt Dividenden, indem sie rechnerisch reinvestiert werden. Der Kursindex berücksichtigt Dividenden nicht. Der Unterschied ist markant. Während der Performance Index neue Hochs verzeichnet, bleibt der Kursindex deutlich zurück und steht unter den Hochs aus dem Jahr 2000.

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Nicht zuletzt der Kursindex verleitet dazu zu glauben, der Dax könne noch deutlich höher steigen. Das bisherige Hoch aus dem Jahr 2014 lag immer noch 15 % unter dem Hoch aus dem Jahr 2000. Ganz intuitiv erkennt man darin Potential. In 14 Jahren sind die Unternehmen weiter gewachsen und machen mehr Umsatz. Da muss noch Potential sein.

Ein Blick auf den Chart des Kursindex verdirbt einem die Laune schnell wieder. Der Kursindex steht auf der Kippe. Nach Ausbruch aus dem langjährigen Keil droht mit den jüngsten Abschlägen ein Fehlausbruch. Ob es dazu wirklich kommt, steht noch nicht fest. Bestätigt sich allerdings ein Fehlausbruch, dann kann es 30 % nach unten gehen.

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Kann das aber überhaupt sein? Ist ein 30 %-iger Rückgang überhaupt realistisch? Steht es so schlecht um die Dax-Unternehmen, dass man sich Sorgen machen muss? Bisher hört man entweder, der Dax sei deutlich überbewertet oder es gäbe keine Alternative zu Aktien, zumal diese noch sehr günstig wären. Beides kann ja nicht stimmen.

Der Wert des Dax

Der Wert des Dax hat sich seit 2000 immer wieder stark verändert. Nicht zuletzt, weil immer wieder Unternehmen ausgetauscht wurden. Damit ist der Dax heute nicht wirklich 1 zu 1 mit dem Dax vor 14 Jahren vergleichbar. Was aber durchaus vergleichbar ist, das sind einige fundamentale Kennzahlen. Dazu habe ich für die Unternehmen, die heute im Dax enthalten sind, die Umsatz- und Gewinnhistorie herausgegraben. Das Ergebnis zeigt die nächste Grafik. Es sind die Jahresschlusskurse vom Dax Kurs- und Performance Index angezeigt. Darüber hinaus gibt es die Umsatzentwicklung der Unternehmen, sowie den Jahresgewinn (Jahresüberschuss) und die Dividendenzahlungen. Im Jahr 2000 machten alle Dax-Unternehmen zusammen einen Umsatz von 910 Mrd. Euro. Im Jahr 2013 waren es 1.335 Mrd. Euro. Das ist eine Steigerung von gut 45 %. Der Kursindex spiegelt das überhaupt nicht wider. Er liegt noch immer unter den Hochs aus dem Jahr 2000.

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Betrachtet man nun den Gewinn im historischen Vergleich, dann zeigt sich schnell, dass der Gewinn der positiven Entwicklung beim Umsatz hinterherhinkt. Im Jahr 2000 machten die 30 Dax Konzerne 61,5 Mrd. EUR Gewinn. Zuletzt lag der Gewinn im Jahr 2007 mit 72,88 Mrd. deutlich darüber. Seit 2010 stagnieren die Gewinne nun und schwanken in einer Range von ±1,5 Mrd. um den Wert von 62 Mrd.

2013 zeigt sich im Vergleich zu den Vorjahren ein merkbarer Rückgang auf 59,5 Mrd. ausgehend von 63,2 Mrd. im Jahr 2012.

Der Gewinn stand per Ende 2013 ca. 4 % unter dem Gewinn der Jahrtausendwende und gut 18 % unter dem Gewinn aus dem Jahr 2007. Da erscheint es nachvollziehbar, dass der Kursindex auch unter den Hochs aus dem Jahr 2000 und 2007 steht.

Die Zahlen kann man sich auch noch etwas detaillierter ansehen. Einige Kennzahlen sind in der nächsten Grafik enthalten. Das operative Ergebnis konnte seit 2000 deutlich zulegen. Dafür hat sich aber das Finanzergebnis deutlich verschlechtert. Auch Steuern nehmen einen etwas größeren Anteil des Ergebnisses weg. Der Staat kann sich freuen und auf die Unternehmen zählen. Im Mittel der letzten 15 Jahre zahlten Unternehmen knapp 20 Mrd. jedes Jahr an Steuern.

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Was die vorangegangenen Grafiken indirekt zeigen, zeigt die nächste ganz deutlich. Die Unternehmen wachsen zwar bei Umsatz, nicht aber bei Gewinn. Die Profitabilität lässt also nach. Der Gewinn, der vom Umsatz übrig bleibt, geht seit 2010 zurück. Sieht man von den Rezessionen Anfang des Jahrtausends und 2008/09 ab, dann stieg der Gewinn im Verhältnis zum Umsatz im Aufschwung. Davon ist nichts zu sehen. Obwohl die Wirtschaft brummt, liegt der Wert nur im Durchschnitt der letzten 15 Jahre (der wohlgemerkt auch die Rezessionen beinhaltet). Die Ausschüttungsquote (Dividenden/Gewinn) steigt langsam an, sodass zumindest die Dividenden ähnlich hoch bleiben wie in der Vergangenheit, obwohl der Gesamtgewinn zurückgeht. 2008 und 2009 war die Quote lediglich so hoch, weil der Gewinn so klein war.

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Damit ist die Sache im Prinzip geklärt. Die Dax Konzerne schreiben weniger Gewinn. 2013 war er rückläufig. 2014 sieht bisher nicht wesentlich besser aus. Einige Unternehmen lassen mit Gewinnwarnungen aufhorchen. Wieso sollte der Dax da steigen?

Einen Grund gibt es. Während die Dax Konzerne in der Vergangenheit eine vergleichsweise hohe Verschuldung hatten, haben sie heute weniger Verbindlichkeiten. Die Assetposition hat sich deutlich verbessert. Auch gemessen am Kurs-Umsatz-Verhältnis ist der Dax relativ günstig. Das Verhältnis liegt unter 1. Das heißt, man kann einen Euro Umsatz um weniger als einen Euro kaufen. Was an der Börse aber vor allem zählt, das ist der Gewinn. Es nutzt nichts, wenn eine Menge Umsatz geschrieben wird, aber kein Gewinn dabei herauskommt.

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Das KGV der Dax-Unternehmen liegt inzwischen bei knapp 17 und damit über dem Durchschnitt von Aufwärtsphasen. Das kann, muss aber kein Warnhinweis sein. Allein durch den Euro-Währungstrend dürften die Gewinne der Konzerne in den kommenden 12 Monaten um 2-3 % wieder steigen. Damit wäre zumindest der Rückgang im Jahr 2013 wieder ausgebügelt. Ungewiss sind jedoch die Effekte der geopolitisch angespannten Lage. Geht der Gewinn nochmals zurück, dann kann man im historischen Vergleich von einer Überbewertung sprechen. Dann wäre es tatsächlich möglich, dass der Dax 30 % verliert. Hoffen wollen wir es nicht. Man muss es allerdings auch sagen wie es ist: der Dax ist nicht billig. Die Börse handelt allerdings die Zukunft und die Perspektive kann sich bald wieder aufhellen. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass die Gewinnrückgänge im dritten Quartal ein Ende finden. Die Ukraine Krise belastet. Das dürfte jedoch durch Europa wieder ausgeglichen werden können. Die Wirtschaft fasst wieder Tritt. Das Wachstum in vielen Schwellenländern zieht wieder an. Die größte Gefahr wären stark steigende Energiepreise. Das ist eine reale Bedrohung. Solange dies sich allerdings nicht materialisiert, dürfte das Gewinntief erreicht worden sein. Ab dem vierten Quartal 2014 sollte es wieder deutlich bergauf gehen. Damit haben die Kurse über den Sommer noch Zeit zu korrigieren. Danach sollte sich der Aufwärtstrend wie gehabt fortsetzen. Aus fundamentaler Sicht ist eine Korrektur gerechtfertigt. Die Grundlage für einen Bärenmarkt gibt es derzeit (noch) nicht.

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  • House of Doom
    House of Doom

    Danke, ebenfalls ;)

    16:58 Uhr, 05.08. 2014
  • Bastian Galuschka
    Bastian Galuschka Chefredakteur

    Einzelwerte ja, der DAX hat indes bei den letzten Crashphasen immer recht gut im Bereich des Buchwertes gedreht, zuletzt 2011. Ich wünsche weiterhin ein gutes Händchen! :)

    16:42 Uhr, 05.08. 2014
  • Bastian Galuschka
    Bastian Galuschka Chefredakteur

    Also der aktuelle Buchwert müsste bei 5.563 Punkten liegen und wird bis Ende des Jahres auf 5.835 Punkte geschätzt. Vielen Dank an einen ehemaligen Kollegen.

    Also House of Doom, bei 5.500 kannst Du shoppen gehen. ;)

    16:22 Uhr, 05.08. 2014
    1 Antwort anzeigen
  • House of Doom
    House of Doom

    wieder ok

    16:21 Uhr, 05.08. 2014
  • House of Doom
    House of Doom

    wieso erscheint denn mein Beitrag von 14:46 immer wieder an erster Stelle?

    komisch

    16:20 Uhr, 05.08. 2014
  • House of Doom
    House of Doom

    übrigens:

    gerade bei den Autobauern scheint der Buchwert extrem zu schwanken.

    2008 - 87 Euro und 2013 - 188!

    Aber da ist die Hausse eh vorbei.

    Spätestens wenn die jedes abgelaufene Jahr ein neues Model rausbringen kann man den Buchwert stark nach unten revidieren.

    Ich würde dann nur noch Aktien von reinen Gebrauchtwagenhändlern kaufen ;)

    15:36 Uhr, 05.08. 2014
    1 Antwort anzeigen
  • House of Doom
    House of Doom

    hab grad keine Lust zum Rechnen ;)

    naja, wir werden es bald sehen.

    Wenn sich unser kleiner Erdmarder weiterhin so sportlich zum Dow verhält, dann stehen wir im September vielleicht schon wieder bei 8000.

    15:30 Uhr, 05.08. 2014
    1 Antwort anzeigen
  • Bastian Galuschka
    Bastian Galuschka Chefredakteur

    Ich tippe auf 6.000 Punkte Buchwert.

    15:24 Uhr, 05.08. 2014
  • House of Doom
    House of Doom

    passt auch zum langfristigen Chart :O)

    15:09 Uhr, 05.08. 2014
  • House of Doom
    House of Doom

    na vielleicht fällt er ja in den nächsten zwei Jahren auf das Märztief 2009 zurück ;)

    15:08 Uhr, 05.08. 2014

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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