Kommentar
18:27 Uhr, 16.07.2019

Wieso müssen die Zinsen eigentlich sinken?

Alle gehen davon aus, dass die Zinsen in den USA bald sinken werden. Wieso aber ist das überhaupt notwendig?

Zunächst lässt sich festhalten, dass die wirtschaftliche Lage in den USA alles andere als katastrophal ist. Das Wirtschaftswachstum hat sich aller Wahrscheinlichkeit nach im zweiten Quartal abgekühlt. Im ersten Quartal lag die annualisierte Wachstumsrate noch bei 3 %. Dieser Wert dürfte in Q2 zwischen 1,5 % und 2 % liegen.

Das ist eine deutliche Abschwächung. Sie kommt aber mit Ansage. 2018 profitierte die Wirtschaft von Steuersenkungen und Mehrausgaben des Staates. Dieser Effekt hält auch in diesem Jahr noch an, wird aber mit jedem Monat weniger. Eine Abkühlung ist daher absolut normal.

Viele Indikatoren zeigen daher nach unten. Der Einkaufsmanagerindex der Industrie zeigt nur noch minimales Wachstum an. Es fehlt nicht mehr viel und man kann von einer Rezession in der Industrie sprechen. Das klingt bedenklich, doch es ist nicht eindeutig feststellbar, ob das nun lediglich der abebbende Effekt der Steuersenkungen ist.

Es gibt derzeit das äußerst schwierige Problem, strukturelle und nachhaltige Schwäche vom abebbenden Effekt zu trennen. Es ist praktisch unmöglich. Niemand weiß daher, ob es sich derzeit lediglich um die erwartete Abkühlung handelt oder ob dahinter die Ankündigung einer Rezession steckt.

Persönlich halte ich letzteres für wahrscheinlicher. Dafür gibt es mehrere Hinweise. Man denke nur an die Zinskurve, die zuverlässig Rezessionen andeutet und genau das in den letzten Monaten getan hat.


Auch ein anderer Indikator ruft es von den Dächern. Man muss nur einen Blick auf die Performance des Aktien- und Anleihemarktes werfen. Das tut die Grafik. Hier werden die Renditen von Aktien und Anleihen kombiniert, indem die Rendite von Anleihen von der von Aktien abgezogen wird.

Anleihen werfen im Abschwung eine hohe Rendite ab. Die Zinsen sinken zwar, doch dadurch steigt der Kurs der Anleihen. Die Gesamtperformance steigt dadurch. Bei Aktien ist es umgekehrt. Die Dividendenrendite bleibt mehr oder minder konstant, doch die Kurssteigerungen fallen geringer aus oder sind negativ. Die Gesamtrendite sinkt.

Im letzten Jahr haben nun Anleihen genauso viel Rendite gebracht wie Aktien. In Summe ergibt sich so ein Wert von null. Diese Renditedifferenz ist nun ein exzellenter Indikator für das Wirtschaftswachstum mit einer Vorlaufindikatorfunktion.

Derzeit deutet alles auf eine sehr schnelle Verlangsamung des Wirtschaftswachstums hin. Die Renditedifferenz lässt Nullwachstum erwarten. Nullwachstum ist immer noch keine Rezession. Es fehlt dazu jedoch nicht mehr viel und selbst Nullwachstum kann man als Ende des Aufschwungs betrachten.

Die Lage ist nicht katastrophal, aber ernst. Man kann die Vorzeichen nicht mehr übersehen. Ohne Zinssenkungen droht eine Verlangsamung des Wachstums bis hin zum Stillstand. Das ist ein hohes Risiko, wenn man eine Rezession vermeiden will.

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3 Kommentare

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  • Dr. Bull
    Dr. Bull

    1. Weil man denkt, es wäre nötig und 2. damit die Bevölkerung denkt, dass die Politiker was tun.

    22:06 Uhr, 16.07. 2019
    1 Antwort anzeigen
  • rondollo
    rondollo

    Weil es de orange Kaiser will.

    20:59 Uhr, 16.07. 2019

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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