Kommentar
11:50 Uhr, 18.05.2021

Wie sorglos ist der Aktienmarkt?

Der Aktienmarkt ist immer dann gefährdet, wenn Anleger zu sorglos sind. Wie sorglos sind diese aber?

In den letzten Monaten waren einige Anleger zum Teil sehr sorglos und vor lauter Euphorie fast benommen. Es handelte sich dabei um eine ganz bestimmte Anlegergruppe, vor allem jene jungen Trader, die erst mit der Pandemie an den Markt gekommen sind. Diese Anleger kauften weniger marktbreite Indizes, sondern Aktien mit viel Momentum. Zu diesen Aktien gehörten insbesondere Technologiewerte, die von der Pandemie profitierten, etwa Zoom Video, aber auch Zukunftssektoren wie Elektromobilität und Brennstoffzellen. In diesen Bereichen gab es eine Blase und sie ist still und heimlich geplatzt. Zoom Video stand einmal bei knapp 600 Dollar und halbierte sich zeitweise. Die Aktien von Brennstoffzellenherstellern, z.B. Plug Power, stehen 50-70 % unter ihren Hochs der letzten Monate. Auch Tesla Konkurrenten wie Nio, XPeng, Nikola, Fisker usw. sind teils nur noch zu einem Bruchteil im Vergleich zum Hoch bewertet.

Euphorie wurde in Teilen des Marktes bereits abgebaut. Das wirklich Wichtige ist aber, dass die Euphorie eben nur in Teilen des Marktes stattfand und keine Massenhysterie um sich griff. Der Markt gilt dennoch als hoch bewertet und man fragt sich wie viel Sorglosigkeit in den Kursen steckt.

Darauf gibt ein Indikator eine Antwort. Als Benchmark für Sorglosigkeit kann man zwei Assets heranziehen, die die zwei Seiten von Panik und Euphorie darstellen. Gold ist ein Panikrohstoff. Gold gewinnt in schwierigen Zeiten. Auf der anderen Seite befindet sich Kupfer. Kupfer wird nachgefragt, wenn Anleger einen Aufschwung sehen.

Gerade eben erreichte Kupfer ein neues Rekordhoch. Der Goldpreis ist davon weit entfernt. Je höher das Kupfer/Gold Verhältnis ist, desto sorgloser und optimistischer sind Anleger. Grafik 1 zeigt dazu das Verhältnis als Oszillator. Derzeit befindet sich der Wert im Bereich der Sorglosigkeit.

Der Indikator spiegelt die Aktienmarktperformance gut wider (Grafik 2). Performance und Indikator sind stark korreliert. Das ist auch kein Zufall. Die Preise der beiden Rohstoffe werden direkt durch Optimismus und Panik bestimmt.

Aktuell erkennt man, dass die Sorglosigkeit weiter zunimmt. Historisch betrachtet ist auch noch mehr Euphorie denkbar. Langsam, aber sicher steuern wir auf Extremwerte für den Gesamtmarkt zu. Das ist ein erheblicher Unterschied zu der Situation in den letzten Monaten, in denen lediglich einzelne Branchen zu hoch bewertet wurden.

Ein exaktes Timing lässt der Indikator nicht zu. Einen perfekten Indikator gibt es nicht. Der Indikator lädt jedoch zu einer gesunden Paranoia ein. Ist zu viel Optimismus im Markt, besteht die Gefahr, dass der nächste Rücksetzer nicht schon mit einem kleinen Minus von 4 % wie in der vergangenen Woche beendet ist.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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