Kommentar
08:00 Uhr, 16.03.2025

Wie sich die Zölle auf US-Aktien auswirken

Die Finanzmärkte sind inmitten der Zollverhandlungen zwischen den USA und ihren wichtigsten Handelspartnern ins Taumeln geraten. Sollten die USA anhaltende Zölle einführen, würde dies laut Goldman Sachs Global Investment Research den Gewinn pro Aktie im S&P 500 Index wahrscheinlich um 2 bis 3 % senken.

Neben den zusätzlichen Zöllen in Höhe von 10 % auf Einfuhren aus China hat die Trump-Administration auch Zölle in Höhe von 25 %auf Einfuhren aus Mexiko und Kanada vorgeschlagen, die inzwischen verschoben wurden. Auch gegenüber der EU wurden Zölle vorgeschlagen. Es bleibt abzuwarten, ob die USA erhebliche Zölle festlegen oder einen Kompromiss mit ihren Handelspartnern erzielen werden.

Die Basisprognose der Ökonomen von Goldman Sachs (die Zölle auf chinesische Exporte, aber nicht auf Mexiko und Kanada einschließt) schätzt, dass der effektive US-Zollsatz um etwa 4,7 Prozentpunkte steigen könnte. Wenn Zölle auf Kanada und Mexiko eingeführt werden, würde sich der effektive Zollsatz um weitere 5,8 Prozentpunkte erhöhen.

Wie werden sich die Zölle auf den S&P 500 auswirken?

Für den Aktienmarkt wird geschätzt, dass jeder Anstieg des US-Zollsatzes um fünf Prozentpunkte den Gewinn pro Aktie des S&P 500 um etwa 1 bis 2 % verringert, schreibt David Kostin, Chefstratege für US-Aktien bei Goldman Sachs Global Investment Research, im Bericht des Teams.

Die kürzlich in Erwägung gezogenen US-Zölle sind ein 25-prozentiger Zoll auf importierte Waren aus Mexiko und Kanada (Energieimporte aus Kanada unterliegen einem schrittweise anwachsenden zusätzlichen 10-prozentigen Zoll) und ein schrittweise anwachsender zusätzlicher 10-prozentiger Zoll auf Importe aus China. Zölle in dieser Höhe würden die EPS-Prognosen (EPS: Earnings per Share) von Goldman Sachs Research für den S&P 500 um etwa 2 bis 3 %t senken, wenn sie aufrechterhalten werden.

"Wenn die Unternehmensleitungen beschließen, die höheren Inputkosten zu absorbieren, würden die Gewinnspannen gedrückt werden", schreibt Kostin. „Wenn die Unternehmen die höheren Kosten an die Endkunden weitergeben, könnten die Verkaufsmengen leiden. Die Unternehmen könnten versuchen, ihre Zulieferer unter Druck zu setzen, und sie auffordern, einen Teil der Kosten des Zolls durch niedrigere Preise aufzufangen“.

Nach Ansicht der Devisenanalysten von Goldman Sachs Global Investment Research könnten die Zölle auch den Wert des Dollars in die Höhe treiben. Ein stärkerer Dollar könnte die Gewinne der S&P-500-Unternehmen, die 28 % ihrer Einnahmen außerhalb der USA erzielen (obwohl sie weniger als 1 % ihrer Einnahmen explizit aus Mexiko und Kanada melden), weiter belasten.

Das Ertragsmodell von Goldman Sachs Global Investment Research geht beispielsweise davon aus, dass eine 10-prozentige Aufwertung des handelsgewichteten Dollars bei sonst gleichen Bedingungen den Gewinn je Aktie des S&P 500 um etwa 2 % verringern würde.

Während Trumps letzter Präsidentschaft fiel der S&P 500 laut Goldman Sachs Research an Tagen, an denen die USA 2018 und 2019 Zölle ankündigten, um insgesamt 5 %. An Tagen, an denen andere Länder Vergeltungszölle ankündigten, sank er um etwas mehr, nämlich um insgesamt 7 %.


Abb. 1: Historische Reaktion des S&P 500 auf Zollankündigungen

Der Chart zeigt die Kursentwicklung des S&P 500, die auf die Ankündigung von Zollerhöhungen oder von Vergeltungszöllen folgte. Dabei wurden Zollankündigungen ausgeschlossen, die nur geringe Auswirkungen auf die US-Aktienkurse hatten oder an Tagen stattfanden, an denen ein anderes Ereignis dominierte.

Quelle: Haver Analytics, Goldman Sachs Global Investment Research


Die Auswirkungen der politischen Unsicherheit auf US-Aktien

Die Zölle könnten sich nicht nur auf die Erträge auswirken, sondern auch die Unsicherheit bei US-Aktien erhöhen. Der US-Index für wirtschaftspolitische Unsicherheit – der auf Zeitungsberichten, Berichten des Congressional Budget Office und einer Umfrage unter Wirtschaftsprognostikern basiert – hat sich im Zuge der Handelsunsicherheit erheblich verändert. Kurz vor den jüngsten Ankündigungen von Zöllen zeigte der Index einen Ausschlag, der im Vergleich an die Spitzenwerte der letzten 40 Jahre heranreicht.


Abb. 2: Wirtschaftspolitische Unsicherheit stark gestiegen

Der US-Index für wirtschaftspolitische Unsicherheit hat sich im Zuge der Handelsunsicherheit erheblich verändert. Kurz vor den jüngsten Ankündigungen von Zöllen sprang der Index auf einen Spitzenwert.

Quelle: PolicyUncertainty.com, Goldman Sachs Global Investment Research


Die historische Beziehung zwischen politischer Unsicherheit und der Prämie, die Anleger von S&P-500-Unternehmen als Gegenleistung dafür verlangen, dass sie deren Aktien in Zeiten erhöhter Risiken halten, deutet darauf hin, dass der jüngste Anstieg der Unsicherheit den Wert von US-Aktien belasten wird. Sie könnte den 12-Monats-Kurs-Gewinn-Multiplikator (ein wichtiges Maß für den Marktwert einer Aktie) um etwa 3 %t senken.

Kostin weist auch darauf hin, dass einige Anleger befürchten, dass die Zölle zu höheren Zinsen führen könnten. Hohe Anleiherenditen könnten die Aktienbewertungen belasten, da steigende Anleiherenditen Aktien weniger attraktiv erscheinen lassen.

In der Tat könnte das Risiko, dass Zölle die Inflation in die Höhe treiben, zu einem kurzfristigen Anstieg der Renditen führen, insbesondere bei Anleihen mit kürzerer Laufzeit, so die Ökonomen von Goldman Sachs Global Investment Research. Sie gehen jedoch davon aus, dass die möglichen Auswirkungen eines Handelskonflikts auf das Wirtschaftswachstum letztlich einen größeren Anstieg der langfristigen Renditen verhindern würden.

Zusammengenommen deuten die Modelle für den Gewinn je Aktie und die Bewertungen darauf hin, dass der faire Wert des S&P 500 in naher Zukunft um 5 % sinken könnte, falls es zu anhaltenden US-Zöllen wie den kürzlich diskutierten kommt. Eine nur vorübergehende Einführung von Zöllen würde sich weniger stark auf die Aktienmärkte auswirken.

Aktuelle Analysen und Trends aus dem Finanzsektor findest Du auch im kostenlosen KnowHow-Magazin von Goldman Sachs unter www.gs.de


Dieser Artikel wird ausschließlich zu Informationszwecken zur Verfügung gestellt. Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen stellen keine Empfehlung einer Goldman Sachs-Einheit für den Empfänger dar, und Goldman Sachs erteilt weder durch diesen Artikel noch für den Empfänger eine Finanz-, Wirtschafts-, Rechts-, Anlage-, Buchhaltungs- oder Steuerberatung. Weder Goldman Sachs noch eines seiner verbundenen Unternehmen gibt eine ausdrückliche oder stillschweigende Zusicherung oder Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der in diesem Artikel enthaltenen Aussagen oder Informationen, und jegliche Haftung (einschließlich in Bezug auf direkte, indirekte oder Folgeschäden) wird ausdrücklich abgelehnt.


Quelle: Dieser Beitrag erschien am 7. Februar 2025 auf www.goldmansachs.com unter dem Titel „How tariffs are forecast to affect US stocks“ im Bereich Insights/Articles. Bitte beachte, dass die darin getroffenen Aussagen keine Anlageempfehlungen darstellen.


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