Kommentar
06:10 Uhr, 03.12.2017

Wie Notenbanken Zombies erschaffen

Zombies bringen viel Geld – zumindest im Fernsehen und an der Kinokasse. In der Wirtschaft sieht das anders aus.

Man kann von einer regelrechten Zombie-Apokalypse sprechen. Wie im Film ist das kein isoliertes Problem, sondern gleich ein globales. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) erhebt dazu regelmäßig Daten. Im Kern geht es dabei um Unternehmen, die eigentlich schon insolvent sind.

Bei Zombie Unternehmen handelt es sich um Firmen, die hoch verschuldet sind. Sie mussten noch keine Insolvenz anmelden, weil sie ihre Schulden und auch Zinsen refinanzieren können. Ohne diese Refinanzierung würden sie zusammenbrechen, da die Zinszahlungen das operative Vorsteuerergebnis bereits übersteigen.

In der Eurozone liegt der Anteil dieser Firmen bei 10 % (Grafik 1). In Großbritannien ist es etwas mehr. Spitzenplatz haben allerdings die USA. Hier schleicht der Wert Richtung 20 %. Einige Analysten gehen daher damit haussieren, dass bei höheren Zinsen ein Fünftel aller Unternehmen bankrottgehen könnte.

So schlimm wird es dann wohl nicht kommen. Auch vor der letzten Rezession lag der Anteil dieser Unternehmen bereits bei 16 %. Einige Firmen mussten Insolvenz anmelden, aber bei weitem nicht alle. Ein Massensterben wird es nicht geben, doch das Problem muss angegangen werden.

Die Bonität von Unternehmen ist seit Jahren in einem Abwärtstrend. Unternehmen, die ein A oder BBB Rating haben, werden immer seltener. In den USA waren es im Jahr 2000 noch fast 60 % aller Unternehmen. Heute sind es weniger als 50 %. Die Lage ist in Großbritannien und der Eurozone etwas besser, doch auch hier ist der Trend negativ (Grafik 2).


Nicht zuletzt die endlose Dauer der Niedrigzinsphase ermöglicht es Unternehmen, sich doch noch irgendwie über Wasser zu halten. Dabei geht es nicht nur um die Höhe der Zinsen, sondern auch um die Geldgeber. Keiner weiß mehr, wohin mit all dem Geld. Um noch ein bisschen Rendite zu erwirtschaften, gibt man es eben Unternehmen mit fragwürdiger Bonität.

In der Eurozone liegt die Rendite von Ramschanleihen auf dem Niveau 10-jähriger US-Staatsanleihen. Die Rendite deckt gerade noch die Ausfallquote des Sektors. Real lässt sich kein Geld mehr verdienen. Genau eine solche Akrobatik wollten die Notenbanken. Das Kunststück ist geglückt.

So wurden viele Firmen vor dem Bankrott bewahrt. Das hat kurzfristig Stabilität gebracht und Arbeitsplätze erhalten. Langfristig löst es jedoch keine Probleme. Würde man Zombie Unternehmen in die Insolvenz gehen lassen, wären viele andere Probleme gelöst. Global leiden wir immer noch unter Überkapazitäten. Eine Bankrottwelle würde diese abbauen.

Die Rendite für die überlebenden Unternehmen steigt in einem solchen Szenario. Dann lohnen sich auch wieder Investitionen und das Produktivitätswachstum könnte anspringen. Die Angst vor dieser schöpferischen Zerstörung ist jedoch zu groß. Das macht es langfristig nicht besser, sondern schlimmer. Wenn immer mehr Unternehmen zu Zombies werden, ist die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft irgendwann nicht mehr gewährleistet. Der große Knall lässt sich dann nicht mehr vermeiden.

Clemens Schmale

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2 Kommentare

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  • Zukunft21
    Zukunft21

    auf diesen großen Knall warten wir doch schon seit geraumer Zeit.

    Dieser wird kommen ist eben wie immer nur die Frage wann und was ist der Auslöser.

    16:09 Uhr, 02.12.2017
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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