Kommentar
10:09 Uhr, 04.07.2019

Wichtig für deutsche Aktien: Ist die Wirtschaft über den Berg?

Für Konjunkturdaten interessiert sich die Börse schon länger nicht mehr. Heißt das, dass die Wirtschaft über den Berg ist?

Ein Sprichwort besagt, dass die Börse 9 von 5 Rezessionen vorhersagt. Übersetzt bedeutet das: es gibt ungefähr doppelt so viele Korrekturen bzw. Bärenmärkte wie es Rezessionen gibt. Anleger reagieren gerne etwas heftiger und öfter als notwendig. Heute erinnert sich kaum noch jemand daran, dass Indizes rund um den Globus noch vor einem halben Jahr zu kollabierten drohten. Nun, ein halbes Jahr später, fragt man sich, wieso überhaupt Panik um sich griff. Die Welt steht immer noch. Anleger sind ganz umsonst nervös durch die Gegend gerannt und haben alles verkauft, was sich nicht verstecken konnte.

Man gewinnt fast den Eindruck, dass es den wirtschaftlichen Abschwung, vor dem alle Angst hatten, gar nicht gibt. Das wurde auch mit den Wachstumszahlen für das erste Quartal irgendwie bestätigt. Nachdem die Wirtschaft im dritten Quartal 2018 geschrumpft war, konnte sie Ende des Jahres wieder minimal zulegen. Dann kam das erste Quartal 2019 – und wie es kam! Der Rebound konnte sich wirklich sehen lassen (Grafik 1).

Der Rebound fiel nicht vom Himmel. Die Autoproduktion konnte wieder zulegen, nachdem neue Abgasnormen für einen Einbruch Ende 2018 sorgten. Auch Großbritannien half Deutschland auf die Beine. Es importierte so viel wie noch nie. Die Lager sollten vor dem möglichen Brexit Ende März gefüllt sein.

Ist damit wieder alles gut? Mitnichten. Die meisten Prognosen für das Gesamtjahr gehen von einem Wachstum von 0,5 % aus. Der Meinung ist auch die Bundesregierung und die EU-Kommission. Die Wirtschaft ist im ersten Quartal aber bereits um 0,4 % gewachsen. Für die übrigen drei Quartale bleiben da nur noch 0,1 %.

Deutschland wird bis Jahresende also entweder stagnieren oder in einem Quartal wachsen, dafür dann im nächsten wieder schrumpfen. Das ist ein realistisches Szenario. Der Ausblick trübt sich weiterhin ein. Die Geschäftserwartungen konnten sich nur kurzzeitig stabilisieren. Inzwischen drehen sie wieder deutlich nach unten (Grafik 2).

Der enge Zusammenhang aus Geschäftserwartungen und Wirtschaftswachstum lässt sich kaum übersehen. Die abnehmende Dynamik ist durchaus mit der Zeit von 2011 bis 2012 vergleichbar. Damals entkam die Wirtschaft der Rezession nicht. Eine formale Rezession muss es dieses Mal nicht geben. In der Praxis ist es aber unerheblich, ob nun formal eine Rezession stattfindet oder nicht. Solange die Wirtschaft nicht wächst, geht nichts vorwärts.

Anleger haben das Thema verdrängt. Es ist nur eine Frage der Zeit bis es wieder auftaucht. Dann gibt es wieder eine Korrektur und wir hätten die zwei Drawdowns und nur einen Abschwung. Das Sprichwort hätte sich wieder bewahrheitet.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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