Kommentar
09:47 Uhr, 12.10.2015

Wer Apple kauft, kauft auch...

....eine Anleihe. Viele US Unternehmen, darunter Apple, sitzen auf gigantischen Bargeldreserven. Diese Reserven liegen nicht einfach herum, sondern werden investiert - und zwar in Anleihen. So kommt es, dass fast ein Drittel von Apples Marktkapitalisierung in Anleihen steckt.

Erwähnte Instrumente

Wohin mit dem Geld?

Apple macht viele Schlagzeilen. Viele davon befassen sich mit den Bargeldreserven des Unternehmens, die inzwischen die 200 Mrd. USD Marke überschritten haben. Apples Bargeldreserven übersteigen inzwischen die jährliche Wirtschaftsleistung von 128 Ländern von insgesamt 181 Ländern, für die es zuverlässige Daten gibt.

Apple hat so viel Cash, dass es problemlos Wal-Mart, Coca-Cola, Pfizer, AT&T oder Walt Disney kaufen könnte – ganz ohne Schuldenaufnahme. Kurz gesagt: Apple hat wirklich richtig viel Bargeld. Apple ist nicht das einzige Unternehmen, welches hohe Cashreserven besitzt. Microsoft und General Electric haben Reserven von über 100 Mrd. Es folgen Unternehmen wie Google, Oracle und Cisco, die immerhin noch mehr als 50 Mrd. auf der Seite haben. Doch was machen die Unternehmen mit all dem Geld?

Grafik 1 zeigt, was die US-Unternehmen mit den größten Reserven mit ihrem Geld machen. Der Großteil des Geldes wird angelegt. Die aufgeführten Unternehmen halten zusammen ca. 735 Mrd. USD Reserven. 28,9% davon werden in Unternehmensanleihen angelegt. Die zweitgrößte Position sind US Staatsanleihen mit 24,2%.

Anleihen gelten derzeit als Bargeldersatz. Auf dem Geldmarkt erhalten Unternehmen kaum noch eine Rendite und man kann auch schlecht 200 Mrd. einfach auf dem Konto liegen lassen. Das Risiko ist zu groß. Gleichzeitig muss man festhalten, dass Unternehmen ein gewisses Risiko nicht scheuen. Immerhin werden knapp 25 Mrd. direkt in Aktien investiert.

Unternehmen mit hohen Bargeldreserven sind inzwischen zu Anleihenfonds mutiert. Der derzeit größte offizielle Anleihenfonds, der Vanguard Total Bond Market Index Fund, managt 147 Mrd. USD. Apple hat insgesamt 180 Mrd. in Anleihen investiert. Damit ist Apple de facto der größte Einzelinvestor in Anleihen und der größte Anleihenfonds der Welt, wenn man so will.

Durch die Investition in den Anleihenmarkt erwirtschaftet Apple hohe Erträge. Sie dürften inzwischen bei ungefähr 5 Mrd. liegen. Das ist ein sehr anständiges Einkommen. Gleichzeitig ist Apple selbst mit gut 50 Mrd. verschuldet. Die Zinsen, die Apple dafür zahlen muss, liegen bei weniger als der Hälfte dessen, was Apple über die Investitionen wieder einnimmt. Unterm Strich kann Apple Arbitrage betreiben. Apple verschuldet sich zu niedrigeren Zinsen als die Investments abwerfen. Es ist für Apple günstiger sich zu verschulden und dieses Geld in Dividenden und Aktienrückkäufe zu stecken als dafür die Reserven zu verwenden.

Unterschätztes Risiko

Der Deal – mehr Zinsen einnehmen als ausgeben – klingt auf den ersten Blick gut. Auf den zweiten Blick birgt das Investment ein hohes Risiko. Ohne Zweifel investieren die meisten Unternehmen in Anleihen mit hohem Rating, doch das schützt nicht unbedingt vor Verlusten.

Grafik 2 zeigt den Anlagemix der Unternehmen mit den größten Cashreserven. Microsoft investiert vor allem in Staatsanleihen und ist damit auf einer sichereren Seite als etwa Apple. Apple liebt Unternehmensanleihen. Diese werfen höhere Zinserträge ab, doch das Risiko ist auch größer.

Kommt es zu einem Sell-Off wie 2008, dann würde der Wert der Investment Grade Unternehmensanleihen um 15 bis 20 sinken. Sofern Unternehmen ihre Investments über Marktwerte in ihre Bilanzrechnung einfließen lassen könnte Apple Verluste von bis zu 30 Mrd. USD ausweisen müssen. Das steht einem derzeitigen Gewinn von über 40 Mrd. gegenüber und wirkt nicht bedrohlich. Ein Sell-Off auf dem Bond Markt geht jedoch für gewöhnlich mit wirtschaftlich schwierigen Zeiten einher. Befindet sich die Wirtschaft im Abschwung und sinken die Unternehmensgewinne ohnehin, dann wird die Lage durch das große Anleihenportfolio verschärft. Apple müsste plötzlich einen Verlust von 10 oder 20 Mrd. ausweisen, obwohl das Kerngeschäft noch gesund ist.

Apple ist in den vergangenen Jahren zu einer Gelddruckmaschine mutiert. Das gibt Anlegern eine hohe Zuversicht für die Zukunft. Unterschätzen sollte man die Gefahren der Investitionen in Anleihen jedoch nicht. Einige Unternehmen (Microsoft, Pfizer, Qualcomm) sind fast zu 100% investiert. Sie haben nur sehr wenig Bargeld wirklich sofort verfügbar.

Unternehmen gehen davon aus, dass sie ihre Anlagen schnell verkaufen können, wenn sie das Geld brauchen. Sie brauchen das Geld allerdings nur, wenn in der Wirtschaft etwas schief läuft. Genau dann kommt es zum Sell-Off und Liquiditätsengpässen, was für sehr hohe Kursverluste sorgen kann. Braucht ein Unternehmen viel Cash, um z.B. eigene Schulden zurückzuzahlen, dann ist vorstellbar, dass sie Anleihen um jeden Preis verkaufen müssen. Der Verlust wäre hoch.

Verschärfend kommt hinzu, dass sich viele Unternehmen gleichzeitig in derselben Situation befinden. Wenn viele Akteure gleichzeitig verkaufen wollen oder müssen, dann kann man sich vorstellen, was auf dem Markt los sein wird, zumal Unternehmen einen nicht zu unterschätzenden Teil des Marktes ausmachen. Genaue Zahlen gibt es nicht, doch man kann davon ausgehen, dass US Unternehmen inzwischen bis zu 10% aller Unternehmensanleihen halten.

Unternehmen verschulden sich bei anderen Unternehmen. Das geht gut, solange der Markt ruhig ist. Die engen Verflechtungen werden zum Problem, wenn es nicht mehr gut läuft. Dann verschlimmert die Situation erheblich. Anleger sollten sich darüber im Klaren sein. Wer heute Aktien von Unternehmen mit großen Bargeldreserven kauft, der holt sich ein gehöriges Stück zusätzliches Zins- und Liquiditätsrisiko ins Depot.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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