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12:00 Uhr, 15.07.2011

Weltwirtschaft zeigt sich nach wie vor zweigeteilt

Frankfurt (BoerseGo.de) - Laut dem Chefökonom von Invesco, John Greenwood ist die Weltwirtschaft nach wie vor zweigeteilt: Auf der einen Seite stehen die dynamisch wachsenden Schwellenländer in Asien und Lateinamerika, auf der anderen die wachstumsschwachen, krisengeschüttelten Länder Westeuropas und Nordamerikas. Während die Industrieländer weiter mit den Nachwehen der Wirtschaftskrise zu kämpfen hätten, dürften viele Schwellenländer ihre Geldpolitik noch bis mindestens Ende 2011 weiter verschärfen, um Marktblasen und einer wirtschaftlichen Überhitzung entgegenzuwirken. Beide Faktoren könnten Greenwood zufolge in der zweiten Jahreshälfte 2011 für Gegenwind an den globalen Märkten für risikoorientierte Anlagen sorgen.

Doch obwohl die steigenden Rohstoffpreise in vielen Volkswirtschaften zu erhöhtem Inflationsdruck geführt hätten, hält Greenwood die Wahrscheinlichkeit einer anhaltenden Teuerung aufgrund des unterschiedlich schnellen Geld- und Kreditwachstums in den Schwellenländern für höher als in den Industriestaaten. "Solange die Bilanzgesundung in den Industrieländern andauert und das Wirtschaftswachstum unterdurchschnittlich bleibt, werden die Notenbanken die Leitzinsen kaum anheben, und der Inflationsdruck dürfte gering bleiben."

Im Hinblick auf die Schuldenkrise in der Euro-Peripherie geht Greenwood nicht davon aus, dass das Ende Juni beschlossene zweite Rettungspaket für Griechenland eine Lösung der Krise herbeiführen wird. Zum einen würden die Liquiditätshilfen auf zunehmenden Unmut in der griechischen Bevölkerung und bei den Steuerzahlern der anderen Euro-Staaten stoßen, zum anderen adressierten sie nicht die zentralen fundamentalen Probleme wie die fehlende Wettbewerbsfähigkeit oder Zahlungsfähigkeit des Landes. Für Greenwood sei daher der Austritt Griechenlands aus der Eurozone "nur eine Frage des wann und wie – im Rahmen eines geordneten oder ungeordneten Ausstiegs".

Darin prognostiziert er für die Eurozone für das laufende Jahr ein reales BIP-Wachstum von insgesamt 2,1 Prozent, bei großen Unterschieden zwischen den dynamisch wachsenden Kernländern, vor allem Skandinavien, Deutschland, und der stagnierenden oder schrumpfenden Peripherie, insbesondere den Krisenländern Irland, Portugal, Griechenland, Italien und Spanien. Neben der Staatsschuldenproblematik in der Eurozone kämpfe die Privatwirtschaft in den Randstaaten mit dem Einbruch des Geld- und Kreditwachstums, dem langwierigen Entschuldungsprozess im privaten Sektor und der Aussicht auf eine längere Phase der binnenwirtschaftlichen Deflation, die erforderlich sein werde, um die externe Wettbewerbsfähigkeit dieser Länder wiederherzustellen.

In den USA rechnet Greenwood auch weiterhin mit einer unterdurchschnittlichen Erholung, die er vor allem mit der Anhäufung der Bilanzprobleme begründet, für die es keine kurzfristige Lösung gebe. Für 2011 seien die Konsensprognosen nach einer Häufung enttäuschender Wirtschaftsdaten seit Februar von 3,2 Prozent auf 2,5 Prozent abgesenkt worden. Für das Gesamtjahr 2011 rechnet Greenwood mit einem realen BIP-Wachstum von 2,7 Prozent bei einer genauso hohen Verbraucherpreisinflation. „Ausgehend von einem fortgesetzt soliden Wachstum der Unternehmensgewinne sollte dies eine aus Anlegerperspektive günstige Konstellation darstellen”, so der Ökonom. Für Gegenwind sorgten jedoch weiter das Auslaufen der quantitativen Lockerungsmaßnahmen der Fed (QE2), das fehlende Wachstum der Bankbilanzen und der anhaltende Entschuldungsprozess.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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