Kommentar
14:59 Uhr, 18.07.2014

Weidmann spricht erstmals von Zinserhöhungen

Als erstes EZB-Ratsmitglied hat Jens Weidmann heute von Zinserhöhungen gesprochen. Im aktuellen Lockerungswahn der EZB steht er damit aber alleine da.

Während die EZB ihre Geldpolitik in den letzten Monaten immer weiter gelockert hat und noch weitere Maßnahmen in Aussicht stellt, hält Bundesbank-Chef Jens Weidmann immer noch dagegen. Bei einer Rede in Madrid hat er nun erstmals sogar von einer Zinserhöhung gesprochen. Er plädierte dafür, dass bei der künftigen Geldpolitik keine Rücksicht auf die Finanzen der Staaten genommen werden dürfe. "Es ist sehr wichtig schon jetzt klar zu machen, dass das Eurosystem notwendige Zinserhöhungen nicht wegen des Zustandes öffentlicher Haushalte verschieben wird", sagte er laut Redetext und ergänze, dass das derzeit extrem niedrige Zinsniveau den Druck auf die Regierungen senke, ihre Haushalte in Ordnung zu bringen.

Er hat sich indirekt auch klar gegen eine weitere Lockerung der Geldpolitik ausgesprochen. "Mit Blick auf den Euroraum würde ich sagen, dass die Geldpolitik ihren Beitrag zur Bewahrung von Preisstabilität geleistet hat." Er steht mit seiner Meinung jedoch allein auf weiter Flur. Die meisten Notenbanker werden nicht müde zu betonen, dass die EZB bei Bedarf weitere Maßnahmen ergreifen wird. Weidmann ist auch das erste EZB-Ratsmitglied, das überhaupt von der Notwendigkeit höherer Zinsen spricht.

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass das extrem niedrige Zinsniveau zu Übertreibungen an den Kapital- und Immobilienmärkten führt, kann man die Forderung von Weidmann nur unterstreichen. Das deutsche Mitglied im EZB-Rat wird sich aber vermutlich - wie schon seine Vorgänger - nicht durchsetzen können.

1 Kommentar

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  • student
    student

    Sehr geehrter Herr Gansneder,

    es ist doch offensichtlich, dass die Euroländer eine deutsche Währungspolitik nicht wirklich wollen - und sich auch nicht leisten können. Aufhalten kann man diesen Prozeß am Ende nur durch eine Bankrotterklärung mit Einführung einer jeweils eigenen Währung - was eine Gesundung der Wirtschaft und der Nationalstaaten mit sich bringt, da ökonomische Unzulänglichkeiten über eine Abwertung reguliert werden.

    Das ist aber politisch (noch) nicht gewollt. Man sieht lieber zu, wie extremen politischen Kräften der europafeindliche Teppich ausgerollt wird, solange man selbst noch an der Macht ist.

    Eine weitere Variante könnte sein, dass Deutschland sich aus dem Währungsverband zurückzieht und die übrigen Staaten "machen lässt". Damit wäre fast allen geholfen. Der Euro würde in seiner Bedeutung dann nur so stark sein, wie es eben auch seine Mitglieder sind.

    Ein währungspolitischer Kraftakt in der einen oder anderen Variante würde Europas Leistungskraft und politischer Einheit mehr nützen und stützen als dass sich starke und schwache Wirtschaften durch einen starren Euro gegenseitig zermahlen.

    Einen schönen Sonntag noch.

    Viele Grüße

    11:18 Uhr, 20.07. 2014

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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