Kommentar
13:00 Uhr, 08.09.2016

Was Janet Yellen zur Verzweiflung treibt

Bis Dienstag sah eigentlich alles recht rosig aus. Als dann eine Reihe von Konjunkturdaten veröffentlich wurde, war Schluss mit lustig. Yellen dürfte die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen haben.

Noch bis vorgestern konnten die Notenbanker darauf hoffen, dass sie endlich den nächsten Zinsschritt wagen dürften. Der Arbeitsmarkt läuft nicht sensationell, aber gut genug. Die Exporte zogen über den Sommer etwas an und werden im laufenden Quartal wohl einen positiven Beitrag zum Wirtschaftswachstum liefern. Auch der Dollar machte keine Anstalten, weiter an Wert zu gewinnen. Die Ausgangslage war gut. Es gab keine offensichtlichen Steuerfeuer – bis Dienstag.

Das war ein ziemlich bitterer Tag. Wenn von den Notenbankern, insbesondere Yellen, eine Zinsanhebung im September erwartet wurde, dann hat sich diese Erwartung schnell in Luft aufgelöst. Das Gewerbe, welches seit der Großen Rezession nicht mehr so recht auf die Beine kommen will, scheint seine Erholung seit Jahresbeginn abgebrochen zu haben.

Der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe sackte wieder unter die Expansionsgrenze von 50 Punkten. Eine Abkühlung im Gewerbe für sich alleine ist noch keine Katastrophe. Der Dienstleistungssektor ist in den USA wesentlich wichtig. Doch auch hier gibt es keine guten Neuigkeiten. Der Index sackte auf 51,4 Punkte ab. Damit notiert der Index nur noch knapp in dem Bereich, der Wachstum signalisiert.

Wenn weder das Gewerbe noch der Dienstleistungssektor großes Wachstum signalisieren, woher soll es dann kommen? Es kommt zweifellos nicht vom internationalen Handel. Die USA konnten zuletzt wieder etwas mehr exportieren und ihr Handelsbilanzdefizit verkleinern, doch das reicht nicht aus, um die Wirtschaft in Schwung zu halten.


Aus Investitionen kommt auch kein Wachstum. Sowohl private als auch öffentliche Investitionen sind auf dem Rückzug. Im zweiten Quartal trugen Investitionen sogar negativ zum Wachstum bei. So sieht es nun also ganz danach aus, als ob die US-Wirtschaft doch nicht den großangelegten Rebound in Q3 erreichen wird.

Zu allem Überfluss sackte auch der Arbeitsmarktindex der Notenbank wieder in den negativen Bereich ab. Der LMCI (Labor Market Conditions Index), der aus mehr als einem Dutzend einzelner Indikatoren einen Index berechnet, notiert wieder im negativen Bereich. Das bedeutet nicht, dass keine Jobs mehr geschaffen werden. Es deutet jedoch eine klare Verlangsamung des Jobwachstums an.

Das Jobwachstum geht nun vermutlich wieder zurück, das Gewerbe befindet sich am Rande einer Rezession und der Dienstleistungssektor zeigt kaum noch Impulse. Das ist kein Umfeld, in dem die Fed die Zinsen erhöhen möchte. Es wird also wieder nichts mit der Zinserhöhung. Bis gestern konnten sich die Notenbanker noch Hoffnungen machen. Das ist jetzt vorbei. Der rasche Umschwung der Stimmung hat vermutlich bei keinem der Notenbanker für einen Herzinfarkt gesorgt, doch etwas überraschend war es vermutlich schon.

Clemens Schmale

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5 Kommentare

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  • tschak
    tschak

    Ach, WER BITTE ?? hat ernsthaft an eine Sep. Zinserhöhung geglaubt - kurz vor der nervösen US-Wahlzeit...bei dieser Ausgangs-Situation. Jeder normal denkende Mensch würde jetz auch nicht die Zinsen erhöhen. Die Notenbank kann nicht anders - passt schon!

    21:17 Uhr, 08.09. 2016
  • Put.in
    Put.in

    Sieht ganz so aus, als ob sich in sämtlichen wichtigen Indizes große Topbildungen anbahnen...

    Bin mal gespannt, was nach der US-Präsidentenwahl abgeht...

    15:35 Uhr, 08.09. 2016
  • Chronos
    Chronos

    Es war NIE die Rede von September. Jedenfalls habe ich das weder gehört noch gelesen.

    13:11 Uhr, 08.09. 2016
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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