Kommentar
12:30 Uhr, 14.11.2007

Was ist ein Hebeleffekt? - Am Beispiel des BOBL Futures

Mit Hilfe eines Hebels lassen sich relativ schwere Objekte mit relativ wenig Kraftaufwand bewegen. Ähnlich verhält es sich bei Termingeschäften: Mit einem relativ geringen investierten Geldbetrag lassen sich relativ große Kapitalbeträge steuern, was bei zutreffender Kursprognose naturgemäß mit entsprechend hohen Gewinnmöglichkeiten in den Terminmärkte einhergeht. Diesen Gewinnchancen stehen aber untrennbar grundsätzlich ebenso hohe Verlustrisiken gegenüber. Bei unbedingten Termingeschäften, wie insbesondere bei Futuresgeschäften, ist zu beachten, dass sich die Verpflichtung eines Investors mit Öffnung einer Position auf den Gesamtwert des Kontraktumfangs erstreckt, auch wenn für Futures im Regelfall am Anfang nur etwa 5 bis 15% des jeweiligen Kontraktgegenwertes als Einschuss ("initial margin") zu hinterlegen sind. Da der Mindesteinschuss offenkundig relativ gering im Verhältnis zum Kontraktgegenwert ausfällt, resultiert hieraus ein entsprechend starker Hebeleffekt (Neudeutsch: "Leverage-Effekt", "risk-return-leverage"). Allgemein gilt: je geringer der Einschuss, desto größer der Hebeleffekt (= Hebelwirkung sinkender Ersteinschüsse auf die Eigenkapitalrentabilität).

Aufgrund der beträchtlichen Hebelwirkung, die den meisten Derivaten eigentümlich ist, sind für den glücklich arbitragierenden Händler in manchen Terminmärkten – und hier besonders in jenen, die wiederholt heftigen Schwankungen unterworfen sind – auf das hinterlegte "initial margin" (bzw. auf eine Optionsprämie) bezogene Gewinne von teilweise weit über 100% keine Seltenheit. Und so kommt es, dass der eine oder andere innerhalb kürzester Zeit schon ein Vermögen aufgehäuft hat. Diesen beachtlichen Gewinnchancen steht auf der anderen Seite aber unweigerlich die Wertgefahr (Verlustrisiko, Gefährdung des Vermögens, Insolvenzrisiko) gegenüber. Da der Hebel nämlich nicht allein bei positiver, sondern gleichermaßen auch bei negativer Marktentwicklung wirkt, sind ebenso gut hohe Verluste möglich. Bei einigen Formen von Termingeschäften, wie z.B. bei Short-Futures, Short-Forwards und Short-Call-Optionen etc., fallen selbige nicht selten exorbitant hoch aus. Die Höhe potenzieller Geldvermögensverluste aus vorstehenden Instrumenten ist typischerweise nicht auf Ersteinlagen resp. Prämien beschränkt, sondern kann zum Teil weit darüber hinausreichen. Theoretisch ist sie sogar unbegrenzt. Demnach muss für spekulativ motivierte Engagements in Termingeschäften die grobe Faustregel greifen, dass prinzipiell nur so viel Risikokapital "aufs Spiel gesetzt" werden sollte, dass ein hiermit verbundenes Risiko jederzeit tragbar bleibt, so dass als Folgeerscheinung eines möglichen Verlustfalls 1.) ein Liquiditätsengpass oder gar ein Hineinmanövrieren in existenzgefährdende Situationen sich vermeiden lässt und 2.) der gegenwärtige Lebensstandard davon keine sonderliche Beeinträchtigung erfährt.

Beispiel Hebeleffekt: Der Ersteinschuss für einen Euro-Bobl-Futures der Terminbörse Eurex (Produktkürzel: FGBM) mag 1000 € betragen. Kauft der Investor diesen Futures bei einem Börsenterminkurs von 105,00%, so bewegen Kursänderungen des Futures, trotz des vergleichsweise geringen Einschussbetrages, immer den Gesamtwert der zugrunde liegenden Anleihen, hier in Höhe von 105000 € (d.h. 105,00% von 100000 € Nominalwert) insgesamt. Steigt der Futureskurs in der Folgezeit beispielsweise auf 115,00%, so gewinnt der Investor 10000 € hinzu. Bezogen auf seinen ursprünglich hinterlegten Einschuss von 1000 € – den der Investor natürlich zusammen mit seinem Gewinn bei Glattstellung des Futures zurückerhält – errechnet sich eine Margin-Rendite von (10000/1000) × 100 = 1000%.

Ergebnis: Der Hebeleffekt bewirkt, dass bereits relativ geringfügige Kursänderungen von Finanzderivaten prozentual relativ große Änderungen in der Margin-Rendite hervorrufen.

Brokergebühren, die neben evtl. entgangenen Zinseinnahmen einen Großteil der eigentlichen Kosten für eine Teilnahme am Terminhandel darstellen, verändern regelmäßig den Hebeleffekt einseitig zu Lasten des Investors; denn die Brokergebühren müssen zunächst zurückverdient werden und schmälern somit etwaige Gewinne bzw. erhöhen anfallende Verluste.

Autor: Bert H. Deiters - Experte für Futures bei GodmodeTrader.de

Bert H. Deiters studierte Wirtschaftswissenschaften in Essen, ist European Merchant und Futures- und Options-Broker nach US-amerikanischem Recht (National Commodity Futures Exam der NFA) sowie Honorardozent für Finanzwirtschaft. Nach seinem Studium spezialisierte er sich im Bereich des Investmentbanking auf die Analyse und das Management von Finanzderivaten sowie den Handel mit Futures und Optionen und ist dort derzeit in unabhängiger Beratungsfunktion sowohl für private Investoren als auch für Finanzdienstleistungsunternehmen tätig.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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