Was die US-Wahlen gelehrt haben
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Viele Anleger waren am Morgen nach der Wahl verunsichert. Die Märkte reagierten mit einem großen Abschlag. Beides wäre mit besseren Erwartungen an den Wahlausgang vermeidbar gewesen.
Letztlich hat die Marktreaktion am Mittwoch einen Zusammenbruch durch Stop-Loss-Verkäufe abgewendet. Bis auf den Spekulanten und Analysten (die einen Aktien-Crash bei Trumps Wahl prognostizierten), dürfte der Tag kaum jemandem weh getan haben. Im Gegenteil. Das Investmentportfolio auf meinem Guidants-Expertendesktop steht besser da als vor der Wahl.
Zwei Dinge darf man nun für sich abhaken.
1. Auf Modelle vertrauen
Die falschen Wahlprognosen (die New York Times sah bis zum Wahlabend eine 85 % Gewinnwahrscheinlichkeit für Hillary Clinton) basierten auf Modellen, die mal wieder versagten. Die Gründe sind unterschiedlich. Viele Umfrageteilnehmer haben nicht zugeben wollen, dass sie Trump favorisierten. Eine Studie, die die Menschen nach der Wahlentscheidung ihrer Nachbarn befragte, lag näher am realen Ergebnis.
Die Gründe sind aber nachrangig. Sie versuchen nur wieder ein besseres Modell zu finden. Auch die optimierten Modelle werden versagen.
2. Den Medien folgen
Der US-Wahlkampf war schon immer eine Schlammschlacht, doch dieses Mal war es schlimmer denn je. Sex, Rassismus und Korruption bestimmten die Titelblätter. Am Ende glaubte jeder, die Amerikaner wählten zwischen einem Monster und einer Polit-Marionette. Und heute? Präsidial steht Donald Trump auf der politischen Bühne. Hillary Clinton wäre eine ebenso gute Präsidentin geworden, da bin ich mir sicher.
Warum ich Ihnen das schreibe? Weil Modelle auch an den Märkten immer wieder zu Fehleinschätzungen führen (ich habe selbst als Analyst und Fondsmanager einige Strategien entwickelt, bis ich erkennen durfte, dass ich dem größten Denkfehler der Finanzwirtschaft aufsaß).
Eine an mathematische Modelle glaubende Finanzindustrie hätte 2008 fast die Weltwirtschaft vor die Wand gefahren. Noch schlimmer sind Prognosen, die sich wissenschaftlich nennen. Sie beanspruchen das Dogma der Unantastbarkeit bis zum Eintreffen des Gegenteils. Wer sich einen Spaß machen will, überprüft bei Gelegenheit die Prognosen der "Wirtschaftsweisen" (das ist ein von der Bundesregierung berufener Expertenrat) auf Realitätsnähe.
Modelle basieren auf Statistiken und da Märkte chaotisch sind, funktionieren sie dort nicht. Es wird noch ein paar Jahre dauern, bis sich das durchsetzt.
Das mit der Presse ist ein alter Hut. Der Titelblattindikator ist so alt wie die Börse selbst. Und dennoch scheinen die Menschen unfähig, antizyklisch zu handeln.
Viele Grüße
Jakob Penndorf
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Natürlich sind die Menschen unfähig, antizyklisch zu handeln. Weil die meisten es nicht ertragen können, eine eigene Meinung zu vertreten. In der Masse fühlt man sich eben sicherer.
Dieses Massenphänomen dürfte bald auch an den Anleihemärkten eine bedeutende Rolle spielen. Das aber nur am Rande...