Kommentar
07:30 Uhr, 03.12.2025

Was der Black Friday sonst noch verrät

Die Ergebnisse des Thanksgiving-Shopping-Wochenendes geben auch ein paar Hinweise zu Verbraucherstimmung und Arbeitsmarkt in den USA.

Inzwischen sind nicht nur Thanksgiving und Black Friday sowie das darauffolgende Shipping-Wochenende in den USA vorbei, sondern auch der Cyber Monday, ursprünglich als Onlineshopping-Tag vorgesehen, der aber seine Berechtigung inzwischen verloren hat.

Neue Verkaufsrekorde am Black Friday

Denn längst kaufen die meisten ohnehin online ein – und das nicht nur an Black Friday. Doch die Flut an Sonderangeboten und die jahrzehntealte Tradition in den USA, am Thanksgiving-Wochenende zu shoppen, machen diese Tage Ende November weiterhin zu etwas Besonderem für Händler und Kunden.

Und so melden die Marktforscher auch für 2025 neue Rekorde: Laut Adobe Analytics stiegen die Online-Verkäufe am Black Friday 2025 um +9,1 % gegenüber dem Vorjahr und damit etwa im Tempo der Vorjahre:

(Hinweis: Die Jahreszahlen an der waagerechten Achse sind „falsch herum“; der jüngste Wert von 2025 ist also links!)

Relative Ruhe im stationären Handel

Deutlich ruhiger ging es im stationären Handel zu – da werden, je nach Quelle, Werte von -3,6 % bis +1,7 % angegeben. Damit bestätigt sich die Tendenz der Vorjahre: In den Geschäften stagnieren selbst am Black Friday die Umsätze bestenfalls. Der Black Friday ist also weit entfernt von dem Verkaufsereignis, das noch vor einiger Zeit zu Menschenmassen in Einkaufszentren um Mitternacht und zu Tumulten bei Sonderangeboten führte.

Dennoch stieg laut Mastercard SpendingPulse, das sowohl die Ausgaben im stationären wie im Onlinehandel erfasst, der Gesamtumsatz am Black Friday, also online und stationär, um 4,1 % gegenüber 2024, was am oberen Rand der Umsatzprognose für die Feiertagsumsätze insgesamt liegt (siehe Börse-Intern vom 12.11.2025).

Was drei Fragen aufwirft: Erstens, warum beeinträchtig die schlechte Konsumentenstimmung (über die wir hier in den vergangenen Monaten mehrfach berichtet haben) die Verkaufszahlen im Einzelhandel nicht?

Diskrepanz zwischen Stimmung und Einkaufslust

Gute Frage, an der selbst die Ökonomen weiterhin rätseln. Jedenfalls ist die Schere zwischen Einzelhandelsumsätzen und Verbraucherstimmung seit der Pandemie deutlich aufgegangen, hier am Beispiel des Consumer Sentiment der University Michigan:

Aber könnte das, zweitens, nicht einfach an den Preissteigerungen, also der Inflation liegen? Jein. Zum anderen sind in dem Diagramm die Einzelhandelsumsätze (die traditionell nicht inflationsbereinigt angegeben werden), um die Verbraucherpreissteigerungen korrigiert (blaue Kurve). Und trotzdem zeigen sich zum Teil gegensätzliche Verläufe zur Verbraucherstimmung (rote Kurve). Das war in früheren Zeiten in der Regel bzw. tendenziell anders.

Aber dennoch sind die Ergebnisse des Black Friday Hinweise, dass die Inflation auch bei den jüngsten Feiertags-Sonderangeboten eine Rolle gespielt hat. So lag die Inflation in den USA im September (neuere Zahlen liegen wegen Shutdowns im Oktober/November weiterhin nicht vor) bei 3 %. Da bleibt von dem gemeldeten Umsatzanstieg von 4,1 % (siehe oben), der ebenfalls nicht Inflationsbereinigt ist, nicht mehr viel übrig.

Mehr ausgeben, weniger bekommen

Zumal es weitere Hinweise gibt, dass die US-Verbraucher bei ihrer jüngsten Shopping-Tour zwar mehr ausgaben, aber weniger bekamen.

So meldet Salesforce, dass die von ihm erfassten Online-Umsätze zwar um (nur) +3 % stiegen, die Verkaufspreise jedoch um +7 %. Im Vorjahr betrug der Preisanstieg laut Salesforce „nur“ +5 %. Und das Auftragsvolumen, das angibt, wie viel in einem bestimmten Zeitraum gekauft wurde, ging demnach gegenüber dem Black Friday 2024 um -1 % zurück. Zudem waren die durchschnittlichen Warenkörbe kleiner, da die Stückzahlen pro Transaktion um -2 % zurückgingen.

Allerdings konstatiert auch Salesforce, dass hohe Preise, die Verbraucher nicht vom Einkaufen und Geldausgeben abhalten. Das passt schlecht zu der Verbraucherstimmung und diversen Umfragen, wonach die US-Bürger die Inflation nach wie vor als gravierendes Problem ansehen.

Laut Salesforce könnte zumindest ein Teil der Preiserhöhungen auf die neuen Zölle zurückgehen. So seien die Online-Preise für Kleidung um +6 % und für Elektronik um +7 % gestiegen sind – das sind zwei der wichtigsten Produktkategorien, die in die USA in großem Umfang importiert werden.

Zwischen Luxusshopping und Sparen

Theoretisch ist aber auch eine andere Erklärung für die Salesforce-Zahlen denkbar: dass die Verbraucher mehr zum Kauf von hochwertigen Waren bzw. Luxusartikeln tendierten. Was allerdings irgendwie auch nicht zur schlechten Verbraucherstimmung zu passen scheint.

Aber es gibt ja doch noch eine Zahl, die zeigt, dass es mit der Einkaufslust in den USA vielleicht doch nicht überall zum Besten bestellt ist: Laut dem Meinungsforschungsinstitut Gallup planen US-Bürger in Haushalten mit einem Einkommen von weniger als 50.000 Dollar, 651 Dollar für Weihnachtsgeschenke auszugeben. Das wären immerhin rund 16 % weniger als die 776 Dollar, die sie im Vorjahr dafür ausgegeben haben.

Womit wir zur dritten und letzten Frage kommen: Was sagt uns das alles über die Verbraucherstimmung und den Arbeitsmarkt in den USA?

Die US-Verbraucher wollen sich trotz Inflation und anderer Probleme weiterhin etwas leisten – zumindest sofern sie es können. Zähneknirschend akzeptieren sie dabei auch höhere Preise. (Wobei – man kennt das ja selbst – bei Sonderangeboten oft nicht so scharf darüber nachgedacht wird, ob es wirklich ein Schnäppchen ist.)

Ein paar Erkenntnisse zu Fed-Meeting und Arbeitsmarkt

Und weil das so ist, scheint auch der Arbeitsmarkt noch nicht so stark zu schwächeln, wie manche Beobachter zwischenzeitlich befürchtet haben. Die große Zahl von (Massen.)Entlassungen, die in den vergangenen Monaten angekündigt wurden, hat zumindest beim Shopping noch keine nachhaltigen Spuren hinterlassen.

Und mit 4,4 % (September-Wert) ist die Arbeitslosenquote zwar schon ein Stück gestiegen seit dem jüngsten Tief von April 2023 bei 3,4 %, aber generell gilt selbst noch ein Niveau von 5 % traditionell als „Vollbeschäftigung“.

Wir dürfen also gespannt sein, wie die Anleger diese und andere Zahlen in den kommenden 2 Wochen verarbeiten. Mit Blick auf das Fed-Meeting in der kommenden Woche ist nach dem Hickhack der Vorwochen eine weitere Zinssenkung inzwischen gesetzt (mit knapp 90 % Wahrscheinlichkeit)

Daran sollte sich auch nichts ändern, da es die nächsten Arbeitsmarktdaten (für November; der Oktober entfällt ersatzlos) erst nach dem Fed-Treffen gibt (16.12.). Doch wer weiß, mitunter kommen die Börsianer zu ganz eigenen Interpretationen.

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