Kommentar
08:59 Uhr, 17.07.2019

Warum Libra wie Quantitative Easing wirkt

Facebooks geplante Kryptowährung steht unter Beschuss von Politik und Zentralbanken. Neben dem Argument der nötigen Verhinderung von Geldwäsche und sonstiger Kriminalität wird auch das Argument vorgebracht, dass dadurch die Geldpolitik tangiert sein könnte. Zu Recht?

Schauen wir uns kurz extrem vereinfacht an, was passiert, wenn jemand Libra kauft (kaufen wird). Der Einfachheit halber wird dabei ignoriert, dass nicht Facebook selbst der Emittent sein wird, sondern die Libra Association.

Beispiel:

Ausgangslage: A hat 1 Mio. EUR, F kann Libra "erzeugen", H hat Anleihen im Volumen von 1 Mio. EUR.

A hält 1 Mio. EUR, gibt sie an F=Facebook , um Libra zu erhalten.

F steckt 1 Mio. EUR in Anleihen aus einem bestimmten Kreis von Währungen (denn Libra soll "gedeckt sein) > Halter der Anleihen H erhält 1 Mio. in Cash.

Ergebnis: Es gibt jetzt im erweiterten Cash-Kreislauf 1 Mio. EUR bei H + Libra im Gegenwert von 1 Mio. EUR bei A. Die Anleihen liegen nun dafür bei F.

Ich vergleiche dies nun mit dem Fall, in dem A direkt Anleihen von H kauft.

A hält 1 Mio. EUR, gibt sie an H. A erhält die Anleihen, H hat nun die 1 Mio. EUR.

Ergebnis: Es gibt immer noch 1 Mio. EUR, sowie Anleihen im Volumen von 1 Mio. EUR. Wie in der Ausgangslage.

Un nun der Vergleich mit QE:

Zentralbank Z kauft H Anleihen im Volumen von 1 Mio. EUR ab, H erhält dafür neu geschaffene 1 Mio. EUR.

Ergebnis: A ist gar nicht involviert, hat also immer noch seine 1 Mio. EUR. Z hat nun die Anleihen, H hat 1 Mio. EUR. Es gibt nun 2 Mio. EUR cash plus die Anleihen.

Vergleichen wir nun die Schaffung der Libra mit dem QE

Der Kauf der Libra hat zwar die Menge an EUR nicht erhöht. Es gibt aber nun Libra im Gegenwert von 1 Mio. EUR zusätzlich.

Wenn man nun davon ausgeht, dass Libra im Grunde völlig analog zum gesetzlichen Zahlungsmittel genutzt wird (man kann also praktisch überall damit einkaufen, ohne vorher in andere Währungen zu tauschen), dann kann man Libra als Geld ansehen und dann hat sich durch den Kauf der Libra tatsächlich die Geldmenge erhöht. Es gibt somit eine bedeutende Ähnlichkeit mit der Wirkung von QE.

Wichtiger Unterschied:

Wie viel neues Geld durch Libra entsteht (oder auch vernichtet wird!) hängt nur davon ab, ob Menschen/Unternehmen/Organisationen gerade netto Libra kaufen oder verkaufen. Dagegen entscheidet die Zentralbank über QE selbst, wie viel neues Zentralbankgeld entsteht

Wird Libra ein riesiger Erfolg, dann wird es tatsächlich zu einer durchaus bedeutenden Geldmengenausweitung kommen, und diese könnte sehr wohl auch Auswirkungen auf die Geldpolitik haben.

Man muss sich dazu nur mal die oben genannten Beispiele in einer größeren Dimension vorstellen: Was wenn Libra im Billionen-Volumen geschaffen werden? Alles fließt über den Umweg der Libra Association direkt in Anleihen (=Auswirkung auf die Kurse=Auswirkung auf das Zinsniveau) PLUS es entsteht im gleichen Volumen ein Zahlungsmittel, das letztlich wie echtes Geld genutzt werden kann. Dies kann auch Auswirkungen auf die Inflation haben. Eben wie bei QE.

Natürlich auch andersherum: Werden aus irgendwelchen Gründen große Mengen Libra wieder zurückkonvertiert (was jederzeit möglich ist), so läuft der Effekt vice versa. Und das ist anders als bei QE - denn diesen Part hat die Zentralbank im Griff (sprich, ob sie die Bilanz abbaut und wie schnell, entscheidet sie selbst)

So völlig unbegründet sind die Sorgen der Zentralbanken nicht...aber Libra ist ein sehr spannendes Projekt. Es wäre schade, wenn es komplett scheitern würde.

18 Kommentare

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  • Rente
    Rente

    Bei den Zentralbanken bekommt der Schuldner sein Pfand gegen Bezahlung der Schuld zurück. Was und wieviel bekommt denn der Libraeigentümer von F wenn er seine Libra an F zurückgibt. Wenn F das festlegt wie es will, steuert F den Wert der Libra. Das ein Betriebsleiter wie Zuckerberg dann eine Weltwährung/Vokswirtschaft steuert ist ja völlig widersinnig.....

    18:49 Uhr, 17.07.2019
  • oneEXITnoRETURN
    oneEXITnoRETURN

    den ganzen Anleihemüll will man jetzt den privaten aufdrücken...

    12:40 Uhr, 17.07.2019
  • godfather
    godfather

    E (EZB) hat Anleihen im Wert von 2.500 Mrd. und gibt sie F (Facebook).

    F erzeugt Libra im Wert von 2.500 Mrd. und verteilt sie an alle EU-Bürger. Jeder EU-Bürger erhält also 5.000 Libra als „Krypto-Begrüßungsgeld“.

    Die EZB hat somit ihre Bilanz wieder auf Normalmaß verkleinert und die Konjunktur ist nicht mehr zu bremsen.

    Finde den Fehler…

    11:52 Uhr, 17.07.2019
    1 Antwort anzeigen
  • wizardmw
    wizardmw

    Hier sieht man auch wieder mal, wie absurd das Argument der nicht grenzenlosen Vermehrbarkeit von Kryptowährungen ist. Man kann sicher den einzelnen Krypto nicht endlos vermehren, aber dafür grenzenlos Viele herausbringen. Kryptos sind für mich genau so endlos vermehrbar wie Papiergeld.

    09:39 Uhr, 17.07.2019
    2 Antworten anzeigen
  • Jack Skysegel
    Jack Skysegel

    Super erklärt ! Ein komplexes Thema sehr plausibel dargestellt.

    09:28 Uhr, 17.07.2019
    1 Antwort anzeigen
  • FinanzGuppy
    FinanzGuppy

    Kurz gesagt: Wenn jemand Geld erzeugt - ob er jetzt Zentralbank, Facebook, Krethi oder Plethi heißt - dann ist mehr Geld da...

    09:12 Uhr, 17.07.2019
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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