Kommentar
07:04 Uhr, 07.08.2017

Warum ich den Ölpreis bald bei 60 USD sehe

Der Ölpreis steht vor der nächsten Aufwärtsbewegung. Fundamental ist das sehr gut untermauert, auch wenn es kurzfristig gar nicht danach aussieht.

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Der Ölpreis ist bei manchen zum emotionalen Reizthema geworden. Es gibt ein Lager, das den Ölpreis relativ bald wieder im dreistelligen Bereich sieht und dann gibt es jene, die behaupten, dass Öl nie wieder dreistellige Preise erzielen wird. Beides ist falsch.

Der Ölpreis wird sich noch eine ganze Weile in der Range 40-60 Dollar bewegen. Diese Range habe ich vor einem Jahr ausgerufen und ich denke, dass sie noch mehrere Jahre halten kann. Der Grund: bei Preisen über 50 Dollar können die US-Fracker ihre Produktion relativ rasch hochfahren.

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In den vergangenen Jahren wurden viele Bohrungen getätigt, die bisher aber noch nicht soweit fertiggestellt wurden, dass sie Öl liefern. Bei höheren Preisen lohnt sich die Fertigstellung. So können innerhalb kurzer Zeit bis zu 4 Mio. Barrel/Tag zusätzlich gefördert werden.

Einige Kritiker sagen: das ist nicht genug. Sie sehen einen Investitionsstau, der ab 2019 oder 2020 zu einem ganz großen Problem führen wird. Dieses Problem zeigt Grafik 1. Seit 1980 hielten sich Angebot und Nachfrage mehr oder minder die Waage. Schon kleine Abweichungen vom Gleichgewicht haben beim Ölpreis zu großen Schwankungen geführt. Da kann man sich nur ansatzweise vorstellen, was passiert, wenn die Produktion ab 2020 massiv sinkt.

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Ölquellen versiegen mit der Zeit. Die Menge an Öl, die aus ihnen gefördert werden kann, nimmt mit der Zeit ab. Wird jetzt nicht investiert, um die abnehmenden Fördermengen zu kompensieren, kommt es ab 2020 zu einem bisher nie dagewesenen Defizit. Einige beziffern dieses Defizit bis 2025 auf über 10 Mio. Barrel/Tag.

Sollte es wirklich dazu kommen, dann steht der Ölpreis nicht im dreistelligen Bereich, sondern im vierstelligen. Ein so großes Angebotsdefizit gab es in der Historie noch nie. Meiner Meinung nach wird es dies auch nicht geben. Dazu stehen viel zu viele schnell umsetzbare Projekte am Seitenrand, die nur auf das „Go“ warten.

Nehmen wir trotzdem an, dass die Ölförderung bis 2025 aus bestehenden Quellen um 10 Mio. Barrel fällt. Kann das kompensiert werden?

Die kurze Antwort lautet: ja. Bereits jetzt können US-Fracker 4 Mio. Barrel aus dem Hut zaubern, wenn der Ölpreis über 50 Dollar steigt. Die OPEC kann ihre Produktion ebenfalls problemlos um 3 Mio. Barrel/Tag steigern. Darüber hinaus warten Projekte, die zusammen 15 Mio. Barrel mehr Angebot bedeuten, auf die finale Umsetzungsentscheidung. Knapp 10 Mio. Barrel von den 15 Mio. Barrel sind bei Preisen von 60 Dollar rentabel. Die Hälfte davon (5 Mio. Barrel) sind relativ schnell umsetzbare Projekte.

Kurz gesagt: bei Preisen um 60 Dollar kann die weltweite Förderkapazität um 12 Mio. Barrel steigen. Das macht den Rückgang von 10 Mio. Barrel mehr als wett. Die Nachfrage steigt vermutlich bis 2025, sodass weitere Projekte angegangen werden müssen. Dies dürfte den Ölfirmen leichtfallen, sollte der Ölpreis wieder auf 60 Dollar steigen. Die Zuversicht, dass der Preis weiter klettert, wird so manche Gelder für Investitionen lockermachen.

Bei so viel Angebot und Projekten – wieso soll da der Ölpreis überhaupt auf 60 Dollar steigen? Dafür gibt es mehrere Gründe. Einerseits bleibt die OPEC Förderung insgesamt konstant. Das ist schon einmal eine gute Nachricht. Ausschlaggebend ist aber nicht die OPEC, sondern die US-Schieferölindustrie. Bei dieser zeigt sich eine kleine Trendwende ab.

Dass der Ölpreis in diesem Jahr wieder Richtung 40 Dollar fiel, hat viele überrascht. In den Quartalsberichten (zweites Quartal) haben viele angekündigt, dass sie ihre Investitionen im zweiten Halbjahr kürzen werden. Auch die Ölservice-Unternehmen wie Halliburton haben in ihren Berichten ausdrücklich erwähnt, dass sie nun eine Abnahme des Booms erwarten.

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Was das bei Bohrungen bedeutet, ist ansatzweise zu erkennen (Grafik 2). Nachdem die Anzahl an Bohranlagen rasch stieg, stagnierte sie zuletzt. Halliburton geht davon aus, dass sich ein Plateau bilden wird. Eventuell geht die Zahl sogar zurück. Kurzfristig bedeutet das weniger Produktionswachstum oder sogar einen leichten Rückgang.

Diese Umstände dürften dem Ölpreis kurzfristig Rückenwind geben. Durch diesen Rückenwind sehe ich Aufwärtspotential bis 60 Dollar. Spätestens dann wird wieder massiv investiert. Bis Jahresende sieht es für Öl gut aus. Danach könnte wie Anfang 2017 wieder eine Schwächephase beginnen.

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4 Kommentare

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  • Larster
    Larster

    Es gibt hier immer noch zu viele Autoren, welche religionsartig dem Mythos huldigen, wonach es möglich ist den Preis eines Assets anhand von Fundamentaldaten vorher zu sagen.

    21:27 Uhr, 04.08. 2017
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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