Kommentar
09:10 Uhr, 09.11.2020

Warum der Jobaufschwung weniger wert ist als viele glauben

In vielen Ländern wurden viele der verlorenen Jobs inzwischen wiedergewonnen. Zu feiern ist der Jobaufschwung jedoch nicht.

Am Freitag wurde der neueste Arbeitsmarktbericht für die USA veröffentlicht. Im Idealfall sind wieder zwischen 500.000 und einer Million neue Jobs entstanden. Die Hälfte der Jobverluste, die im März und April anfielen, wären damit wieder zurückgewonnen.

Das sind gute Neuigkeiten. Kaum jemand hätte gedacht, dass die Erholung so dynamisch verläuft. Natürlich fehlen noch viele Jobs. In den USA sind es 12 Mio., um das Beschäftigungsniveau aus Vorkrisenzeiten wieder zu erreichen.

Bis das geschehen ist, werden noch viele Quartale oder sogar Jahre vergehen. Früher oder später wird das Beschäftigungsniveau jedoch wieder erreicht werden. Das ist weder die Frage noch das Problem. Das liegt an einer anderen Stelle.

Der bisherige Aufschwung begünstigt ein geringes Qualifikationsniveau. Jobs, die nur eine geringe Qualifizierung benötigen, boomen. Es ist die einzige Kategorie, die wächst. Jobs, bei denen überhaupt keine Qualifikation benötigt wird, sind ebenso unter dem Vorkrisenniveau wie Jobs, die eine sehr hohe Qualifikation benötigen (Grafik 1).


Grundsätzlich ist es positiv, dass Menschen, die geringe Qualifikationen vorweisen, Jobs finden können. Dagegen ist absolut nichts einzuwenden. Das Problem ist ein anderes. Jobs, die nur einer geringen Ausbildung bedürfen, sind oft im Niedriglohnsektor. Dieser Sektor hat sich am schnellsten erholt (Grafik 2).

Der Niedriglohnsektor wiederum besteht zu erheblichen Teilen aus Saisonarbeiten und Hilfsdiensten. Es sind Jobs, die von heute auf morgen wieder wegfallen können. Unternehmen schaffen also nicht unbedingt permanente Arbeitsplätze, sondern stopfen lediglich kurzfristige Engpässe durch Niedriglohnarbeit.

Die 13 Mio. Jobs, die zurückgekehrt sind, sind andere als die, die verlorengingen. Sie sind schlechter bezahlt und tendenziell temporär. Der Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt ist daher wenig solide. Die Quantität sagt wenig über die Qualität und diese ist schlecht.

Ein Job ist besser als kein Job. Kurzfristig ist das richtig. Mittelfristig braucht die Wirtschaft jedoch mehr als ein Wachstum im Niedriglohnsektor. Nachhaltiges Wirtschaftswachstum braucht einen breiteren Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt.

Solange die wirtschaftliche Unsicherheit hoch ist, vermeiden Unternehmen hohe Kosten. Das gilt auch für das Personal. Ein nachhaltiger Aufschwung über den Niedriglohnsektor hinaus braucht mehr Sicherheit über die zukünftige Entwicklung. Diese kommt vermutlich erst mit einem Impfstoff. Bis es soweit ist, könnte der strukturelle Schaden bereits angerichtet sein.

Umso wichtiger ist es, dass die US-Regierung neue Stützungsmaßnahmen beschließt. Europa ist dank Kurzarbeit besser aufgestellt und weniger anfällig für strukturelle Schäden. Die USA sind nach den Wahlen erst einmal gelähmt. Das ist bedauerlich und führt zu einem langsameren Aufschwung als möglich gewesen wäre.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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