Von Big Data zu Bad Data
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- CAC 40Kursstand: 4.490,31 Pkt (Euronext Paris) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
Paris (GodmodeTrader.de) – Auf der Liste der Lieblingssätze von Marktteilnehmern stehen mindestens zwei ganz weit oben: Der ewig gleichbleibende Satz „Die Zahlen sind besser als erwartet“ und das negative Pendant „Die Zahlen bleiben hinter den Erwartungen zurück“. Wer freitags gegen 14:30 Uhr, wenn die amerikanischen Beschäftigungszahlen bekanntgegeben werden, durch einen Handelssaal geht, kommt definitiv an einem der beiden Sätze nicht vorbei – mitunter ausgeschmückt mit einem enttäuschten Fluch oder einem klangvollen „Yes!“. Sobald China etwas früher am Tag einmal andere Zahlen veröffentlicht haben sollte, hat man sicherlich die Gelegenheit, das unvermeidliche „You cannot trust Chinese statistics“ (viele Broker sind Angelsachsen) zu vernehmen, wie Didier Le Menestrel, Chairman von La Financière de l’Echiquier, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.
Wenn schon allgemein Einigkeit darüber bestehe, dass chinesische Statistiken nicht vertrauenswürdig seien, stelle sich die Frage, ob wir dann anderen Statistiken tatsächlich vertrauen könnten. Sei es richtig, den Konjunkturdaten so viel Bedeutung beizumessen und was sollten die Märkte damit anfangen? Knifflige Fragen, die in einer fundierten Studie gestellt worden seien, die von der UBS veröffentlicht worden sei, heißt es.
„Das Problem der Anpassung der Märkte an die Veröffentlichungen ist in erster Linie emotional: Veröffentlichte Daten erzeugen Gefühle bei den Verbrauchern oder den Anlegern und veranlassen sie zur Reaktion. Dieses Gefühl hat UBS in seinem ‚emotional bereinigten Barometer‘ dargestellt. Die Idee dahinter: die ‚Volatilität der Gefühle‘ mit der tatsächlichen Volatilität der zugrunde liegenden Konjunkturdaten zu vergleichen. Eines steht fest: Das emotionale Barometer schlägt so stark aus, dass man es auch ‚Stressbarometer‘ nennen könnte. Seit zwei Jahren erleben wir immer häufigere Überreaktionen der Märkte auf konjunkturelle Anreize. Die letzten Monate, in denen es bei Anleihen, Aktien und Devisen teilweise Rekordausschläge gab, veranschaulichen dies aufs Beste. Wenn die Märkte auf die Konjunkturdaten überreagieren, dann sicherlich deswegen, weil die Börsianer sie für sehr zuverlässig halten. Tatsächlich könnte man meinen, dass wir angesichts der Datenflut heute über immer sicherere Daten verfügen. Leider sieht die Wirklichkeit nicht so einfach aus“, so Le Menestrel.
Nehmen man etwa die Verbraucherdaten: Während in den 80er Jahren 85 Prozent der im Rahmen von Meinungsumfragen befragten Personen antworteten, seien es heute nur noch etwa 65 Prozent und die Antworten seien häufiger ausweichend. Die Statistiker versuchten, diesen Rückgang zu umgehen, indem sie Daten direkt im Web suchten, aber damit würden sie dem Verbrauch außerhalb des Internets zu wenig Bedeutung beimessen. Der Weg von den „Big Data“ zu den „Bad Data“ sei nicht mehr weit und es komme zum offensichtlichen Paradox: Auch wenn die Daten heute viel detaillierter seien, sei die tatsächliche Zuverlässigkeit der Zahlen nicht unbedingt größer geworden, heißt es weiter.
„In diesem Zusammenhang lohnt sich ein Blick über den Ärmelkanal: Die stets pragmatisch agierende Bank of England veröffentlicht mittlerweile zahlreiche Daten in Form von Spannen und verzichtet auf exakte Zahlen. Die Mitteilung, dass das Wachstum in England im Jahr 2015 zwischen zwei und drei Prozent lag, sieht zwar auf den ersten Blick weniger ehrgeizig aus als die Behauptung, dass es bei 2,5 Prozent lag, ist aber bei näherer Betrachtung zweifellos ehrlicher“, so Le Menestrel.
Wenn Anleger die veröffentlichten Statistiken auf der Grundlage dieser Betrachtungen relativierten, dürfte ihnen dies zu mehr Gelassenheit verhelfen. Ebenso die Betrachtung weniger wichtiger aber mitunter durchaus relevanter Statistiken. Ein Beispiel? „Heute bereiten 50 Prozent der Menschen in Shanghai ihre Mahlzeiten nicht mehr alleine zu, sondern lassen sie sich liefern. Diese Zahl ist letztendlich aussagekräftiger als ein unsicheres BIP und sie beruhigt – sowohl in Bezug auf den Wandel der chinesischen Wirtschaft in Richtung einer Dienstleistungswirtschaft als auch in Bezug auf die Wachstumsaussichten der zweitgrößten weltweiten Wirtschaft“, so Le Menestrel.
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