Kommentar
08:59 Uhr, 09.05.2017

Volatilität: Was für eine Rekordjagd!

Der Titel ist keine zynische Reaktion auf das Ausbleiben einer Macron-Rallye. Es geht um einen ganz anderen Sachverhalt.

Am Rande hat Macron mit der Angelegenheit vielleicht zu tun. Immerhin hat er die Wahl gewonnen und der Le Pen Schreck ist ausgeblieben. Viele hatten nach dem erwarteten Ergebnis mit einer Rallye gerechnet. Diese blieb aus, was nicht weiter verwunderlich ist. Nach dem ersten Wahlgang war die Bewegung an den Märkten groß genug, um das Ergebnis vom Sonntag vorwegzunehmen.

Persönlich hatte ich eigentlich mit einer "sell the news" Reaktion gerechnet. Auch die gab es nicht wirklich. Unterm Strich hat der Markt praktisch gar nicht reagiert. Das wiederum hat allerdings zu einem Rekord der anderen Art beigetragen. Durch den bewegungslosen Handel, der in den USA besonders starr war, fiel die Volatilität auf ein neues Mehrjahrestief. Einige sprechen vom tiefsten Stand seit 1993.

Der Vergleich hinkt ein wenig. Auf Tagesschlusskursbasis muss man tatsächlich bis 1993 zurückgehen, um einen tieferen Wert zu finden. Betrachtet man die Intraday-Tiefs, so erreichte der S&P 500 Volatilitätsindex VIX vor ziemlich genau 10 Jahren einen tieferen Wert. Ob nun 1993 oder 2007 der richtige Vergleichsmaßstab ist, sei dahingestellt, denn das Ergebnis ist dasselbe: der VIX ist extrem niedrig. Doch was bedeutet das?

Zunächst kann man sagen, dass sich solche Extremwerte nicht lange halten. Die Volatilität wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in den nächsten Wochen und Monaten wieder ansteigen. Wie das jedes Mal nach Tiefs unter 10 Punkten aussah, zeigt Grafik 1. Im Mittel steigt der VIX auf Sicht eines Monats um 22 % an. Auf Sicht von 2 Monaten sind es 24 % und auf Sicht von 3 Monaten sind es 32 %. Die Bandbreite ist allerdings hoch. Anfang 2007 tat sich praktisch nichts. Nach einem Monat nach dem Rekordwert stand der VIX gerade einmal 1,4 % höher.

Es ist durchaus möglich, dass die Volatilität nicht nachhaltig anspringt. Es gibt einzelne Tage, in denen man mit starken Sprüngen nach oben rechnen muss. Die Wahrscheinlichkeit für einen merklichen Anstieg auf ein höheres Niveau ist auch sehr viel höher als ein Verbleib auf niedrigem Niveau. Nun handelt nicht jeder den VIX. Insofern kann da viel passieren, doch was kümmert es?

VIX und S&P sind negativ korreliert. Steigt der VIX, fallen die Aktienkurse und umgekehrt. Wenn also der VIX wie etwa Anfang 2007 um 80 % innerhalb eines Monats ansteigt, sollte man hellhörig werden. Tatsächlich verlor der S&P zusammen mit dem Anstieg der Volatilität über 5 %. Die Bewegungen des S&P sind in Grafik 2 abgebildet.

Im Durchschnitt gewinnen Aktien über die drei Monate nach so tiefer Volatilität, aber nicht viel. Nach drei Monaten können Aktien im Schnitt nur 1,1 % zulegen. Dafür ist die Downside recht gering. Nach drei Monaten war der größte Verlust 5,6 % im Jahr 1994. Der größte Gewinn lag bisher bei 4,6 %. Das war Anfang 2017.

Die zu erwartende Range liegt grob gesagt bei ±5 % innerhalb von drei Monaten. Das ist zu wenig, um sein Depot gleich neu auszurichten. Die Vergangenheit ist freilich keine Garantie für die Zukunft. Nimmt man nun aber an, dass die Vergangenheit auf die Zukunft schließen lässt, so kann man sagen: sehr niedrige Volatilität führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem merklichen Anstieg des VIX in den Folgemonaten. Den Aktienmarkt kippt das jedoch nicht. Dieser bleibt im Durchschnitt recht stabil.

Clemens Schmale

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2 Kommentare

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  • Erasmus v. Baden
    Erasmus v. Baden

    mein Gefühl sagt mir, dass der DAX weiter steigt.....bin satt im Plus und gut abgesichert....Volaindex hin oder her....

    17:54 Uhr, 09.05.2017
  • Chronos
    Chronos

    Wie wär´s mal mit einem Globus?

    Frankreich ist in Europa, NATO hin oder her. S&P ist USA

    Was interessiert sich der Yankee für France, wenn ihm Costa Rica, Detroit und IBM schon egal sind?

    V-Indizies sind ein Aufgeldspiel (Versicherung) der EMI´s - eine Risikoprämie.

    Der DOW ist wie der DAX ein blöder Index mit zig Rechenfehlern.

    Es gibt den VCAC und den VStoxx, kein Wort davon.

    Die sind auch unten, nur wäre so der Vergleich überhaupt in irgendeiner Art sinnvoll. Die S&P Trader hier, kann man an einer Hand abzählen und für die

    ist Frankreich nur bei Schnecken, Baguette, Camembert und Wein interessant.

    10:21 Uhr, 09.05.2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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