Kommentar
08:01 Uhr, 23.07.2009

Verkapptes Ölpapier soll Inflationsgespenst vertreiben

Wer kennt sie noch nicht, die sogenannten Inflationsschutzanleihen, mit denen sicherheitsorientierten Anlegern an den Bankschaltern und in den Zeichungs-Rubriken der Discount-Broker derzeit die Furcht vor einer aufkommenden Hyperinflation in den nächsten Jahren genommen werden soll. Der besondere Lockstoff dabei: Ein deutlich über dem Marktzinssatz liegender Fixkupon im ersten Jahr, dazu vollständiger Kapitalschutz und im weiteren Verlauf die Bindung der Verzinsung an die Teuerungsrate ausgedrückt durch einen sogenannten harmonisierten Verbraucherpreisindex für Deutschland oder die Eurozone, der das Niveau eines vorgegebenen Warenkorbs misst.

Die BNP Paribas bringt dabei nun auch noch den Ölpreis mit ins Spiel. Denn wer von einer steigenden Inflationsrate ausgeht, dürfte auch an eine Wiedergenesung der Wirtschaft glauben, in deren Verlauf sich auch das schwarze Gold wieder deutlich befestigen sollte. Dieses Beziehungsgeflecht ist die Idee, die hinter der Inflation & Öl Anleihe der BNP Paribas steckt. Anleger, die sich für das noch bis zum 30. Juli zeichenbare Papier interessieren, sollten sich dabei allerdings nicht von der im gleichen Atemzug mit herkömmlichen Inflationsschutz-Produkten verwendeten Bezeichnung „Anleihe“ aufs Glatteis führen lassen. Denn hier handelt es sich um kein Garantie-Investment sondern um ein Teilschutz-Zertifikat, das in erster Linie von der Entwicklung des Ölpreises abhängt. Erst im zweiten Schritt besteht eine Kopplung an das Preisniveau, das vom HICP ex tobacco, dem harmonisierten Verbraucherpreisindex ohne den Einfluss von Tabakwaren repräsentiert wird, den Eurostat in Brüssel monatlich für die Eurozone berechnet.

Auch in einem weiteren Punkt erinnert das BNP-Papier zunächst an die garantierten „Inflationsnutznießer“–Produkte anderer Anbieter. So bekommt der Investor nach dem ersten der insgesamt fünf Laufzeitjahre einen stattlichen Fixkupon von sieben Prozent ausgezahlt. Erst ab dem zweiten Jahr im August 2011 geht es dann ans Eingemachte. Ab diesem Zeitpunkt wird an jedem der vier jährlichen Stichtage geprüft, ob der Basiswert S&P GSCI Crude Oil Excess Return Index über 60 Prozent des Startwertes vom 31. Juli 2009 notiert. Ist dies der Fall, richtet sich die Höhe des jeweiligen Kupons nach der Entwicklung des HICP ex tobacco Index gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat mit einer dreimonatigen Verzögerung plus einem festen Zins-Faktor von vier Prozent. Sollte der Öl-Index jedoch mindestens 40 Prozent seit der Emission verloren haben, fällt der Kupon für das jeweilige Jahr unwiederbringlich aus. Besonders unangenehm wäre dieses Szenario am letzten Stichtag, dem 4. August 2014, da dann nicht nur der Kupon, sondern auch die Rückzahlung des Nennbetrages von der Einhaltung der Schwelle abhängen. Wird sie dabei berührt oder durchbrochen, beträgt der Verlust mindestens 40 Prozent.

Der Rohstoff-Report Tipp:
Das Zertifikat beruht auf einer netten Idee, die zunächst jedem einleuchtet. Allerdings erfolgt die Partizipation an der Teuerungsrate hier erst über den Umweg des Öl-Terminmarktes, dessen Eigenheiten unter dem Stichwort „Rollproblematik“ einkalkuliert werden müssen. Das Inflations-Feature stellt deshalb nur ein zusätzliches „Zuckerl“ dar, das aber selbst wenn der Ölpreis mitspielt, auf der anderen Seite auch zum Spielverderber werden könnte.

Inflation & Öl Anleihe
Emittent/WKN: BNP Paribas / BN3QBN
Laufzeit: 08.04.2014
Preis: (in Zeichnung: 08.07.09-30.07.09) Ausgabepreis: 100 € (zzgl. 1 € Agio)

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/investmentcertificates/overview

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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