Kommentar
16:00 Uhr, 25.01.2019

USA: Was bleibt vom Quantitative Easing übrig?

Die Fed normalisiert ihre Bilanzsumme bereits, die EZB wird bald folgen. Doch wird damit QE komplett rückgängig gemacht?

Jerome Powell bezeichnete die Bilanzreduktion im Dezember als einen Prozess, der auf Autopilot ist. Das kam bei Anlegern nicht gut an. Inzwischen ruderte die Notenbank zurück. Die viel wichtigere Frage ist allerdings, wann die Bilanzreduktion überhaupt aufhört.

Ob die Reduktion nun auf Autopilot ist oder nicht, irgendwo muss es einen Endpunkt geben. Darüber hat die Notenbank noch kein Wort verloren. Genau das wäre allerdings etwas, was die Märkte brennend interessiert. Wenn man weiß, dass nur noch 600 Mrd. abgebaut werden, kann man den Autopilot sehr viel leichter akzeptieren.

Die Bilanz wurde in den vergangenen Quartalen von 4,5 Billionen auf 4,05 Billionen reduziert. Geht es in dem Tempo weiter, den die Notenbank vorgesehen hat, erreichen wir in Q1 2020 eine Bilanzsumme von etwas weniger als 3,5 Billionen.

Im Vergleich zur Vorkrisenzeit ist das immer noch gigantisch. Vor Beginn der Finanzkrise lag die Bilanzsumme bei weniger als 1 Billionen. Die Bilanz verhielt sich auch ziemlich unspektakulär und wuchs einfach gemütlich und sehr vorhersehbar vor sich hin (Grafik 1).

QE hat die Bilanz mit Wertpapieren vollgestopft. In der Wirtschaft verteilt sich das auf Geld in Umlauf (inkl. Reverse Repurchase Vereinbarungen und Geldbeständen des Staates) und Überschussreserven der Banken. Die Menge Geld, die sich im Umlauf befindet, ist seit der Krise um 1,6 Billion gestiegen. Allein deswegen wird die Fed-Bilanz nicht wieder auf 1 Billionen zurückgehen.

Es ist am Ende eine Frage, wie sehr die Notenbank die Überschussreserven der Banken abbauen will. Vor der Krise gab es diese Reserven praktisch nicht. Heute ist klar, dass die Notenbank Gefallen daran gefunden hat. Haben Banken Reserven, sind Liquiditätsengpässe unwahrscheinlicher. Das sorgt für erhöhte Stabilität.

Darüber hinaus erhalten Banken auf diese Reserven Zinsen. Es tut ihnen nicht weh, diese Reserven zu halten. Eine Zeit lang konnten sie damit sogar risikolos Geld verdienen. Diese Zeiten sind vorbei. Im Gegensatz zur Eurozone, in der Banken auf ihre Überschussreserven Zinsen zahlen müssen, ist das in den USA nicht der Fall.

Je höher die Reserven sind, desto besser ist auch die Versorgung der Wirtschaft mit Kredit. Kreditklemmen werden unwahrscheinlicher. Die Notenbank gibt damit etwas Kontrolle ab. Banken können die Reserven für mehr Kreditvergabe einsetzen. Vor der Krise gab es diese Reserven so gut wie gar nicht. Die Notenbank konnte daher ziemlich gut kontrollieren, ob der Kreditvergabe freier Lauf gewährt wird oder nicht.

Geht alles nach Plan, dann werden die Überschussreserven bis Anfang 2020 von einem Maximum von 2,7 Billionen auf 800 Mrd. abgebaut. Das erscheint ein gut vorstellbarer Wert zu sein, der für das Finanzsystem produktiv ist. Die aktive Bilanzreduktion könnte daher bereits im ersten Quartal 2020 enden.

Die Bilanzsumme liegt dann noch bei 15,5 % der Wirtschaftsleistung (Grafik 2). Durch das Wirtschaftswachstum verkleinert sich dieser Wert über die Folgejahre. Es ist zwar von einer Normalisierung weit entfernt, doch ein Wert über 10 % scheint das neue Normal zu werden. Von QE werden so wohl permanent 2,5 Billionen im System verbleiben.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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