Kommentar
13:55 Uhr, 30.11.2007

USA: Hauspreise signalisieren landesweite Konsolidierung

1. Bereits am Dienstag hatten die Case Shiller-Preisstatistiken für den September die stärksten monatlichen Preisabschläge seit 16 Jahren in den städtischen Gebieten der USA gezeigt. Heute wurden für das dritte Quartal mit dem OFHEO-Hauspreis-Index die wichtigsten Immobilienpreisstatistiken für die landesweite Preisentwicklung inkl. der ländlichen Gebiete bekannt gegeben.1 Auch in dieser Abgrenzung sind die Hauspreise im Landesdurchschnitt mit -0,4 % qoq gefallen und waren damit erstmals seit fast 13 Jahren rückläufig. Im Jahresvergleich sind die Preise mit 1,8 % nur geringfügig angestiegen. Nachdem bisher die Preisanstiege in ländlichen Gebieten Preissenkungen in den Städten mehr als ausgeglichen hatten, zeigt sich erstmals die Konsolidierung der Häuserpreise auch landesweit in negativen Quartalszahlen. Damit mündet die Verlangsamung der letzten Quartale jetzt in einen Rückgang. Im ersten Quartal war der OFHEO-Index noch mit 0,6 % qoq und 4,5 % yoy gestiegen, im zweiten Quartal mit 0,1 qoq und 3,2 yoy.

2. Die jetzige Konsolidierung ist Folge der starken Preisanstiege für Wohnimmobilien der vergangenen Jahre, die zunächst noch fundamental begründbar waren, seit Mitte 2004 jedoch durch Spekulation und der großzügigeren Vergabe von Subprimehypotheken ihr Fundament verloren hatten. Dieses zeigen auch die Ergebnisse unseres Prognosemodells, welches zur Erklärung der Hauspreise wesentliche Faktoren wie Zinsen, Einkommen, Beschäftigung, Bevölkerung und das Angebots-/Nachfrageverhältnis einbezieht. Während das Modell die vergangenen Hauspreisentwicklungen bis Mitte 2004 gut erklären kann, unterschätzt es ab dem 3. Quartal 2004 die jährlichen Hauspreisanstiege zwischen 4 und 6,5 Prozentpunkte. Unter der Annahme, dass das Modell den „fairen“ Hauspreis widerspiegelt, war der Indexstand zum Höhepunkt der Übertreibungsphase im 3. Quartal 2006 um insgesamt 11,5 % gegenüber diesem „fairen“ Wert überbewertet. Während der bereits erfolgten Abkühlphase entwickeln sich die tatsächlichen Hauspreise schwächer als es das Modell prognostiziert. Nach den ersten Korrekturen haben wir zum 3. Quartal 2007 noch eine Überbewertung von ca. 7,8 % gegenüber dem vom Modell prognostizierten Wert: Die Überbewertung wuchs sich bisher langsam heraus.

3. Auch wenn für das nächste Jahr negative Jahresraten wahrscheinlich werden, erwarten wir, dass die Preisanpassungen auf landesweiter Ebene begrenzt bleiben. Zwar ist auf dem Markt für Wohnimmobilien ein deutliches Überangebot vorhanden, und das Hausangebote wird durch mögliche Zwangsversteigerungen noch erhöht. Auch die Nachfrage leidet unter der Verschärfung der Hypothekenbedingungen und dem teilweise ausgetrockneten Hypothekenmarkt. Dennoch stützen vier Elemente die Preise der Häuser, die durch die OFHEO-Statistiken abgebildet werden (vgl. Volkswirtschaft Spezial 23.11.2007: „US-Häuserpreise – Rückgänge bleiben begrenzt“). Erstens tendieren Hauspreise gemeinhin dazu, nach unten hin rigide zu sein. Der OFHEOIndex verzeichnete seit Anfang 1975 lediglich 9 Rückgänge im Quartalsvergleich. Kein Quartalsrückgang war bisher stärker als 0,7 % qoq. Einen Preisrückgang im Jahresvergleich gab es überhaupt noch nicht. Zweitens wird die Nachfrage im Bereich bis 417.000 US-Dollar (sog. Conforming Loans), welchen der OFHEO abbildet, noch durch Refinanzierungsaktivitäten staatlich geförderter Unternehmen gestützt. Das ist der große Unterschied zum höherpreisigen Segment, in dem der Hypothekenmarkt praktisch ausgetrocknet ist. Drittens werden die Preise weiterhin durch die ländlichen Regionen stabilisiert, denn dort hat die Spekulation eine geringere Rolle gespielt, das begrenzt das Rückschlagpotenzal. Viertens kam die US-Regierung den verschuldeten Immobilienbesitzern bereits mit verschiedenen Maßnahmen zur Hilfe. So wurden bspw. für Schuldner mit einer guten Zahlungshistorie und einem Mindestmaß an Eigenkapital Kreditgarantien ausgestellt, um trotz der Kreditkrise eine Umwandlung ihrer Hypothekenverträge zu ermöglichen. Weitere Maßnahmen werden bereits diskutiert.

4. Insgesamt erwarten wir deshalb anstatt deutlicher Preissenkungen, dass sich die durchschnittliche Dauer, innerhalb der Häuser verkauft werden, weiter erhöht und sich die Wohnungsbaurezession in den nächsten Quartalen weiter fortsetzt. Die Aussicht auf stabile Fundamentaldaten im nächsten Jahr, welche für einen immer noch soliden Beschäftigungsaufbau sorgen, führt dazu, dass sich im Teilsegment des Wohnimmobilienmarktes welches vom OFHEO-Index abgedeckt wird, die Preise stabilisieren werden und sich die Überbewertung langsam herauswächst. Allerdings drücken die Zwangsvollstreckungen. Auch die Nachfrage des Subprime-Segmentes fällt weg, da die Kreditvergabekonditionen verschärft wurden. Die Hypothekennehmer müssen jetzt Einkommen, Eigentum und eine „gesunde“ Zahlungshistorie haben, um sich für eine Hypothek zu „qualifizieren“. Deswegen erwarten wir ab Ende 2008 stagnierende und ab dann auch nur sehr moderate Preissteigerungen für die nächsten Jahre.

5. Der Fokus auf den nationalen Hauspreisindex sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Gesamtmarkt aus vielen heterogenen Teilmärkten mit teilweise hohen Volatilitäten besteht und die Häuserpreisentwicklung regional weiterhin sehr unterschiedlich ist. Die Staaten mit den höchsten Preiserhöhungen in der Vergangenheit erleben jetzt substanzielle Preisbereinigungen. Insgesamt erhöhten sich auf Quartalssicht die Hauspreise in nur noch drei Bundesstaaten um mehr als 2 %, verringerten sich jedoch in 22 Bundesstaaten. In 7 Staaten sind die Preise um mehr als 1 % gegenüber dem Vorquartal gefallen (siehe die Abbildung und Tabelle im Anhang). Die Jahresveränderungsraten waren bereits in 10 Bundesstaaten negativ, 6 Staaten davon haben Raten von unter 2 % yoy. Nur in zwei Staaten stiegen die Preise im Jahresvergleich um mehr als 10 %. Eine einheitliche Preisentwicklung ist weiterhin nicht feststellbar, besonders der Nord-Osten, der Westen und Florida sind von deutlichen Preissenkungen betroffen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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