Fundamentale Nachricht
16:38 Uhr, 10.05.2019

USA/ China: Nur eine Frage der Zeit, bis zum nächsten Streit

Die beiden größten Volkswirtschaften der Welt verhandeln ihren Handelsstreit. Donald Trump zählt die Milliarden, die China angeblich über die erhobenen Zölle bereits den USA in die Kassen gespült hat. Doch diese Sichtweise dürfte sich als arg kurzfristig erweisen.

Washington (Godmode-Trader.de) - Die US-Regierung erhöhte am Freitag Zölle auf Waren aus China im Wert von 200 Mrd. Dollar. Präsident Trump drohte damit, noch Verschärfungen durchzusetzen, um Handelszugeständnisse von Peking zu erhalten. Er betonte, es gäbe „keinen Grund, einen Deal überstürzt abzuschließen“. China reagierte umgehend. Man sei gezwungen, Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen, hieß es aus Peking. Gleichwohl blieben hier Details zu den möglichen Reaktionen aus.

Trotz der Eskalation wollten beide Seiten ihre Verhandlungen in Washington am Freitag fortsetzen. „Die Gespräche mit China gehen auf eine sehr angenehme Weise weiter - es gibt absolut keinen Grund zur Eile", teilte der US-Präsident am Freitag auf Twitter mit. „Wir werden weiter mit China verhandeln in der Hoffnung, dass sie nicht noch einmal versuchen, den Deal zu nachzubessern!"

Talks with China continue in a very congenial manner - there is absolutely no need to rush - as Tariffs are NOW being paid to the United States by China of 25 % on 250 Billion Dollars worth of goods & products. These massive payments go directly to the Treasury of the U.S…….
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) May 10, 2019

Die neue Welle der US-Zölle markiert eine Wende um 180 Grad. Noch in der vergangenen Woche habe US-Unterhändler Optimismus gestreut, dass ein Abkommen mit China in Reichweite sei. Die jetzige Eskalation signalisiert auch Trumps Bereitschaft, wirtschaftliche und politische Rückschläge in Kauf zu nehmen, da er offensichtlich davon ausgeht, dass Handelskriege wie ein Fussballspiel letztlich zu gewinnen sind.

In einem seiner Tweets am Freitag erklärte Trump auch, dass der Prozess begonnen habe, 25-prozentige Zollabgaben auf weitere 325 Milliarden Dollar an Waren aus China vorzubereiten. Dies könnte dazu führen, dass die USA sämtliche chinesische Warenexporte in die USA (im Wert von etwa 540 Mrd. Dollar in 2018) mit Einfuhrzöllen belegen. Ein solcher Schritt würde allerdings Wochen in Anspruch nehmen. Gleichwohl hätte es erhebliche Auswirkungen auf die US-amerikanische, chinesische und globale Wirtschaft. Die Nachrichtenagentur Bloomberg zitierte Ökonomen von Moody's Analytics, denen zufolge ein umfassender Handelskrieg zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt die Gefahr birgt, dass die US-Wirtschaft bis Ende 2020 in eine Rezession stürzt. Dies wäre just zu der Zeit der Präsidentschaftswahl in den USA.

Nach Berechnungen von Bloomberg Economics, dürften die neuen, höheren Zölle das chinesische Wachstum um bis zu 0,9 Prozentpunkte belasten. Der Internationale Währungsfonds schätzt den Negativ-Einfluss auf die US-Wirtschaftsleistung dagegen auf etwa 0,2 Prozentpunkte. Die neuen Zölle, die am Freitag um 12:01 Uhr Washingtoner Zeit in Kraft traten, erhöhen die Abgaben auf mehr als 5.700 verschiedene Produktkategorien aus China von 10 auf 25 Prozent. Auf weitere 50 Mrd. Dollar an Einfuhren aus China wird bereits seit vergangenem Jahr ein Zollsatz von 25 Prozent erhoben.

Obwohl die Gespräche am Freitag weiter fortgeführt werden sollen, ist ein Durchbruch wenig wahrscheinlich. Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wird der Konflikt zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt ohnehin so schnell nicht enden können. Denn die aus amerikanischer Sicht berechtigten Streitpunkte seien nur an der Oberfläche wirtschaftliche wie Zölle, Investitionsmöglichkeiten oder der Schutz eigener Erfindungen. Dahinter stehe längst ein Kräftemessen, das weit über die ökonomische Dimension hinausrage. „Welches Land führt in wichtigen Technologien wie der Künstlichen Intelligenz oder der Genetik? Wer kann politisch (und militärisch) Einfluss nehmen in anderen Regionen auf der Welt?“, kommentierte die Zeitung. Auch wenn die USA und Cina ein Wirtschaftspakt verkünden sollten: bis der nächste Streit ausbreche, wäre es nur eine Frage der Zeit!

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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