Kommentar
13:02 Uhr, 31.01.2012

USA: Bankenumfrage mit leichten Spuren der Finanzmarktturbulenzen

1. Zu Beginn der zweiten Jahreshälfte 2011 waren die Befürchtungen einer erneuten Rezession in den USA groß. Insbesondere die Schuldenkrise in Euroland wurde zunehmend als Risikofaktor gesehen. Bekanntlich blieb nicht nur die Rezession aus, vielmehr gewann die wirtschaftliche Dynamik sogar etwas an Fahrt. Die jüngsten Ergebnisse der Bankenumfrage Senior Loan Officer Opinion Survey (SLOOS) von der Fed für das erste Quartal 2012 deuten an, dass die Verspannungen der globalen Finanzmärkte dennoch nicht ganz spurlos am US-Bankensystem vorbeigegangen sind. Der SLOOS beinhaltet (unter anderem) Informationen zu

(1) der Kreditnachfrage der Unternehmen bei den befragten Banken,
(2) den Kreditvergabe-Konditionen für Unternehmen,
(3) der Zinsdifferenz der Banken (aus Kreditzinsen und Refinanzierungszinsen).

Insgesamt haben sich die Umfrageergebnisse im Vergleich zum Vorquartal uneinheitlich entwickelt: Überaus stark verbessert hat sich nach Einschätzung der Banken die Kreditnachfrage der Unternehmen. Allerdings ist hierbei die Entwicklung im Vorquartal zu beachten: Im vorherigen vierten Quartal 2011 lag eine sehr deutliche Verschlechterung vor, die möglicherweise noch Rezessionsängste der Unternehmen beinhaltet hat. Der Anstieg im ersten Quartal bedeutet eine Rückkehr auf die verhältnismäßig hohen Umfragewerte im bisherigen Aufschwung. Zum zweiten Mal in Folge haben sich dagegen die Ergebnisse im Bereich der Kreditvergabe- Konditionen verschlechtert. Erstmals seit Ende 2009 liegt ein unterdurchschnittlicher Wert vor. Durchaus denkbar ist, dass sich hierbei die globalen Finanzmarktturbulenzen bei den Banken bemerkbar machen, denn mit den Turbulenzen dürfte die allgemeine (inländische) Risikoneigung der Banken abgenommen haben. Sehr deutlich wird dies in den separaten Umfragen der Fed bei Banken mit Konzernmüttern im Ausland. Diese ausländischen Banken haben die Kreditvergabe-Konditionen in den Vereinigten Staaten deutlich verschärft und stellen zudem keine Verbesserung der Kreditnachfrage fest.

2. Die Belastungen des US-Bankensystems durch die globalen Finanzmarktturbulenzen bzw. die damit zusammenhängende europäische Schuldenkrise erscheinen verkraftbar. Allerdings sind die eigenen Strukturprobleme im Bankensystem noch nicht vollständig behoben. Insbesondere der weiterhin sehr hohe Anteil der sogenannten „Problembanken“ von über 11 % zeigt, dass die Bankenkrise noch nicht vollständig überwunden ist. Bislang hat sich die europäische Schuldenkrise in der US-Wirtschaft nur temporär in den Stimmungsindikatoren und im geringen Ausmaß im Bankensystem niedergeschlagen. Spürbare Wachstumseinbußen lassen sich dagegen nicht feststellen. Nach den eher enttäuschenden Umfrageergebnissen des Vorquartals ist insbesondere die starke Verbesserung der Umfrageergebnisse hinsichtlich der Kreditnachfrage erfreulich. Durchaus möglich ist, dass sich die bislang sehr kräftige Investitionsdynamik der Unternehmen auch in diesem Jahr fortsetzt. Dies würde eine positive Überraschung darstellen. Die Verschlechterung der Kreditvergabe-Konditionen mahnt allerdings zur Vorsicht: Eine erneute Verspannung der globalen Finanzmärkte könnte auch den Wachstumsausblick für die US-Wirtschaft merklich eintrüben.

Die Ergebnisse im Einzelnen:

3. Im ersten Quartal 2012 hat sich der Saldo für die Kreditnachfrage von -17,3 auf +17,4 Punkte verbessert. Dies war der zweitstärkste Anstieg des Saldos seit Beginn der Befragung Anfang der Neunzigerjahre. Ein positiver Wert signalisiert, dass mehr Banken eine gestiegene Kreditnachfrage melden als eine gesunkene. Die Verbesserung des Saldos war nahezu gleichermaßen bei mittleren und großen Unternehmen sowie bei kleinen Unternehmen stark ausgeprägt. Insgesamt signalisieren die Ergebnisse, dass die Unternehmensinvestitionen im ersten Quartal 2012 im Vergleich zum Vorjahresquartal verhältnismäßig kräftig ansteigen werden. Im Vergleich zum Vorquartal entspräche dies sogar einem extrem starken Anstieg der Investitionen.

4. Verschlechtert hat sich der Saldo der Kreditvergabe-Konditionen der Banken. Gemessen wird hier der Anteil der Banken, die ihre Konditionen verschärft haben, abzüglich des Anteils derjenigen, die ihre Konditionen gelockert haben. Dieser Saldo der Kreditvergabe-Konditionen verschlechterte sich im ersten Quartal von -6,1 Punkte auf +3,7 Punkte (im Schaubild ist die Zeitreihe invers dargestellt). Die Verschlechterung war im Bereich der mittleren und großen Unternehmen etwas ausgeprägter als bei kleinen Unternehmen. Der Saldo der Kreditvergabe-Konditionen signalisiert einen Rückgang der bislang hohen Jahresveränderungsrate der Gewerbeinvestitionen auf ein eher unterdurchschnittliches Wachstumsniveau. Aufgrund der Vorlaufeigenschaft dieses Indikators gegenüber der Investitionstätigkeit der Unternehmen von ca. zwei bis drei Quartalen deutet sich eine weitergehende Abflachung der Investitionsdynamik bis zum Sommerhalbjahr 2012 an. In unseren aktuellen Prognosen ist eine etwas weniger ausgeprägte Abflachung der Investitionsdynamik enthalten.

5. Der Saldo bezüglich der von den Banken verlangten Zinsdifferenz (Differenz aus Kreditzinsen und Refinanzierungskosten) blieb mit -44,9 Punkten im Vergleich zum Vorquartal nahezu unverändert. Damit signalisiert er zum siebten Mal in Folge, dass im Saldo die Banken die verlangte Zinsmarge eingeengt haben. Ein negativer Saldo bedeutet, dass die Unternehmen für Bankkredite einen geringeren Zinsaufschlag zahlen müssen als bisher. Die Ergebnisse lassen zwar keinen Schluss auf die eigentliche Zinshöhe zu. Aufgrund des grundsätzlich niedrigen Zinsniveaus (Leitzinsen, Staatsanleihen) hat die Zinsbelastung der Unternehmen vermutlich aber nochmals nachgelassen.

Quelle: DekaBank

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